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Ordnung ist nur das halbe Leben

Ordnung ist nur das halbe Leben

Titel: Ordnung ist nur das halbe Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Flint
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Dann würde ich um die Ausladung noch drumherum kommen.
    Aber meine zarte Hoffnung wurde sofort von der Selbstherrlichkeit meiner Eltern zerschmettert. Kaum dass ich »Guten Morgen« gesagt hatte, fragte meine Mutter: »Du bist doch nicht mehr sauer wegen letzter Woche?«
    Und bevor ich was dazu sagen konnte, fügte mein Vater hinzu: »Ist doch alles halb so wild, Puna.«
    »Man wird doch wohl noch seine Meinung sagen dürfen«, bekräftigte meine Mutter.
    »Wir sind ja hier nicht in einem Schurkenstaat, wo man für eine eigene Meinung verurteilt wird«, dröhnte mein Vater und lachte, als wäre das auch nur ansatzweise witzig.
    Ich war ja so ein Idiot! Wie war ich nur auf die Idee gekommen, dass sich meine Eltern entschuldigen würden? Das hatten sie noch nie gemacht! Nach meinem Fahrradunfall mit sechs hatten sie mir zwar die Knie verbunden, aber dass mein Vater die Stützräder, die ich von Onkel Bernd hatte, von meinem Fahrrad abmontiert hatte, weil er meinte, das würde mich beim Radfahrenlernen nur behindern, wurde mit keiner Silbe erwähnt. Und dass er mich auch noch zu früh losgelassen hatte und ich nur deswegen hingeknallt war, war ebenfalls kein Thema. Und auch jetzt kamen sie überhaupt nicht auf die Idee, um Verzeihung zu bitten. Aber jetzt reichte es mir. Das würde ich mir nicht mehr gefallen lassen. Irgendwann im Leben kam man an den Punkt, da musste man sich freimachen von seinen Eltern. Und dieser Punkt war jetzt erreicht.
    »Natürlich darf man eine eigene Meinung haben«, gab ich zuckersüß zurück. »Nur muss man sich dann nicht wundern, wenn man nicht zur Hochzeit eingeladen wird.«
    Ich schaute sie herausfordernd an.
    »Was soll das heißen?«, fragte meine Mutter.
    »Das soll heißen, dass ihr nicht zu meiner Hochzeit kommen sollt, weil ihr sowieso dagegen seid.«
    »Du lädst uns aus?«, fragte meine Mutter verblüfft. »Ist das dein Ernst?«
    »Deine eigenen Eltern dürfen nicht zu deiner Hochzeit kommen?«, donnerte mein Vater.
    Meine Mutter sah jetzt tatsächlich erschüttert aus. Das machte mich unsicher. Lange würde ich die Situation nicht aushalten, deshalb rief ich: »Los, Banjo, wir gehen.«
    Er aber lief zu meiner Mutter und guckte sie herausfordernd an.
    »Damit eines klar ist«, sagte meine Mutter. »Wenn du wirklich so kaltherzig bist und wir nicht zur Hochzeit kommen dürfen, dann sehe ich keine Möglichkeit mehr, unter der Woche auf Banjo aufzupassen. Oder du etwa, Manni?«
    »Nein, ich auch nicht!« Mein Vater schaute triumphierend auf mich herab.
    Das war doch wohl die Höhe! Es wäre so einfach gewesen, unser Verhältnis wieder geradezurücken! Sie hätten einfach nur einmal einsehen müssen, dass sie einen Fehler begangen hatten. Aber anstatt sich zu entschuldigen, erpressten sie mich! Sie erpressten mich!
    Als meine Mutter dann auch noch einen Keks aus der Tasche zog und Banjo zusteckte, war es um mich geschehen.
    »Du fütterst ihn mit Keksen?«, herrschte ich sie an.
    Meine Mutter zuckte mit den Schultern. »Reg dich ab. Das sind Dinkelvollkornkekse.«
    »Banjo, los, komm!«, sagte ich eindringlich. »Lass uns gehen. Bei diesen Leuten hast du nichts verloren.«
    In einem dramatischen Abgang drehte ich mich um und marschierte hinaus. Am Tor musste ich feststellen, dass mir dieser Schlingel nicht folgte, sondern wie gebannt auf die Hosentasche meiner Mutter starrte und sich die Schnauze leckte. Auch als ich seine Melodie pfiff, auf die er sonst immer hörte, rührte er sich nicht vom Fleck. Verflixt noch eins, meine Eltern hatten ihn total verzogen! Es wurde wirklich Zeit, dass ich die Notbremse zog. Also ging ich wieder zurück, schnappte Banjo und rauschte ab.

13
    »Aber du kannst den Hund nicht versorgen, bei deinen Arbeitszeiten«, sagte Jens und schaute Banjo feindselig an, obwohl ich ihn eben im Hundesalon mit Zedernshampoo hatte waschen lassen.
    »Wenn du mir helfen würdest, würde es gehen«, sagte ich. »Du bräuchtest nur nach Feierabend kurz mit ihm bis zur Wiese zu gehen. Hier, ich habe frische Brötchen und Croissants mitgebracht.« Ich schlenkerte die Bäckertüte.
    »Nein«, widersprach er vehement. »Nein, nein, nein. Und das weißt du auch. Ich will nichts mit dem Hund zu tun haben, und ich gehe nicht mit ihm spazieren.«
    »Aber ich kann ihn nicht mehr zu meinen Eltern bringen! Dann müssten wir sie zur Hochzeit einladen.«
    Er seufzte. Nach kurzer Bedenkzeit stellte er fest: »Dann bleibt uns ja wohl nur eins übrig.«
    »Danke!«, rief ich. »Das ist

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