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Ordnung ist nur das halbe Leben

Ordnung ist nur das halbe Leben

Titel: Ordnung ist nur das halbe Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Flint
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sollten. Dann hatte er auch noch Vorbereitungsseminare für die Fortbildung in London. Es wurde dringend mal Zeit, dass wir uns ein schönes Wochenende machten. Außerdem waren wir schon seit Monaten bei einer Bekannten zum Brunch eingeladen, und ich hasste es, dort absagen zu müssen. Nicht, dass ich mich besonders darauf gefreut hatte, aber geplant war nun mal geplant.
    Aber jetzt musste ich alles über den Haufen werfen, um die beiden Gören zum Kochkurs zu begleiten. Denn Uschi Reinhardt hatte – natürlich – keine Zeit. Höveler hatte recht. Sie war wirklich total unkompliziert, solange man tat, was sie wollte.
    Immerhin war Jens gar nicht böse, als ich am Freitagabend sagte, dass ich samstags arbeiten müsse und wir nicht zu Kerstins Brunch fahren könnten.
    Käme ihm gerade recht, sagte er. Er habe auch was zu tun. Er würde zu seinen Eltern fahren. Natürlich.
    »Und was musst du so Dringendes machen?«
    »Ach, das habe ich dir noch gar nicht erzählt. Dieser Herzspezialist …«
    »Du meinst Lutz?« Seine Miene hellte sich augenblicklich auf. »Ist er wieder zurück?«
    Ich hatte Jens letztens gesagt, Lutz habe dringend nach Amerika fahren müssen, um einem Hollywoodstar ein paar neue Herzklappen zu verpassen, weswegen ich keine Gelegenheit gehabt hätte, unsere Freundschaft auf ein neues Level zu heben.
    »Ja, er ist vor zwei Tagen zurückgekommen. Auf jeden Fall hat der Lutz bei dieser Operation einen Haufen Geld verdient und wollte sich wegen Anlagemöglichkeiten beraten lassen.«
    »Aber das nächste Mal, wenn du dich mit ihm triffst, komme ich mit.«
    Oh Gott! Ich musste mir dringend was einfallen lassen. Ich wollte meinen Verlobten nicht einen Tag länger anlügen.
    Jens schlief samstags gerne lange aus, also ließ ich ihn schlafen und fuhr morgens zu meinen Eltern, um wenigstens Banjo zu sehen und mit ihm spazieren zu gehen. Ich lief über den Damm, dann über den Leinpfad und hinunter an den Rheinstrand. Ich ließ Banjo Stöckchen holen und im Sand buddeln und überlegte, wie ich Jens die Wahrheit beibringen konnte. Aber mir fiel keine Lösung ein. Und die Sache war zu ernst, um sie zu überstürzen. Vielleicht wäre es am besten, zu warten, bis er nach London fuhr. Danach wäre etwas Gras über die Sache gewachsen, er hätte neue Berufschancen und würde es mir vielleicht nicht so übel nehmen. Genau. Wenn er aus London zurückkäme, würde ich es ihm sagen.
    Mit etwas besserem Gewissen machte ich mich auf den Rückweg und lief durch den Ort zurück. Dabei kam ich durch die neue Straße. Früher war hier der Acker von Kepplers, wo wir im Herbst auf die Zuckerrübenberge geklettert waren, jetzt stand da ein Bungalow mit rotem Walmdach und Doppelgarage. Dahinter kam ein weißer kastenförmiger Klotz mit schwarzem Dach und großem Garten. Immerhin hatten sie den alten Kirschbaum nicht gefällt, der früher am Rand des Feldwegs zum Klettern eingeladen hatte – zumindest die anderen Kinder.
    Ein Mann stand in der frisch gepflasterten Auffahrt des Klotzes neben einem Mercedes-Cabrio. Er trug einen Kapuzenpullover von der Yale University. Was war das denn für ein Angeber? Und woher kannte ich ihn?
    »Ach, Moni!«, sagte der Mann, und in dem Moment erkannte ich, dass es sich natürlich um meinen Chef in total ungewohnter Freizeitkluft handelte.
    »Morgen, Herr Höveler«, grüßte ich artig. Ich hatte gar nicht mehr daran gedacht, dass er ja auch in diesem Ortsteil wohnte.
    »Was machen Sie denn hier?«, fragte er.
    »Nur spazieren gehen«, antwortete ich schnell, denn mir fiel siedend heiß ein, dass er natürlich nichts von meinen verwandtschaftlichen Beziehungen zu dem Dorf erfahren durfte. Wegen Puff-Louie. »Meinem Hund gefällt es hier besser als in der Stadt«, fügte ich harmlos hinzu.
    »Ja, ist wirklich nett. Wir fühlen uns auch sehr wohl.«
    »Ja, ist wie im Urlaub hier«, sagte ich. »Die Natur, die Vögel, der Rhein …«
    »Sagen Sie das mal meiner Frau«, meinte Höveler und verzog seinen Mund.
    »Gefällt es ihr hier nicht?«
    »Doch. Aber sie will trotzdem in den Urlaub fahren.« Er sagte das so, als ob sie ihn zu einer Darmspiegelung drängen wollte.
    »Na, Herr Höveler, jeder muss mal Urlaub machen. Es wird bestimmt schön.«
    »Ja. Ich habe nur ein Riesenproblem. Meine Bonsaisammlung. Die lasse ich so ungern allein.«
    »Äh, ja«, war der schlaue Kommentar, der mir dazu einfiel.
    »Meine Nachbarin ist auf Kur. Die wäre die Einzige, die das machen könnte.« Er zeigte auf einen

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