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Ordnungszahl 120

Ordnungszahl 120

Titel: Ordnungszahl 120 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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hun­dert­drei­ßig Ki­lo­me­ter über der Erd­ober­flä­che. Un­se­re Ge­schwin­dig­keit ent­sprach schon fast der ir­di­schen Flucht­ge­schwin­dig­keit.
    Dann hat­te der Ato-Mei­ler des von sei­nen Start­stu­fen be­frei­ten Raum­schif­fes zu ar­bei­ten be­gon­nen. Wie­der setz­te die un­er­träg­li­che Qual ein, die sich von Se­kun­de zu Se­kun­de stei­ger­te.
    Ich hör­te nicht das wil­de Brül­len der weiß­glü­hen­den Gas­mas­sen, auf de­nen die MR-235 mit wahn­wit­zi­gen Be­schleu­ni­gungs­wer­ten in das ab­so­lu­te Nichts schoß. Aber ich fühl­te das Vi­brie­ren der Wan­dun­gen.
    Die Se­kun­den wur­den zu Ewig­kei­ten. Mein ge­quäl­tes, blut­lee­res Ge­hirn wur­de nur von der Fra­ge be­herrscht, wann wohl end­lich Schluß war. Längst muß­ten wir die Flucht­ge­schwin­dig­keit von 11,2 Ki­lo­me­ter pro Se­kun­de über­schrit­ten ha­ben. Die Er­de konn­te uns nicht mehr zu­rück­ho­len. Ih­re Gra­vi­ta­ti­ons­kräf­te wa­ren von die­sem Pro­dukt mensch­li­chen Geis­tes be­reits über­wun­den; aber wir hat­ten noch im­mer zu lei­den.
    Ich konn­te nicht mehr se­hen. Mei­ne Au­gen schie­nen sich im­mer tiefer in ih­re Höh­len zu pres­sen.
    Ich at­me­te in fla­chen, krampf­haf­ten Zü­gen und konn­te mich kaum an die An­wei­sun­gen über die At­mungs­tech­nik er­in­nern.
    Un­ter uns fiel die Er­de hin­weg. Auf dem großen Bild­schirm der Au­ßen­bord­auf­nah­me muß­te sie lang­sam als Ku­gel sicht­bar wer­den, doch das konn­te ich au­gen­blick­lich nicht ver­fol­gen.
    Nach end­los er­schei­nen­den Se­kun­den wur­de der Druck plötz­lich von mir ge­nom­men. Als ich mei­ne Sin­ne ei­ni­ger­ma­ßen wie­der in der Ge­walt hat­te, hör­te ich die plär­ren­de Stim­me aus den Laut­spre­chern. Es war ein Ton­band, auf das ein mir un­be­kann­ter Mann die Wor­te ge­spro­chen hat­te:
    »En­de der ers­ten Be­schleu­ni­gungs­pe­ri­ode. Atem­tech­nik be­ach­ten und ru­hig lie­gen blei­ben. Wir be­schleu­ni­gen au­gen­blick­lich mit nor­ma­len Wer­ten von 1 g. Be­ginn der zwei­ten Be­schleu­ni­gungs­pe­ri­ode in drei Mi­nu­ten, zwei­und­drei­ßig Se­kun­den. Ich wie­der­ho­le …«
    Rechts ne­ben mir hör­te ich Han­ni­bal flu­chen. Der Klei­ne war tat­säch­lich bei vol­lem Be­wußt­sein, wäh­rend der Leut­nant re­gungs­los und flach­at­mend auf sei­nem Druck­pols­ter ruh­te. Er war noch be­sin­nungs­los.
    »Wie fühlst du dich, Zwerg?« keuch­te ich.
    Sei­ne Ant­wort konn­te ich nicht mehr ver­ste­hen, da in die­sem Mo­ment das Ato-Trieb­werk auf brüll­te. Der Raum vi­brier­te mit der Re­so­nanz des ge­sam­ten Schiffs­kör­pers. Mir war, als lä­ge ich dicht über dem Plu­to­ni­um­mei­ler, der das harm­lo­se Was­ser in ein to­ben­des Ele­ment ver­wan­del­te.
    Die »Faust« schlug wie­der zu, doch dies­mal ent­schie­den er­träg­li­cher. Man ging jetzt nur noch auf 6 g. Die ir­di­sche At­mo­sphä­re mit all ih­ren hin­dern­den Er­schei­nun­gen war längst über­wun­den. Es spiel­te nun kei­ne Rol­le mehr, mit wel­chen Wer­ten be­schleu­nigt wur­de. Mei­ner Mei­nung nach hät­te das auch mit der nor­ma­len Kraft von 1 g ge­sche­hen kön­nen, aber das Raum­schiff soll­te schnell auf Rei­se­ge­schwin­dig­keit kom­men. Ich durf­te nicht ver­ges­sen, daß wir uns an Bord ei­nes Schnell­trans­por­ters be­fan­den.
    Es dau­er­te für mich un­end­lich lan­ge, bis der Druck völ­lig nachließ. Er­schöpft ruh­te ich auf dem Pols­ter. Kaum ver­stand ich die Wor­te aus dem Laut­spre­cher, mit de­nen uns mit­ge­teilt wur­de, daß die Rei­se­ge­schwin­dig­keit mit Brenn­schluß nun er­reicht wä­re und man dem­zu­fol­ge das Trieb­werk still­ge­legt hät­te.
    Das wä­re aber mit dem Ef­fekt des schwe­re­lo­sen Zu­stan­des ver­bun­den, was an­de­rer­seits ei­ne Ei­gen­art des lee­ren Raum­es wä­re.
    Den Be­sat­zungs­mit­glie­dern wur­de emp­foh­len, mög­lichst an­ge­schnallt lie­gen­zu­blei­ben und zu ver­su­chen, das Ge­fühl des Fal­lens durch stän­di­ges Schlu­cken und Ate­m­übun­gen zu un­ter­drücken.
    Han­ni­bal schimpf­te, un­ter­ließ es aber eben­so wie ich, die An­schnall­gur­te zu lö­sen, die

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