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Organic

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Titel: Organic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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über seine Sammlung, damit er Eric nicht anschauen musste. „Keiner von meinen jedenfalls. Du bist ein guter Mann.“
    Damit hätte Eric als Allerletztes gerechnet.

85. KAPITEL
    Sabrina sah entgeistert auf das kleine dunkelrote Notizbuch. Es war aus dem Ordner gefallen, den sie am vergangenen Freitag von Dr. Lansiks Schreibtisch genommen hatte. Sie hatte ihn in ihre Aktentasche gepackt und vergessen. Und jetzt lag da dieses Notizbuch auf Erics Fußboden, und seine abgestoßenen Ecken und sein verkratzter Kunststoffeinband erinnerten sie an ihren toten Chef. Sie erkannte es wieder. Lansik hatte es immer mit sich herumgetragen. O’Hearn hatte es einmal scherzhaft als Lansiks „rote Bibel“ bezeichnet.
    Sie blätterte durch die Seiten und hatte noch nicht einmal die Hälfte durch, als sie merkte, dass die Notizen am Rand anscheinend nichts mit den Eintragungen auf den Seiten selbst zu tun hatten. Die waren mit schwarzer Tinte geschrieben, die Notizen am Rand dagegen in blauer, einige auch in roter. Sabrina war sich nicht sicher, aber manches von dem Kauderwelsch sah aus, als könnten es Computercodes sein.
    Da waren auch ein paar Formeln, mit denen sie aber nichts anfangen konnte. Und gegen Mitte des Notizbuches stand am unteren Rand rot geschrieben der Name Colin Jernigan mit dem Kürzel DOJ und daneben eine Zahlenreihe, die wie eine Telefonnummer aussah. Die Nummer schien wichtig zu sein, denn Lansik hatte sie rot umrandet, und zwar so nachdrücklich, dass der Stift bis auf die nächste Seite durchgedrückt hatte.
    Eric kam gerade in die Wohnung zurück. Schnell klappte Sabrina das Notizbuch zu, als wäre sie beim Lesen irgendwelcher Geheimpapiere überrascht worden. Okay, vielleicht traute sie ihm noch immer nicht über den Weg.
    Eric entging es nicht. Natürlich fiel es ihm auf, aber er sagte nur: „Nimm das mit. Lass uns was essen gehen.“
    „Irgendwo? Einfach so? Ich dachte, ich sollte mich verstecken?“
    „Nirgendwo versteckt man sich besser als in aller Öffentlichkeit.“
    Sie gingen in ein Restaurant namens „Crabs“ und setzten sich nach draußen mit Blick über den Strand. Es war lauter dort als im Jachthafen, in die Rufe und das Gelächter mischten sich die Pfiffe der Bademeister. Hinzu kam die Musik aus den Lautsprechern anderer Strandbars, mal Bob Marley, mal Britney Spears. Eric bestellte eine gemischte Meeresfrüchteplatte. Sabrina nahm ein Sandwich mit gegrilltem Barsch, obwohl sie am liebsten zu ihrer gewohnten Routine zurückgekehrt wäre und einen Eiersalat gegessen hätte.
    Das Notizbuch lag auf dem Platz neben ihr. Sie wusste nicht, was sie da eigentlich entdeckt hatte und ob sie Eric davon erzählen sollte. Sie lehnte sich zurück und beobachtete ihn. Seine Augen waren überall, aber ihr gönnte er keinen Blick. Sie sah nach, was ihn ablenkte. Am anderen Tisch saßen zwei Polizisten in Uniform. Sabrina überlegte, ob Eric sich Sorgen machte, dass sie sie erkennen könnten, oder ob er um sich selber fürchtete. War das der Grund, warum er sich in Eric Gallo umbenannt hatte? Erics umherschweifender Blick erinnerte sie an den ihres Vaters, dessen Augen ebenfalls immer unstet im Raum umhergewandert waren. Der Gedanke an ihren Vater verursachte ihr ein ungutes Gefühl im Magen. Wie hatte das alles nur so aus dem Ruder laufen können?
    „Wir müssen uns vergewissern, dass es Dad gut geht.“ Sie sagte es, bevor sie es sich anders überlegen konnte. Endlich sah Eric sie an. „Er könnte in Gefahr sein“, fügte sie hinzu, weil er wenig beunruhigt wirkte. Und dann hörte sie sich sagen, als wäre sie plötzlich wieder zwölf: „Oder ist er dir inzwischen egal geworden?“
    Sie erkannte ein Flackern in seinen Augen, bevor er wegschaute. Diesmal wurde er abgelenkt von seinem jungen Freund, der mit dem kahl rasierten Kopf und den geduldigen, freundlichen Augen. Eric rutschte ein Stück, um ihm Platz zu machen. Bevor er seinen Laptop auf den Tisch stellte, reichte er Eric einen Briefumschlag.
    „Du kennst ja Russ, Bree.“ Eric sagte das so beiläufig, dass Sabrina ihn nur anschaute, weil er mit der Situation so umging, als wäre sie im Urlaub hier. Aber dann bemerkte sie sofort wieder Erics Blick, der die gesamte Terrasse absuchte, dann den Strand, aufmerksam und konzentriert. Vielleicht war er doch nicht so locker.
    Russ lächelte nur und nickte Sabrina zu, als er seinen Laptop aufklappte. Er erinnerte sie an einen ihrer früheren Studenten, auch wenn er etwas älter war. Er wirkte ein

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