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Organic

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Titel: Organic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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wenig scheu und zurückhaltend, aber das mochte eher an ihr liegen und keine grundsätzliche Charaktereigenschaft sein. Sie war nicht völlig unempfänglich für Jungen und Männer, die für sie schwärmten.
    „Ich habe ein paar Sachen herausgefunden, die für uns interessant sein könnten.“
    Er gab ein paar Tastenkombinationen ein, und Sabrina fand, dass seine großen Hände erstaunlich sanft mit der Tastatur umgingen. Dann drehte er den Laptop zum Tischrand, sodass sie auf den Bildschirm sehen konnten. Er gab noch etwas ein, dann lehnte er sich gelassen zurück. Das Bild zeigte eine Luftansicht. Man blickte von oben auf Baumwipfel und Gebäude.
    Sabrina lehnte sich vor, legte die Ellbogen auf die Tischplatte und betrachtete das Bild genauer. Eric bewegte sich nicht, sondern sah sich immer noch um. Trotzdem fragte er: „Eine Satellitenaufnahme?“
    „Ja, aber nicht irgendeine“, meinte Russ. Er lächelte, fuhr mit der Fingerspitze über das Touchpad und klickte einmal. „Es ist eine Live-Aufnahme vom Satelliten. Heute Morgen abgespeichert. Ich habe sie auf Diskette und als Ausdruck.“ Er zeigte auf das Datum und die Uhrzeit in der Ecke. Es lautete 17. Juni, 6:05 Uhr.
    Er zoomte heran, und sofort erkannte Sabrina, was es war: das Betriebsgelände von EcoEnergy.
    „Wie bist du denn daran gekommen?“, fragte Eric. Er beugte sich vor und konzentrierte sich jetzt ganz auf den Computerbildschirm.
    „Ich habe so meine Tricks. Aber lassen wir das. Schaut lieber mal her.“ Er klickte noch einmal und zoomte noch näher heran.
    Sabrina erkannte das Gewirr der Rohre und Eisenstege und die Dächer. Aber vor allem konnte sie auf die offenen Ladeflächen der Lastwagen schauen. Die Schlachtabfälle wurden von geschlossenen Tanklastzügen angeliefert. Aber diese Lastwagen hier kamen meistens sehr früh oder sehr spät. Sabrina waren sie aufgefallen, wenn sie Überstunden machte. Sie hatte angenommen, sie würden Material für Bauarbeiten anliefern, die auf dem Gelände im Gang waren. Andauernd wurde auf dem Betriebsgelände gebaut. Dafür hätte man Bauholz, Backstein und Stahlträger gebraucht, neues, ordentlich gestapeltes Material. Aber nicht zusammengeschütteten Schutt und Abfall wie in diesen Lastern.
    Dann konnte sie auch Reaktor fünf ausmachen. Sie verfolgte das Rohrgewirr, das den Reaktor mit dem dazugehörigen Außentank verband. Der Behälter war drei Stockwerke hoch und hatte eine Schüttrinne, zu der der Abfall aus den Lastern mit einem Förderband transportiert wurde. Sie hatte immer gedacht, er würde als Reservebehälter für Öl benutzt, solange Reaktor fünf nicht angeschlossen war. Aber diese Luftaufnahme zeigte ihr, dass sie sich geirrt hatte.
    „Sie haben Schutt aus den Hurrikangebieten verarbeitet.“ Sabrina flüsterte fast. Wie hatten sie das nur unter Verschluss halten können?

86. KAPITEL
    Eric nahm den großen Umschlag, den Russ mitgebracht hatte, vom Tisch und legte ihn auf die Bank zwischen sich und Russ. Er hatte sich so gesetzt, dass er im Auge behalten konnte, was in und vor dem voll besetzten Restaurant vor sich ging. Aber die beiden Polizisten aus Santa Rosa hatten ihm wieder einmal vor Augen geführt, dass es keinen absolut sicheren Ort gab. Vielleicht war er einfach zu eingebildet und leichtfertig, was nicht das erste Mal gewesen wäre. Das war nicht weiter schlimm, wenn er sich damit nur selbst in Gefahr brachte. Aber das hier war etwas ganz anderes.
    Er winkte Max zu, die die Treppe zu ihnen heraufkam. Wie sollte er es Sabrina erklären, wo er es sich doch nicht einmal selbst erklären konnte? Er konnte sich nur an die Wut erinnern. Wut auf seinen Vater, weil er auf Erics Mutter nicht besser aufgepasst hatte. Wie hatte er sie bei solch einem Wetter nur allein ins Auto steigen lassen können? Und er war wütend auf Sabrina, weil sie ihrem Vater keine Schuld geben wollte. Dazu noch der schreckliche Verlust, was zusammen reichte, um sich wie unter einem 18-Tonner zu fühlen. Es tat verdammt weh, aber es machte ihn eben auch wütend.
    Kindisch und unreif hörte sich das alles an. Und genau das war es auch: kindisch und unreif. Aber damals hatte er sich nur noch in seiner Wut einkapseln können. Es half nicht gegen das Loch in seinem Herzen, aber es lenkte ihn ab, bis er etwas anderes oder jemand anderen fand, auf das oder den er seine Wut lenken konnte.
    Max sah erschöpft aus, ihre Augen waren gerötet. Eric wusste, dass sie am Abend zuvor kaum etwas getrunken hatte. Er machte sich

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