Organic
Männer auf die politische Bühne von Washington gesegelt waren. Aber Malone hatte immerhin eine Wahl ganz allein gewonnen, und das war alles andere als ein Kinderspiel gewesen. Und als Senatorin hatte sie sich längst bewährt. Sie besaß ihren eigenen Kopf, war nicht vom Tagesgeschäft abgestumpft oder aufgrund von Zuwendungen handzahm geworden. Andernfalls hätte Natalie jetzt nicht mit ihr hier gesessen.
„Das ist ein wenig delikat“, gab Natalie zu.
Senatorin Malone setzte ihre Teetasse ab und lehnte sich mit verschränkten Armen zurück. Sie sah Natalie aufmerksam an.
Für eine Frau, die sich an politischen Spielchen nicht beteiligte, spielte sie das Spiel ausgesprochen gut.
„Es könnte durchaus sein, dass sich der Fokus des Energiegipfels verlagern wird.“ Natalie wählte ihre Worte mit Sorgfalt. „Falls das der Fall sein sollte, wird sich sowohl die Gelegenheit als auch die Notwendigkeit ergeben, die Sache in die Hand zu nehmen.“
Malone schwieg, aber Natalie bemerkte ein nervöses Zucken in ihrem Mundwinkel.
„Ich dachte, der Präsident bestimmt den Fokus dieses Gipfels?“ Malone machte ihre Äußerung mit einer großen Portion Unsicherheit, vielleicht auch Naivität.
Diesmal lehnte sich Natalie zurück. Sie ließ ihren Blick durch die Hotelsuite schweifen und registrierte die kleinen Maßnahmen der Senatorin, mit gerahmten Fotos, Bücherstapeln und einer Sammlung von Miniatur-Teekannen ein wenig persönliche Atmosphäre darin zu verbreiten. Dass Malone diese Äußerung überhaupt gemacht hatte, bestätigte Natalie, dass sie sich nicht getäuscht hatte. Ganz im Gegenteil, sie hatte eine kluge Wahl getroffen.
88. KAPITEL
Pensacola Beach, Florida
Sabrina sah noch, wie Eric Russ anstieß und auf dem Bildschirm statt des Satellitenfotos plötzlich ein Schachbrett mitten im Spiel erschien. Für mehr Warnung blieb keine Zeit. Im nächsten Moment stand ein uniformierter Polizist an ihrem Tisch.
„Guten Tag“, sagte der Beamte und sah glücklicherweise Eric an, nicht sie. Denn sonst wäre ihm ihr panischer Gesichtsausdruck sicher nicht entgangen.
„Guten Tag, Deputy ... Kluger“, antwortete Eric, der den Namen vom Schild an der Uniform abgelesen hatte.
So war Eric. Er nahm sich die Zeit für Namensschilder. Normalerweise war es eine nette Geste. Aber diesmal biss Sabrina die Zähne aufeinander. Unter dem Tisch zerriss sie ihre Papierserviette in kleine Fetzen. Eric hatte seine Hände dagegen ruhig und still auf dem Tisch liegen, und Sabrina überlegte, ob er das absichtlich tat, damit der Polizist sie sehen konnte. Keine schnellen Bewegungen. War es in den Filmen nicht immer so?
„Sind Sie nicht Barkeeper drüben im ,Bobbye’s’?“, fragte der Polizist.
„Ja, manchmal.“ Eric sah immer noch völlig ruhig aus, während Sabrina das Herz wieder bis zum Hals klopfte und sie das Gefühl hatte, dass der Polizist das nicht überhören konnte.
„Wir wollen einem Kollegen zum Geburtstag einen ausgeben. Gibt’s eine Chance, den Laden nur für uns anzumieten?“
Eric sah den Mann einfach nur an. Sabrina blickte zu Russ und Max hinüber. Sie starrten den Polizisten ebenfalls an, als hätte er in einer fremden Sprache gesprochen, die sie nicht verstanden. Der Polizist schien das zu merken.
„Wir wollen keinen Preisnachlass oder so was“, erklärte er. „Wir suchen nur was Nettes, nicht zu groß, ein bisschen für uns ... Sie wissen schon, ein Stück vom Strand weg.“
„Ja, klar“, sagte Eric endlich, und es hörte sich an, als wäre es das Normalste von der Welt. „Kommen Sie mal in Howards Laden vorbei, dann besprechen wir einen Termin. Um den Rest kümmern wir uns dann.“
„Klingt gut. Mach ich.“
Der Polizist ging wieder, und keiner sagte etwas. Russ tippte auf dem Computer herum, und Max klopfte fast im selben Takt mit der Zeitung auf die Tischplatte. Sabrina sah unsicher von einem zum anderen, weil keiner redete. Vielleicht waren sie solche Sachen gewöhnt. Sie war es jedenfalls nicht.
Schließlich lächelte Eric sie an. „Ich hatte eigentlich erwartet, dass er über etwas anderes reden wollte.“
„Sag bloß“, gab sie zurück und wünschte, sie könne das Vorkommnis ebenso leicht abschütteln, wie er es offensichtlich tat.
„Das dürfte ein guter Zeitpunkt sein, die Sache mit dir zu besprechen.“
Er legte den großen Briefumschlag wieder auf den Tisch. Sabrina beobachtete, wie er sich wieder sorgfältig umsah, immer noch ganz ruhig und entspannt. Er war wirklich
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