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Sportjackett sah zu billig aus, als dass er ein Lobbyist sein konnte, und für einen Mitarbeiter der Senatorin war er zu alt – mindestens fünfzig.
„Jason Brill?“
Wäre Jason in diesem Moment allein gewesen, hätte er vermutlich so getan, als kenne er keinen Jason Brill.
„Ja, das bin ich.“
Der Mann hielt ihm die Marke hin. „Detective Bob Christopher. Ich habe nur ein paar Fragen, wenn Sie einen Moment Zeit hätten.“
„Ehrlich gesagt, nein, Detective. Ich hätte den ganzen Kram schon vor über einer Stunde los sein sollen.“ Jason hob demonstrativ den Stapel unter seinem Arm ein Stück höher.
„Es dauert nur eine Minute.“ Der Detective blinzelte Senatorin Malone an, als würde er sie erkennen, sich aber nicht an den Namen erinnern.
„Ich muss los“, sagte sie und strich mit der Hand über Jasons Schulter, als wolle sie ihn aufmuntern oder in diesem Fall eher ihr Mitleid aussprechen.
Detective Christopher sah ihr nach, bis sie um die Ecke gebogen war. Kein schlechter Anblick, dachte auch Jason.
„Ich muss unbedingt diesen Kram hier loswerden“, sagte Jason schnell. Er überlegte, ob Lindy möglicherweise aller Welt erzählt hatte, dass sie drei Freunde gewesen waren.
„Auf dem Handy von Zach Kensor haben wir Ihr Bild gefunden.“
„Was?“ Jason hätte fast seinen Aktenstapel fallen lassen.
„Es datiert vom Abend, bevor er umgebracht wurde.“
Natürlich, die Party. Aber Jason konnte sich nicht vorstellen, dass er nahe genug dran gewesen war.
Detective Christopher sah sich im Gang um, aber es war niemand mehr da. „Wir wissen außerdem, dass Sie später in dieser Nacht im selben Hotel waren wie Mr. Kensor. Meines Wissens nach bis zum nächsten Morgen.“
Jason spürte, wie sich sein Kiefer verkrampfte. Lindy, dachte er, aber er bemühte sich, sich nichts anmerken zu lassen. Allerdings gelang ihm das nicht. Er hätte dem Detective am liebsten von William Sidel und Zach erzählt, dass er herausgefunden hatte, wie die beiden vermutlich zur gleichen Zeit im „South Beach Resort“ gewesen waren. Aber wie hätte er etwas sagen können, wo er doch auf illegalen Kanälen an seine Informationen gekommen war? Ohne es zu merken, vergaß er plötzlich alles, was Senator Adams ihm über ruhiges, souveränes Benehmen beigebracht hatte. Stattdessen reagierte er wie sein Onkel Louie.
„Bin ich ein Verdächtiger, Detective?“ Er zog sogar die Oberlippe hoch wie Onkel Louie.
„Natürlich nicht, Mr. Brill. Wenn Sie es wären, würden wir uns nicht hier mitten auf dem Gang unterhalten.“
„Dann ist das Gespräch jetzt beendet“, sagte Jason und ging davon. Er zwang seine Hände, mit dem Zittern aufzuhören, und gleichzeitig, keine Faust zu machen. Zumindest so lange nicht, bis er um die Ecke und außer Sichtweite des Detectives war.
90. KAPITEL
Pensacola Beach, Florida
Eric war überrascht, als er hinunterlief und feststellte, dass Howard die „Bobbye’s Oyster Bar“ für das Publikum geschlossen hatte. Der Eingang von der Strandpromenade her war blockiert und mit Schildern, auf denen „Geschlossene Gesellschaft“ stand, versehen. Howard hatte den Grill angeworfen, sodass die Luft rundherum nach Knoblauch, Ananas und Grillgewürzen duftete.
Zuerst vermutete Eric, das sei für die Leute aus Minnesota gedacht. Aber als Eric danach fragte, lachte Howard nur und wedelte vor ihm mit seiner Grillzange herum. „Ach was, die haben abgesagt.“
„Und wieso hast du dann alles für eine Privatparty abgesperrt?“
„Wozu hat man eine eigene Kneipe, wenn man sie nicht gelegentlich mal zumachen und ein Abendessen für die eigenen Freunde schmeißen kann? Russ meinte, wir müssten einen Plan ausbaldowern. Und das klappt mit vollen Bäuchen ganz bestimmt viel besser.“
Eric nickte nur und füllte die Bar auf. Er machte sich Sorgen um Sabrina. Mit ihrer kämpferischen Haltung hatte er überhaupt nicht gerechnet. Sie ging an die Sache heran wie an eines ihrer naturwissenschaftlichen Rätsel, als brauchte es nur ein wenig Logik und das richtige Rezept, um auf die Lösung zu kommen. Genau wie ihr Vater. Das Leben nehmen, als wäre es eine mathematische Gleichung, eine Reihe von Zahlen, die man nur ins richtige Verhältnis zueinander setzen musste, damit alles passte. Aber das Leben war nun mal nicht so.
Eric schüttete Austern aus einem Jutesack in eine Plastikwanne. Er ließ Wasser darüberlaufen, bevor er sie auf Eis legte.
Er wusste genau, dass es besser für Sabrina gewesen wäre,
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