Organic
Sie uns ein Ende machen“, sagte er. Er ging durch den Raum und streckte die Hand aus. Zu seinem Erstaunen gab O’Hearn ihm widerstandslos seinen Revolver.
„Aber machen Sie es richtig diesmal“, sagte er zu Leon wie ein früherer Lehrer von ihm in der Highschool – einer, den er nicht besonders gemocht hatte.
„Sie können uns ja begleiten. Um sicherzugehen, dass es diesmal richtig ist.“
„Nein, nein, das ist schon in Ordnung.“
Jetzt wurde der freche Wissenschaftler doch noch ein bisschen zimperlich.
„Ich werde wohl darauf bestehen müssen. Das ist Firmenpolitik in solchen Fällen.“ Er nahm Sabrina am Handgelenk, das er mit seinen Fingern mühelos umfasste. Sie wehrte sich ... kaum. „Ach ja, Doc, ich brauche noch das Video aus der Überwachungskamera.“
„Video? Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.“
Leon musste schon wieder ein Grinsen unterdrücken. Der Kerl mochte ein brillanter Wissenschaftler sein, aber er war ein erbärmlicher Lügner.
„Die Videoaufnahme, wie ich die arme Frau in den Tank prügele. Ich weiß, dass in allen Reaktorgebäuden Überwachungskameras sind. Dr. Galloway und ich warten so lange hier auf Sie.“
Er konnte förmlich sehen, wie O’Hearn fieberhaft überlegte, was ihm an Alternativen blieb. Aber schließlich ging er ohne ein weiteres Wort zu einer Reihe Spinde und öffnete das Zahlenschloss an einem davon. Er holte eine CD-Box heraus und warf sie Leon zu.
Leon fand, dass der brillante verrückte Wissenschaftler sich wie ein Mädchen anstellte. Er würde ihm keine Hilfe sein, aber andererseits auch keinen großen Ärger machen.
109. KAPITEL
Genau so ist es Dwight Lansik ergangen, dachte Sabrina und schaute über das Geländer in den blubbernden Tank mit Schlachtabfällen. Und was von ihm übrig geblieben war, war nur ein Stück von seiner Armbanduhr und ein bisschen Gewebe. Sie würde vielleicht noch weniger Glück haben. Und doch konnte sie in diesem Moment nur an ihren Vater denken. Er hatte so viel verloren. Aber dass seine Tochter Teil einer chemischen Reaktion werden sollte, schien ihr eine besonders krasse Ungerechtigkeit.
O’Hearn war es am Ende, der sie zog und schob. Das Handgelenk tat ihr davon weh, ihr Kiefer ebenfalls. Sie hatte sich ihm entwinden wollen, und er hatte sie geschlagen. Sein Killer kam hinterher und wischte sich mit Papiertaschentüchern, die er aus einem kleinen Päckchen zog, den Schweiß von der Stirn. Er machte einen gleichgültigen, fast zögerlichen Eindruck, nicht so kalt und berechnend, wie sie es bei einem Mann wie ihm vermutet hätte. O’Hearn dagegen benahm sich wie auf Drogen, voller Energie, sprunghaft, stark und misstrauisch.
Der Auftragskiller hatte ihren Ohrstöpsel eingepackt, sobald er ihn entdeckt hatte. Merkwürdigerweise sagte er zu O’Hearn nichts darüber. Er hatte ihn ihr aus dem Ohr gezogen, als sie das Labor verlassen hatten, und ohne ein weiteres Wort in die Hosentasche gesteckt. Also hatte sie keine Möglichkeit mehr, Russ und Howard auch nur eine Nachricht zukommen zu lassen. Es war egal. Sie konnten sie sowieso nicht hören.
Der Metallsteg vibrierte und erzitterte unter dem ständigen Rumpeln der Drehmesser, Maschinen und Förderbänder unter ihnen. Die ersten Tanklaster lieferten ihre Fracht ab. Hier oben, drei Stockwerke über dem Krach, würde niemand ein Winken sehen, und weder einen Hilfeschrei noch einen Schuss konnte irgendjemand hören.
Leon zog O’Hearns Waffe aus der Tasche. Er öffnete das Magazin und sah O’Hearn an.
„Geladen“, sagte er. „Ich bin beeindruckt. Das hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut.“ Und dann überraschte er sie beide damit, dass er die Mündung des Revolvers O’Hearn gegen die Schläfe drückte.
„Was zum Teufel soll das?“
Sabrina hörte trotz des Dröhnens der Laster und dem Quietschen der Förderbänder die Panik in O’Hearns Stimme.
„Ach ja, das habe ich ganz vergessen zu erwähnen“, meinte Leon. „Ich habe einen neuen Auftraggeber. Tut mir leid, dass ich Sie mitnehmen musste, Ma’am, aber ohne Sie wäre er niemals bis hierher mitgekommen.“ Er warf Sabrina einen flüchtigen Blick zu. Er nahm die Waffe nicht von O’Hearns Kopf. „Sie können gehen.“
„Wie bitte?“
O’Hearn hielt sie noch immer am Arm fest, und jetzt bohrten sich seine Fingernägel tief in ihre Haut. Vielleicht war das irgendein kranker Scherz unter den beiden Männern. Aber Leon stieß mit der Revolvermündung erneut an O’Hearns Schläfe, sodass sein Kopf
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