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Organic

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Titel: Organic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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anstatt weiter zu der jüngeren Frau auf der anderen Seite des Raums hinüberzusehen. Jason hoffte, dass ihm nicht der Unterkiefer nach unten geklappt war, denn genau so fühlte es sich an.
    „Sie wird heute achtundzwanzig“, sagte die Frau und stellte ihr Weinglas auf der Bar ab. „Ein guter Grund für eine kleine Feier, und sie hat es wirklich verdient. Sind Sie ein Freund von Lindy?“
    So viel zum Thema Charme. Jason blieb einfach die Spucke weg. Stattdessen schrie eine Stimme in ihm: Ich glaub’s nicht, ich sitze neben Senatorin Shirley Malone!

25. KAPITEL
    Tallahassee, Florida
    Leon zeichnete die Rechnung ab, stolz auf das Gekritzel in einem Zug und mit einem Bogen darunter. Die Unterschrift ging ihm wie von selbst von der Hand, dabei war Leon gar nicht sein echter Name. Er hatte ihn sich Vorjahren selbst gegeben, als er in das Geschäft eingestiegen war, und der Name stammte aus irgendeinem Buch über Chamäleons.
    Er hatte sogar mal so ein Tier von einem Typen gekauft, der in Boca Raton einen Laden für exotische Tiere hatte. Nun, es war vielleicht weniger ein Laden als das Hinterzimmer eines Warenlagers gewesen. Der Kerl hatte alle möglichen Eidechsen gehabt in fast jeder möglichen Größe und Farbe, die man sich vorstellen konnte. Die Chamäleons hatten Leon fasziniert, weil sie direkt vor seinen Augen plötzlich ihre Farbe veränderten, halb grün wie ein Blatt, halb braun wie der Ast. Wie cool, wenn Menschen das genauso könnten! Aber Leon brauchte sich im Gegensatz zu so vielen seiner Kollegen nicht um eine gute Tarnung zu bemühen. Das hatte er gar nicht nötig. Er hatte ohnehin die beste, die man sich denken konnte.
    Die Kellnerin nahm den Beleg, als sie seine Kaffeetasse auffüllte. Kein Wort. Kaum ein Blick. Falls jemand sie später nach ihm fragte, würde sie ihn ganz sicher nicht beschreiben können. Sie würde sich kaum noch an ihn erinnern. Das war das Schöne, wenn man gewöhnlich und austauschbar aussah. Niemand erinnerte sich je an Leon. Selbst wenn er gewollt hätte, hätte er keine bessere Tarnung bekommen können. Und er versaute sie auch nicht, indem er leuchtende Farben trug oder modische Sachen. Keine Streifen, keine Muster. Keine schicken Designer-Logos. Er trug kurzärmelige Button-Down-Hemden, die man nicht bügeln musste und die auf der Reise ideal waren. Das Gleiche galt für Jacken und Hosen. Selbst seine Sonnenbrille war ein einfaches Modell von Walgreen. Nichts an ihm erregte die geringste Aufmerksamkeit.
    Also gut, vielleicht kam der Name Leon von „Chamäleon“, aber nicht weil die Echse sich tarnen und ihre Farbe verändern konnte. In dem Buch hatte gestanden, das Wort „Chamäleon“ bedeute Erdlöwe. Löwen waren die Könige des Dschungels. Und das Leben war doch ein verrückter Dschungel. Leon sah sich selbst gern als Löwe.
    Er nippte an seinem Kaffee, solange er noch heiß war. Dann fischte er ein paar Tabletten aus seiner Hosentasche und untersuchte sie auf Fusseln. Anschließend schob er sie sich in den Mund. Verfluchte Verdauung. In den letzten zwei Jahren hatte er ein Teppichmesser im Hals, einen Schulterschuss und unzählige Knochenbrüche überlebt, aber am Ende würde er vermutlich an seinen verdammten Blähungen krepieren.
    Er nahm noch einen Schluck Kaffee, um die restlichen Krümel der Tabletten herunterzuspülen, und wünschte sich ein Bier statt der braunen Plörre. Aber er hatte sich dieses drittklassige Schnellrestaurant nicht ausgesucht. Es war mehr ein berufsbedingter Zufall. Und so wie es schien, würde Leon bei diesem Auftrag keine Bars oder Klubs von innen sehen. Auch wenn sie ihn zuvor noch überrascht hatte, als sie vor einem Spirituosenladen gehalten und mit einer Flasche herausgekommen war, die verdächtig nach Whiskey ausgesehen hatte. Womöglich war sie doch nicht so prüde, wie er gedacht hatte. Aber es war vielleicht nur dieses abgefahrene Gewitter gewesen und der noch schrägere Sicherheitsmann.
    Leon wusste immer noch nicht, wie er das einschätzen sollte, aber es hatte ihn jedenfalls davon abgehalten, die Gunst der Stunde zu nutzen. Dabei passierten doch alle möglichen seltsamen Unfälle, wenn der Strom ausfiel.
    Er saß in der hinteren Ecke mit dem Rücken zu ihr, aber in dem Spiegel über dem Sodaspender konnte er sie beobachten. Für eine kleine Frau konnte sie eine ganze Menge vertragen – Cheeseburger und Zwiebelringe mit jeder Menge Ketchup. Aber sie hielt sich seit einer geschlagenen halben Stunde an einer einzigen Tasse

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