Organic
C.
Jason betrat „Old Ebbitt’s Grill“ und wartete einen Moment, damit sich seine Augen an die dämmrige Beleuchtung des Restaurants gewöhnen konnten. Die Sekretärin des Senators hatte ihn zuvor angerufen und ihm mitgeteilt, dass Adams ihn hier treffen würde.
Der Morgen war der reinste Wahnsinn gewesen. Jason musste sich um unzählige Details wegen des Empfangs beim Energiegipfel kümmern. Irgendwie hatte er den Anruf eines Produzenten von ABC verpasst, der ein Interview mit dem Senator für „Good Morning America“ vereinbaren wollte. Er hatte gerade die Cateringfirma in Florida am Telefon, und seine Sekretärin hatte ihn nicht unterbrochen.
Er schüttelte den Kopf, während er sich vom Kellner zum Tisch des Senators bringen ließ. Er konnte es immer noch nicht fassen. Er entließ nicht gern Leute, aber einen Auftritt beim wichtigsten Morgenmagazin der USA zu versauen war definitiv Grund genug. Er hatte genaue Anweisungen gegeben, wie er zu erreichen war, bevor er das Büro verlassen hatte. Während er hinter dem Kellner herlief, klappte er sein Handy auf, um sicherzugehen, dass es auch eingeschaltet war.
Trotz all des Trubels hätte er wahrscheinlich bei Senator Adams’ Sekretärin um nähere Informationen bitten sollen, als sie anrief. Ja, er hätte besser nachgefragt, denn dann wäre ihm das Herz nicht in die Hose gerutscht, als er Senator Adams mit Senatorin Shirley Malone und Lindy zusammensitzen sah.
Vielleicht weil er gerade an Entlassungen gedacht hatte, erwartete er, dass Lindy und er gefeuert werden sollten. Naturlieh schien das ein bisschen verrückt hier in aller Öffentlichkeit, aber Jason wusste noch genau, wie seine Cousine Renee bei ihrem Hochzeitsessen verkündet hatte, dass ihr Verlobter Greg am Wochenende vorher ihre Brautjungfer gevögelt hatte.
Senator Adams sah erleichtert aus. „Jason, das ist Senatorin Shirley Malone.“
Jason schüttelte ihre Hand und nickte. Er kannte und mochte ihren Händedruck bereits, nicht weich und schlapp, aber auch kein Knochenbrecher.
„Ich habe nur Gutes von Ihnen gehört“, sagte sie und sah ihn an. Jason glaubte, ein fast unmerkliches Lächeln zu erkennen, während sie weder erwähnte noch bestritt, dass sie sich bereits kannten.
Sie trug ein kupferbraunes Kostüm, das die Strähnchen in ihrem Haar zur Geltung brachte, und einen Schal in Orange-und Brauntönen, der zu ihren Augen passte. Ihre Augen waren sanft und freundlich. Augen, die nicht lügen konnten, dachte er unwillkürlich.
„Und sicher kennen Sie bereits ihre Bürochefin Lindy Matthews“, sagte Senator Adams. Prompt kehrten Jasons Vorsicht und seine Panik zurück.
Meinte Adams, dass Jason und Lindy einander kannten oder dass sie sich vermutlich schon begegnet waren? Jason versuchte Lindys Blick zu deuten. Natürlich sah sie wunderbar aus. Aber ihr schlaffer Händedruck und ihr ausweichender Blick ließen ihn überlegen, ob sie vielleicht etwas gesagt hatte. Womöglich wurde er als Einziger gefeuert.
Der Senator bestellte einen Whiskey mit Eis. Das war normalerweise ein weiteres Warnsignal für Jason, denn wenn der Senator trank, musste Jason jedes seiner Worte kontrollieren.
Aber ein Cocktail zum Lunch hatte nichts zu bedeuten. Sofort verstand Jason, dass der Senator etwas vorhatte. Und der Cocktail war so eine Art Zielwasser.
Noch bevor die Vorspeisen serviert wurden, kam Adams zur Sache.
„Shirley, ich weiß ja, dass Sie genauso für Indiana streiten wie ich für Florida.“ Während er sprach, rückte er nacheinander Teller, Gläser und Besteck vor sich zurecht. Das kannte Jason schon von anderen Gelegenheiten, und es erinnerte ihn an einen Schachspieler, der seine Figuren ausrichtet, oder einen General, der seine Truppen anordnet.
„Als Florida zwei Jahre nacheinander von Hurrikans heimgesucht wurde und wir viele Brücken reparieren und erneuern mussten, waren uns die Expertenteams von Konstruktionsfirmen aus Indiana eine große Hilfe.“
Jason zuckte innerlich zusammen. Er hätte anders angefangen und musste überlegen, ob der Whiskey vielleicht nicht der erste Alkohol des Senators an diesem Tag war. Wenn Jason sich richtig erinnerte, waren die Verträge mit diesen Konstruktionsfirmen erst geschlossen worden, nachdem die Senatorin für ein umstrittenes Waffengesetz gestimmt hatte, das von Adams mit eingebracht worden war. Sie hatte nicht um eine Gegenleistung gebeten, aber trotzdem erinnerte sich Jason nur zu gut, dass Senator Adams die millionenschweren
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