Organic
Tisch am Fenster des Flughafenrestaurants. Nach einem kurzen Blick auf die Uhr holte er seinen Computer heraus. Qasims Flug aus Chicago war demnächst fällig, und eine Stunde danach würde Khaled aus Baltimore eintreffen. Er würde wie geplant auf sie warten. Drei Männer aus dem Mittleren Osten erregten Aufsehen, wenn sie zusammen reisten. Drei Männer aus dem Mittleren Osten, die in einem Flughafenrestaurant zusammen aßen, fielen erheblich weniger auf.
Abda schaltete seinen Computer ein und stellte mit einem Kabel eine Verbindung zum externen Laufwerk her, das er in einer der vielen Taschen seiner Cargoshorts verstaut hatte. Hätten die Sicherheitsleute vom Flughafen den Computer konfisziert, so hätte er zumindest die Daten noch gehabt. Dann rief er einen Dateiordner namens CatServ auf.
Vor einer Woche hatte der blonde junge Mann einen Briefumschlag auf dem Rücksitz seines Taxis hinterlassen. Der Umschlag enthielt drei Plastikausweise, von denen jeder einzelne mehr wert war als ein Sack Gold. Sie waren auf drei Mitarbeiter einer Cateringflrma ausgestellt und trugen keine Fotos. Das war auch gar nicht nötig, weil sie etwas Besseres hatten: Auf der Rückseite prangte auf jedem der drei Ausweise ein kleiner Strichcode in einer Spezialtinte, die sie laut Khaled anderen staatlichen Dokumenten ähnlich und fast unmöglich zu kopieren machte. Was außerdem bedeutete, so Khaled, dass jeder Mitarbeiter bereits einen Sicherheitscheck durchlaufen hatte.
Abda klickte sich durch den Ordner, bis er die Datei gefunden hatte, die er suchte: eine Seite der Website der Cateringfirma. Er wollte nur einen Blick auf die Uniformen der Firma werfen. Er hatte bereits drei Eintrittskarten für das Galabankett. Er wusste nur noch nicht, was er anziehen sollte.
55. KAPITEL
Der Wagen sah ein bisschen wie ein Panzer aus, riesig und armeegrün, auch wenn Miss Sadie die Farbe Shenandoah-Grün nannte. Sabrina hatte die alte Dame noch nie fahren sehen. Aber wenn sie darüber nachdachte, hatte sie sowieso noch nicht viel anderes von ihr gesehen, es sei denn, sie puzzelte auf ihrer Terrasse herum. Von der Existenz des Autos, das in Miss Sadies Garage unter einer Abdeckung versteckt war, hatte Sabrina nicht einmal etwas geahnt.
Sabrina verstaute die wenigen Sachen in dem Wagen, die sie in der kurzen Zeit hatte zusammensuchen können. Sie schätzte, dass in spätestens einer Stunde die Polizei oder ihr verhinderter Mörder ihr Häuschen gefunden haben würden.
Das Auto besaß einen riesigen Kofferraum. Und riesig war auch die Rückbank, auf der Miss Sadie eine bunte Decke ausgebreitet hatte. Daneben standen drei Plastiktüten mit Pullovern und Decken. Sie erklärte Sabrina, sie solle sich unter der großen Decke verstecken, falls sie angehalten würden. Die Polizei würde es dann für einen Haufen alter Kleidung halten. Es klang ein bisschen so, als hätte Miss Sadie schon öfter mit der Polizei zu tun gehabt. Während sie sprach, klang ihre Stimme gleichmütig und beruhigend. Bei ihr hörte sich das Unternehmen eher nach einem Sommerausflug an als nach einer überstürzten Flucht in allerletzter Minute.
Miss Sadie konnte über das große Lenkrad kaum hinwegsehen. Neben ihr und der Kühlbox saß Lizzie. Sabrina hatte die beiden dicken Kissen gesehen – eins für Miss Sadie und eins für Lizzie. Der Art nach zu urteilen, wie Lizzie es sich in ihrer Ecke bequem machte, war dieser Ausflug nicht der erste, den die beiden gemeinsam unternahmen.
Obwohl die Fenster heruntergelassen waren, war die Luft im Auto unerträglich stickig. Es gab keine Klimaanlage, kein Radio, aber die sauberen Sitze rochen wie neu, und der Motor sprang sofort an.
„Der Mann von Miss Emily hat diesen Wagen 1947 fabrikneu gekauft, obwohl er gar nicht gern Auto fuhr“, erzählte Miss Sadie, ohne Sabrina anzusehen. Sie hatte beide Hände am Lenkrad und sprach lauter als sonst, um den Motor und den Wind, der durch die Fenster pfiff, zu übertönen.
„Ich habe bei Miss Emily angefangen, als ich zwanzig war. Ein paar Jahre später, gleich zu Anfang des Koreakrieges, wurde ihr Mann mit seinem Kampfflieger vermisst. Sie ist nicht oft mit diesem Auto gefahren, aber sie wollte es auch nicht verkaufen. Und sie hat mir das Versprechen abgenommen, es ebenfalls nie wegzugeben.“
Miss Sadie sah Sabrina durch den Rückspiegel an. „Ich habe gut für Miss Emily und ihre Mädchen gesorgt. Drei wunderschöne Mädchen, heute allesamt gut etabliert und erfolgreich. Gelegentlich
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