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Organic

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Titel: Organic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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entfernt bog er auf den Parkplatz eines Supermarktes ein. Am Flughafen war er so sauer gewesen, dass er auf dem Langzeitparkplatz einen billigen Taurus geklaut hatte, dessen Tank nicht mal mehr viertelvoll gewesen war.
    Leon tankte und zahlte mit der Kreditkarte, die der Idiot von Eigentümer im Handschuhfach vergessen hatte. In diesem Moment fiel ihm ein, dass er der State Patrol etwas voraus hatte – noch. Wenn diese Galloway irgendwo hingefahren war, dann wohl am ehesten zu ihrem Vater. Ob noch ganz richtig im Oberstübchen oder nicht, Leon kannte die eine oder andere Methode, etwas aus jemandem herauszubekommen.
    Da würde er gleich morgen als Erstes hinfahren. Aber erst mal machte er sich auf die Suche nach einem teuren Hotel. Er würde sich was aufs Zimmer bestellen und vielleicht etwas Pay-TV schauen. Es gab ja keinen Grund, eine fremde Kreditkarte nicht ein bisschen zu strapazieren.

57. KAPITEL
    Die Erschöpfung und das gleichmäßige Dröhnen des Studebakers ließen Sabrinas Augen immer wieder zufallen. Miss Sadie bestand darauf, dass sie sich zurücklehnte und ein wenig schlief, wo sie doch hellwach war und kein Problem hatte, nachts zu fahren. Also versuchte Sabrina ein wenig zu dösen, während ihr Unterbewusstsein die Ereignisse der letzten Tage noch einmal durchging. Es war wie eine Serie von Videoclips, von Erinnerung über Realität zu Einbildung. Und gleich würden alle drei miteinander verschmelzen.
    Als Sabrina Musik vernahm, dachte sie einen Moment, sie müsse sich verhört haben, weil das Auto gar kein Radio besaß. Aber dann merkte sie, dass es Miss Sadie war, die leise vor sich hin summte. Die Melodie war irgendwie vertraut und beruhigend, wie eine Mutter, die die Stirn ihres Kindes liebkost und ihm übers Haar streicht. Schließlich gab Sabrina nach und machte es sich auf dem Rücksitz bequem. Die Decke roch gut, wie frisch von der Wäscheleine, und erinnerte Sabrina daran, wie ihre Mutter mitten in Chicago zehn Stockwerke über dem tosenden Verkehr Wäsche auf dem Balkon hatte trocknen wollen. Mit dreizehn hatte es sie schockiert, nach der Schule nach Hause zu kommen und zu sehen, dass ihre Mutter die Unterwäsche der gesamten Familie aller Welt präsentierte. „Aber sie riecht dann so gut“, hatte die Mutter ihr erklärt. Einen Monat später fand ihr Vater ein hübsches kleines Haus in der Vorstadt, mit Garten und Wäscheleine – den Blicken anderer entzogen. Sabrina fragte sich, ob ihr Vater sich ähnlich unwohl gefühlt hatte, als seine Unterhosen hoch über den Straßen von Chicago wehten.
    Sie erschrak beim Gedanken an ihren Vater und kämpfte gegen den nahenden Schlaf an. Sie setzte sich so plötzlich auf, dass selbst Miss Sadie erschrak.
    „Alles in Ordnung, meine Liebe?“
    „Ich musste gerade an meinen Vater denken“, erwiderte Sabrina, und Miss Sadie nickte.
    Sabrina rieb sich den Schlaf aus den Augen. Das Haar klebte an ihrer Stirn und im Nacken. Sie kurbelte das hintere Seitenfenster herunter und konnte das Salzwasser riechen. Irgendwo jenseits der tiefschwarzen Nacht lag die Golfküste.
    „Wir müssen demnächst tanken“, bemerkte Miss Sadie ruhig. „Aber keine Bange, niemand folgt uns.“
    Sabrina drehte sich um und sah aus dem Rückfenster. Die meisten Autos hatten sie längst überholt, weil Miss Sadie entschlossen unter der Höchstgeschwindigkeit blieb. Erst ganz hinten konnte Sabrina den blassen Schein von Scheinwerfern erkennen. Sie hatte nicht einmal daran gedacht, dass ihnen jemand folgen könnte. Aber wenn ihr Unfall gar kein Unfall gewesen war, dann musste ihr jemand von Chattahoochee gefolgt sein. Wieder dachte sie an ihren Vater. Wenn jemand in der Lage war, sie von der Straße abzudrängen und in einen Wassertank zu stoßen, war er dann auch fähig, ihrem Vater etwas anzutun?
    „Sie haben noch nichts gegessen, meine Liebe. Möchten Sie vielleicht ein Sandwich?“
    „Nein, vielen Dank.“ Sabrina beugte sich vor und legte ihre Arme auf die Lehne des Vordersitzes, sodass sie den frischen Zitronengeruch im Haar der alten Dame riechen konnte.
    „Ich sollte meinen Dad anrufen ... oder das Krankenhaus.“
    Miss Sadie schaute sie im Rückspiegel an, und ihre Blicke trafen sich. „Haben Sie Angst, dass man ihm ihretwegen etwas antun könnte?“
    „Um mich zu finden, ja.“ Sabrina zögerte, weil sie es nicht aussprechen mochte, als könne die Gefahr dadurch real werden. „Mein Unfall gestern ...“
    „... war kein Unfall“, ergänzte Miss

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