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Organic

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Titel: Organic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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gebeten, ein Auge auf sie zu haben, wenn sie ankamen, aber als Eric gefragt hatte, wonach genau er Ausschau halten sollte, hatte Howard nur mit den Schultern gezuckt und gesagt: „Du wirst es ganz sicher wissen, wenn du sie siehst.“
    Er mochte Howard. Und das hatte er gar nicht erwartet. Es war ihm auch nicht wirklich recht. Er war Chefs gewohnt, die ihre Autorität permanent heraushängen ließen, die es genossen, anderen Anweisungen zu geben. Aber das war definitiv nicht Howards Sache. Er besaß noch immer die entspannte Haltung des Surferboys, der er vor Jahren einmal gewesen war. Er schien völlig zufrieden, hatte genug Geld verdient und genoss das nun auf seine einfache, ganz eigene Weise. Dazu gehörte es, nach Belieben zu arbeiten und den Laden zuzumachen, wenn ihm danach war. Eric suchte immer noch nach einem Schwachpunkt, weil er dachte, jeder Vietnamveteran müsse ein Trauma in sich tragen, wenn auch vielleicht ganz tief unter der Oberfläche. Aber er hatte nichts gefunden. Nicht einmal eine Ahnung davon. Manchmal wäre es Eric lieber gewesen, Howard würde ihn nicht so gut behandeln. Das hätte jedenfalls seine Aufgabe leichter gemacht, wegen der er hier war.
    Das Geräusch hörte Eric, bevor er es zuordnen konnte. Das Schaben und Poltern kam von hinter dem Haus, in dem Howards Laden untergebracht war, wo man alles fürs Tiefseefischen kaufen konnte. Zum Wasser hin gab es eine Strandpromenade mit ein paar Bistrotischen und Stühlen, die den Laden von den Anlegestellen abtrennte. Daneben war eine Austernbar und um die Ecke eine steile Treppe, die zu Erics Wohnung führte. Danach kam nur noch der eingezäunte Platz für die Müllcontainer, und von dort kam das Geräusch.
    Er sah eine Hand im gelben Gummihandschuh, die sich von innen um den Rand der Luke eines Containers legte. Und er hörte, wie Müll innen gegen das Metall geschlagen wurde. Ein Teil eines geschorenen Kopfes tauchte auf und verschwand ebenso schnell wieder, eine weitere gelb behandschuhte Hand erschien. Dann quietschte das Metall ein bisschen, und Eric hörte wieder das Schaben und Poltern, als die Füße nach Halt suchten und sich jemand an den Händen herauszog.
    Der junge Mann schob sich in dem Container nach oben, bis er hinaussteigen konnte. Dabei hielt er sich mit dem Oberkörper gerade, schwang ein Bein nach draußen und hievte sich über den Rand der Tonne wie ein Turner am Reck. Schließlich schwang er auch das andere Bein hinaus und landete ziemlich geschickt auf den Füßen, wobei ihn seine nippen Boots nicht weiter störten. Er streifte die gelben Handschuhe ab, schob die Schutzbrille auf die Stirn und nahm den Atemschutz vom Gesicht. Abgesehen von dem merkwürdigen Aufzug und den leuchtend gelben Gummihandschuhen sah der Mann aus wie ein Collegestudent. Er durchsuchte die tiefen Taschen seiner Cargohose und bemerkte erst dann, dass er nicht allein war.
    „Oh, hallo Eric.“
    „Wie sieht’s aus, Russ?“
    „Eine Goldader.“ Er grinste und zeigte Eric ein Bündel nasser, verdreckter, ungeöffneter Briefumschläge. „Eine wahre Goldader.“ Er zeigte auf einen gestreiften vorgedruckten Briefumschlag. „Bevorzugter Kreditkartenkunde“, las er Eric vor. „Du weißt, was das bedeutet.“
    Eric wusste es. In dem Umschlag befanden sich vorgedruckte Bankschecks, auf denen die Kontonummer des Kreditkartenbesitzers stand, die nur noch ausgefüllt und mit einer falschen Unterschrift versehen werden mussten. Er wusste das, weil Russ es ihm beigebracht hatte. Der Junge hatte aus dem Wühlen im Müll eine Wissenschaft gemacht.
    Eric wusste auch, dass Russ eine Weile wegen Betrügerei gesessen hatte. Aber niemand hatte Russ deswegen ausgefragt, jedenfalls keiner von den Leuten, die in „Bobbye’s Oyster Bar“ herumhingen. Sie alle hatten irgendetwas auf dem Kerbholz, und das hatte sie hier zusammengebracht. Da fiel ein kleiner Kreditkartenbetrug nicht weiter ins Gewicht, wenn die anderen ganz andere Sünden vorzuweisen hatten. Und zu denen gehörte Eric.

59. KAPITEL
    Washington D. C.
    Während er sich fertig anzog, machte Jason den Fernseher an. Er war an diesem Morgen kurz entschlossen laufen gegangen, anstatt wieder früh im Büro zu sein. Sonst tat er das meist am Abend, aber in letzter Zeit blieb er oft länger im Büro. Es machte ihm nichts aus. Er mochte seinen Job. Aber allmählich bestimmte die Arbeit sein Leben doch ein wenig zu sehr.
    Während er die Krawatte band, hielt er inne und sah sich in seinem kleinen Apartment

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