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Organic

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Titel: Organic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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türkisgrüne Bucht und der strahlend weiße Sand. Miss Sadie war mit dem Studebaker auf den Parkplatz eines Restaurants gefahren. Auf der einen Seite des Himmels ging gerade die Sonne auf, während auf der anderen noch strahlend hell und fast voll der Mond zu sehen war. Es war die Tageszeit, die ihre Mutter immer die magische Stunde genannt hatte. Sie hatte behauptet, dass dann die Musen ihren Pinsel führten oder ihre Hände, die den Ton formten, je nachdem woran sie gerade arbeitete. Sabrinas Vater hatte darüber immer gelacht und gesagt, ihre Mutter sei die einzige Künstlerin, die er kenne, die vor Mittag aufstand. Aber die Obsession oder der Zwang ihrer Mutter – Sabrina war sich sicher, dass ihre Mutter mit ihrem Hang zum Theatralischen es als das eine oder andere bezeichnet hätte – hatte auf sie abgefärbt. Das war die Tageszeit, zu der Sabrina meistens laufen ging, weil sie den Himmel besonders mochte, wenn er von Purpur allmählich ins Blau wechselte. Und es war die Zeit, in der sie denken konnte, ohne dass der Alltag dabei störte.
    Das Restaurant sah geschlossen aus, aber Sabrina roch frischen Kaffee und gebratenen Speck, der durch die Belüftungsklappen seitlich am Gebäude drang. Also hatte sie nicht alles nur geträumt. Auch die schreienden Möwen waren echt.
    Der Duft von Kaffee und süßem Essig erfüllte das Wageninnere. Es roch jetzt stärker. Und das kam ganz sicher nicht nur aus dem Restaurant. Sabrina beugte sich vor und sah, wie Miss Sadie in der Kühlbox herumkramte.
    „Sie müssen Hunger haben, Liebes“, meinte sie und reichte Sabrina ein in Butterbrotpapier eingewickeltes Sandwich mit den süßen Gurken, die Sabrina gerochen hatte. Sie beobachtete, wie die alte Dame mit ihren arthritischen Fingern die Thermoskanne aus Edelstahl öffnete und eine zweite Tasse Kaffee eingoss. Dann nahm sie das Angebotene entgegen, setzte sich zurück und bemühte sich, langsam zu essen, obwohl sie sich kaum zurückhalten konnte. Kein Sandwich hatte jemals so gut geschmeckt.
    Sie saßen getrennt, Miss Sadie und Lizzie vorn, Sabrina auf dem Rücksitz. Sie aßen schweigend und beobachteten die ersten Ankömmlinge am Strand.
    „Ich bin ja nicht mal sicher, ob er wirklich hier ist“, sagte Sabrina schließlich und merkte zum ersten Mal, wie sehr sie hoffte, dass er es war. „Vielleicht ist der ganze lange Weg umsonst gewesen.“
    „Das glaube ich nicht“, erwiderte Miss Sadie, ohne sie anzusehen. „Ich war schon sehr lange nicht mehr an der Küste.“

61. KAPITEL
    Chattahoochee, Florida
    Leon war nicht gerade begeistert, wieder ins Florida State Hospital zu kommen. Das Ding war ihm einfach unheimlich. Da half es nicht gerade, dass hier irgendwo Casino-Rudy war, mit einer Kugel im Kopf, von der bislang alle Welt annahm, er habe sie sich selbst hineingejagt. Als Letztes hatte Leon gehört, dass Rudy bei Bewusstsein war und permanent davon faselte, ein Portier namens Mick sei in sein Hotelzimmer in Biloxi gekommen und habe auf ihn geschossen. Das hielt jedermann für kompletten Unsinn – jeder außer Leon. Wer hätte gedacht, dass ein grauer Overall mit einem Namensschild Leons Arsch retten würde. Bis auf Weiteres zumindest. Wenn er eine Idee gehabt hätte, wie er das unauffällig bewerkstelligen könnte, hätte er auch gleich Rudy endgültig aus dem Weg geräumt, wo er schon mal hier war. Aber bei seiner derzeitigen Pechsträhne forderte er das Schicksal besser nicht noch mehr heraus.
    Er verstand einfach nicht, was eigentlich schiefgelaufen war. Vielleicht hatte die Galloway mitgekriegt, dass es jemand auf sie abgesehen hatte. Aber für Leon ergab es keinen Sinn, wieso sie dann ihre Kollegin hätte vorschicken sollen. Klar, auch Leon hatte schon mit Idioten zusammengearbeitet, die er gern in ein offenes Messer hätte laufen sehen. Sie musste da irgendwo gewesen sein zwischen den verdammten Röhren und Maschinen und dem ganzen Krach.
    Sein Klient hatte ihm mitgeteilt, dass Sabrina Galloways Mitarbeiterausweis um 16.06 Uhr benutzt worden war, um dieselbe Tür zu benutzen, durch die er in das Gebäude gelangt war. Diese Information war an die Polizei weitergegeben worden, um den Verdacht auf sie zu lenken. Leon hatte nicht gefragt, wie sie den Beamten den Zugang mit seinem Ausweis erklärt hatten. Für ihn schien sich niemand zu interessieren. Das war die zauberhafte Welt der Computer, vermutete Leon. Damit konnte man schließlich alles Mögliche anstellen. Vielleicht konnten sie sogar den Zugang mit

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