Orks vs. Zwerge 2 - Fluch der Dunkelheit
die Gefahr, vor der die Knochen gewarnt hatten. Die kommende Dunkelheit, das waren die Geister der Gefallenen selbst, die Seelen all jener, die die Aerc in den vergangenen hundert und mehr Jahren an die Eroberer verloren hatten. Jene, die nie eine Bestattung erfahren hatten, wie sie jedem Aerc gebührt. All die, die nie ihren Platz bei den Ahnen hatten einnehmen können, die Vergessenen. Und die tausend und mehr gefallenen Aerc vor Derok waren der letzte Tropfen in einer ohnehin schon übervollen Schale. Diese Schale war zerbrochen und ergoss sich über die Welt der Aerc. Das war die Dunkelheit, die sich jetzt im Osten über Derok sammelte. Sie waren der Geistersturm, der den Himmel verhüllte und über das Land rasen würde, um alle Geister, die er fand, egal, ob von den Toten oder den Lebenden, zu verschlingen.
Sekesh schnaubte ein freudloses Lachen. Ja, an dieser Stelle sind die alten Krähen in Panik verfallen. Die Krieger sehen es ihnen nicht an, aber ihre Ratschläge und weisen Worte sind nur noch leeres Geschwätz. Was gibt es auch noch zu sagen? Die Dunkelheit und der Sturm werden nicht anhalten, bis sie nicht die letzte Seele aufgesaugt haben. Wie ein Buschfeuer nicht innehält, bevor es nicht den letzten Halm verschlungen hat. Oder wenn es regnet. Aber woher sollten wir einen Regen bekommen, der dem Ende der Welt ein Ende setzt?
Die Drûaka in Derok glaubten einen Weg gefunden zu haben. Sie verbrannten die Toten der Stämme auf den Körpern ihrer Feinde, um so den erzürnten Geistern ein gewaltiges Opfer darzubringen. Das Wichtigste aber waren die Herzen.
Ja, vergiss die Scheiß-Herzen nicht.
Wenn die Welt zu voll mit den Geistern der Gefallenen war, dann war es ein guter erster Schritt, die Krieger, die in Derok ihr Leben gelassen hatten, so schnell wie möglich in das Land ihrer Mütter zu bringen. Dort konnten sie beigesetzt werden und ihren Weg zu den Ahnen antreten. Es musste nur schnell geschehen, befanden die Drûaka. Denn wenn alle Totensprecherinnen der Stämme die richtigen Rituale abhielten, dann wäre es vielleicht möglich, die ruhelosen Geister zu besänftigen. Das zumindest war der Plan, und deshalb waren sie jetzt hier.
Was für ein groshakk Plan. Sekesh sammelte die Knochen vor sich ein. Einen Moment lang kämpfte sie mit dem Impuls, sie noch einmal zu werfen, doch schließlich ließ sie die Runen zurück in ihren Beutel gleiten. Was hat es für einen Sinn? Sie sagen doch dasselbe aus. Weil es nicht funktionieren wird.
»Ich habe es gesehen«, murmelte sie düster vor sich hin. Unbewusst tastete sie nach ihrer Stammesmutter, der kleinen, steinernen Figur, die an einem Lederband um ihren Hals hing. Ihr Ehrenzeichen als vollwertige Schamanin ihres Stamms und das Bindeglied zur Welt der Ahnen. Augenblicklich drang wieder das stimmlose, wortlose Flüstern in ihren Kopf ein, da s Wispern vom Kommen, vom großen Umbruch, vom Ende der Stämme. Es gab keine Stille im Reich der Ahnen, und es gab keine Hilfe von dort. Sie öffnete die Faust und ließ die Figurine wieder in ihr Hemd gleiten. »Ich habe es gesehen«, wiederholte sie. Ja, das hatte sie. In Derok, als sie einem Menschen begegnet waren, der die Stammesmutter eines längst untergegangenen Aercstamms bei sich trug. Sie hatte die Figur berührt, und wie jedes Mal, wenn eine Schamanin zwei Stammesmütter gleichzeitig anfasste, so hatten auch in jenem Moment die Ahnen der Stämme ihr Wissen durch sie hindurch getauscht. Und was sie dabei gefühlt hatte, war kein Zorn gewesen, keine Wut, wie die Totensprecherinnen sagten. Nein, es war Freude gewesen, wilde ungezähmte Freude, die von den Ahnen des alten Stamms aus- und auf ihre eigenen überging. Sie hatte es damals nicht beachtet; der Kontakt der Mütter brachte die seltsamsten Gefühle hervor. Doch im Rückblick war sie sich fast sicher, dass in diesem Moment etwas erwacht war. Etwas, das seinen Blick nach Westen richtete. Nach Westen, wohin jetzt auch sie gingen; dorthin, wohin auch der Sturm zog. Sekesh war sich ziemlich sicher, dass sie einen Anteil daran hatte. Nichts, was man vor den übrigen Urawi laut sagen sollte. Wirklich nicht. Sie wischte sich über das Gesicht und sah auf.
Erst jetzt entdeckte sie, dass der Menschenjunge Navorra sie musterte, und für einen Moment glaubte Sekesh beinahe, so etwas wie Begreifen in seinen wässrigen Augen zu entdecken. Gerade so, als habe er die Worte in ihrem Kopf hören können.
Allerdings war es wesentlich wahrscheinlicher, dass sie
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