Orks vs. Zwerge
Händen. In einem ehrlichen Zweikampf hätten sie gegen die Waffen der Dalkar nicht viel ausrichten können. Aber sie sahen nicht so aus, als würden sie sich auf so etwas einlassen. Selbst wenn die Dalkar hier lebendig wieder herauskämen, hätten sie sicherlich einen hohen Preis dafür zu bezahlen.
Eine klare, helle Stimme übertönte den Lärm. »Cryn!«
Der Wolfmann drehte den Kopf und senkte das Schwert.
Die Menge teilte sich, und ein kleiner Junge trat zwischen den Menschen hindurch. Er war mager und hatte ein nichtssagendes Gesicht, das die Menschen vielleicht als hübsch bezeichnen würden. Am Leib trug er ein zerschlissenes Hemd, das irgendwann einmal recht teuer gewesen sein musste. Reste von Spitzenbesatz waren am Halsausschnitt und an den Ärmeln zu erkennen. Um den Hals trug er eine Kette, von der ein schwerer goldener Siegelring herunterbaumelte.
Leichtfüßig sprang er auf die Plattform, trat an dem Wolfmann vorbei und lümmelte sich auf den dritten Stuhl, das eine Bein locker über die Armlehne geschwungen. Erwartungsvolles Schweigen legte sich über die Menge.
Der Blick des Jungen wanderte über die Dalkar hinweg, wobei er etwas länger auf Stein verharrte. »Ihr seid eine seltsame Gruppe«, stellte er fest. »Nicht wie die anderen Zwerge. Seid ihr gekommen, um euch uns anzuschließen?«
»Sie haben Veyd gejagt!« Die Stimme des Wolfmanns dröhnte durch den Keller.
»Wirklich?« Der Blick des Jungen glitt über die Menge, bis er den Echsenmann fand. »Wieso das denn?«
»Sie haben Konrad und den Riesen getötet.« Der Echsenmann senkte den Kopf und leckte sich über die Zahnstummel. »Drüben in der Seegarngasse. Und dann wollten sie mich holen. Aber ich bin aus dem Fenster gesprungen und konnte entkommen. Hab mir das Bein dabei verletzt, aber die Stumpen sind glücklicherweise nicht sehr schnell.«
Der Junge musterte den Echsenmann mit ausdruckslosem Gesicht. »Warum? Was ist passiert, Veyd?«
»Haben sie beim Plündern erwischt, die Drecksstumpen.«
»Eine Lüge!«, donnerte Beryll und hob seinen Schlachtenhammer. »Dafür spalte ich dir den Schädel, du Hund!«
Doch Glond hielt ihn schnell zurück. »Wir haben ihn und seine Freunde beim Plündern überrascht. Sie haben einen alten Mann getötet, und der dort hat mich mit einem Messer angegriffen. Wir fordern nur Gerechtigkeit.«
Der Echsenmann stieß abschätzig die Luft aus. »Gerechtigkeit. Lächerlich! Er dreht mir die Worte im Mund herum. Ihr wollt doch wohl einem Zwerg nicht mehr glauben als einem von euch.«
Der Junge legte den Kopf schräg. »Ich weiß nicht. Bislang glaube ich noch gar nichts.«
»Zwerge sind bekannt für ihren Jähzorn«, gab der Wolfmann zu bedenken. »Denen rutscht schnell mal die Waffe aus. Und Veyd hat recht: Wieso sollten wir einem von ihnen glauben? Sie halten uns unten und zwingen uns ihre Gesetze auf. Aber wenn einem von uns Unrecht geschieht, dann gelten die gleichen Gesetze einen Scheiß.«
»Ich lebe und arbeite im Handwerkerviertel«, entgegnete Glond. »Ich richte mich nach den dort geltenden Gildengesetzen. Ich bin nicht anders als ihr.«
Sein letzter Satz rief Erheiterung unter den Menschen hervor.
Aber ein alter Mann trat nach vorn und deutete mit ernster Miene auf Glond. »Der kleine Mann sagt die Wahrheit. Er wohnt drüben im Gesellenhaus. Hat voriges Jahr meinem Schwager das Dach über dem Kopf geflickt und dem alten Sewfrid beim Steineschleppen geholfen. Ein guter Mann. Versteht sein Handwerk. Dafür kann ich mich verbürgen.«
Der Junge nickte. Ein Funkeln trat in seine Augen. »Hörst du das, Veyd? Der Zwerg hat einen Fürsprecher. Hast du denn auch jemanden, der für dich spricht?«
Der Echsenmann fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Konrad und der Riese würden für mich sprechen. Aber die Zwerge haben beide erschlagen.«
»Das ist schade. Aber so ist das nun mal. Ist hier noch jemand, der für dich sprechen würde?« Der Junge blickte sich mit hochgerecktem Kinn im Raum um. Glond gewann beinahe den Eindruck, dass er amüsiert schien. »Niemand? Wie es scheint, hast du nicht viele Freunde, die die Hand für dich ins Feuer legen würden, Veyd. Das spricht nicht unbedingt für dich.«
»Das braucht es nicht«, zischte der Echsenmann. »Das sind verdammte Zwerge. Ihr Wort gilt nichts in den Straßen.«
»Da hast du vermutlich recht. Hier draußen gelten andere Regeln. Aber zumindest gilt das Wort des Alten. Und damit steht es Wort gegen Wort.«
»Und was willst du damit
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