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Orphan 1 Der Engel von Inveraray

Orphan 1 Der Engel von Inveraray

Titel: Orphan 1 Der Engel von Inveraray Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karyn Monk
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das Kind unterm Herzen und die Kleider, die sie am Leib trug."
    „Es war ein ziemlicher Skandal seinerzeit", fügte Eunice hinzu und legte weitere Haferkuchen auf das Backblech. „Ganz Inveraray sprach von nichts anderem.
    Natürlich wollte kein ehrbarer Haushalt das arme Mädchen mehr einstellen. Also ging sie fort. Die meisten Leute dachten, sie hätte eine Familie, zu der sie gehen konnte, doch wenn es so war, ließ diese sie nicht lange bleiben, denn einige Wochen darauf war sie zurück, rund wie eine Melone, ohne Arbeit und ohne Geld. Schließlich stahl sie ein paar Äpfel und ein Brötchen und wurde dafür zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt."
    Haydon blieb der Bissen im Halse stecken, so entsetzt war er. „Sie haben ein schwangeres Mädchen in den Kerker geworfen, weil es ein paar Äpfel gestohlen hat?"
    „Da fragt man sich, was die Gerechtigkeit nennen, nicht wahr, junger Freund?"
    Oliver schüttelte angewidert den Kopf.
    „Was geschah dann?"

    „Nun, Cora wusste, dass Miss Genevieve ein gutes Herz hat, und ließ ihr eine Nachricht zukommen", fuhr Eunice fort. „Und als Miss Genevieve sie aufsuchte, flehte Cora sie um Vergebung an und fragte, ob sie sich des Kindes annehmen könne, wenn es auf der Welt sei."
    „Wie konnte Genevieve das Kind zu sich nehmen, wo sie doch vom Wohlwollen ihrer Stiefmutter abhängig war?" erkundigte sich Haydon.
    „Sie konnte es nicht. Und genau das sagte sie auch der unglücklichen Cora. Miss Genevieve war damals knapp achtzehn Jahre alt und mit dem Earl of Linton verlobt.
    Ihr Vater hatte die Verbindung vor seinem Tode arrangiert, und da er glaubte, ihre Zukunft sei gesichert, unterließ er es, ihr Geld zu vermachen. Er vererbte ihr dieses Haus, ein paar Gemälde und dergleichen - vielleicht in der Hoffnung, es würde später seinen zukünftigen Enkelkindern zugute kommen. All sein Geld erbte Miss Genevieves Stiefmutter."
    „Miss Genevieve erklärte Cora, dass sie ihr helfen würde, eine Anstellung zu finden, sobald sie aus dem Gefängnis entlassen sei", berichtete Oliver. „Dann könne Cora arbeiten und sich selbst um das Kind kümmern."
    „Vergessen Sie nicht, dass Miss Genevieve damals noch sehr jung war und keine Vorstellung davon hatte, wie hart das Leben der einfachen Leute ist", sagte Doreen, um ihre Dienstherrin in Schutz zu nehmen. „Und sie hatte auch keine Ahnung davon, wie viel Arbeit so ein Kind macht. Sie dachte wohl, es schliefe den ganzen Tag, während Cora ein paar einfache Hausarbeiten erledigte."
    „Doch als Miss Genevieve sie das nächste Mal besuchen kam, musste sie feststellen, dass die arme Cora in ihrer Zelle gestorben war, als sie das Kind zur Welt gebracht hatte." Oliver hielt einen Augenblick inne. „Der Wärter erklärte ihr, der Bankert sei ein kränklicher Wurm, der die Nacht nicht überleben würde, wodurch ihnen die Mühe erspart bliebe, ihn ins Waisenhaus zu bringen, wo er ohnehin sterben würde.
    Miss Genevieve verlangte, das Kind zu sehen. Als man ihr den winzigen Jamie zeigte, nahm sie ihn auf den Arm und verkündete: ,Dies ist mein Bruder, und ich werde ihn mit nach Hause nehmen." Olivers faltiges Gesicht leuchtete vor Freude, als stelle er sich die Szene gerade vor.
    „Was hat ihr Verlobter dazu gemeint?" wollte Haydon wissen.
    „Zunächst glaubte er, sie sei von irgendeinem weiblichen Leiden befallen worden, das ihr den Verstand geraubt hatte", antwortete Doreen verächtlich. „Die Trauer um ihren Vater habe sie wohl verwirrt. Er ließ einen Doktor aus Edinburgh kommen, der sie untersuchen und heilen sollte. Nach einer Woche präsentierte der Arzt Seiner Lordschaft eine saftige Rechnung und erklärte ihm, dass es seiner Verlobten an nichts fehle. Sie sei nur, wie alle jungen Mütter, sehr müde."
    Eunice kicherte. „Er empfahl dem Earl sogar dringend, auf der Stelle jemanden anzustellen, der ihr bei der Kinderbetreuung zur Hand gehen sollte, da sie über den Umgang mit Säuglingen offenbar nur das wusste, was er, der Arzt, ihr beigebracht hatte."
    Haydon lächelte unwillkürlich. In dem Augenblick, als sie wie ein zorniger Engel in seiner Zelle aufgetaucht war, hatte er gewusst, dass Genevieve eine ungewöhnlich starke und entschlossene Frau war. Dennoch zeugte die Tatsache, dass eine junge, unerfahrene Adlige ohne eigenes Einkommen gegen den Widerstand ihrer Stiefmutter und ihres Verlobten ein uneheliches Kind zu sich nahm, von bemerkenswertem Mitgefühl und Mut. „Und hat der Earl jemanden eingestellt?"
    „Nein."

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