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Ort der Angst (German Edition)

Ort der Angst (German Edition)

Titel: Ort der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mala Wintar
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Strauchwerk auf. Die Bruchstellen der Pflanzen wiesen bereits braune Verfärbungen auf, stammten also nicht von der Machete des Chicleros. Dieser Umstand bestärkte Oliver in der Hoffnung, dass sie sich auf dem richtigen Weg befanden.
    Vater muss hier entlanggekommen sein!
    Ein Klatschgeräusch ertönte und Melanie stieß einen Schrei aus. Tlacaelel hielt sofort an, um nach ihr zu sehen. „Sind Sie von einer Schlange gebissen worden?“
    „Nein! Es war nur ein Moskito! Das Drecksvieh hat mich mitten ins Gesicht gestochen!“
    „Das ist sehr traurig!“, feixte Anna. „Möchtest du umkehren und eine Tour durch das Schmetterlingsgehege wagen, von dem Robert gestern gesprochen hat?“
    Melanie traute ihren Ohren nicht. Auch Oliver tat sich mit diesem für Anna so untypischen Verhalten schwer. Gab es einen Streit, von dem er nichts wusste? Selbst Melanie hatte ihn bei seiner Rückkehr letzte Nacht überrascht. Sie machte ihm weder eine Szene, noch wollte sie den Grund seiner Abwesenheit wissen. Oliver musste ihr diese Information förmlich aufdrängen. Ihre anschließende Reaktion, sich auf die ihm abgewandte Seite zu wälzen und noch länger zu schlafen, verletzte ihn. Immerhin ging es um seinen Vater! Oliver war überzeugt, dass mit seinen Freunden etwas nicht stimmte. Gereizt wandte er sich an Melanie. „Wenn du wegen jedem Insekt, das hier rumschwirrt, so ein Geschrei machst, kommen wir nie an! Wozu gibts schließlich Mückenschutz?“ Misstrauisch begann er sie zu mustern. „Womit hast du dich eingeschmiert?“
    „Na jedenfalls nicht mit dem stinkenden Zeug, das du mir gegeben hast!“, sagte sie ausweichend und beobachtete den nächsten Blutsauger im Landeanflug.
    Sichtlich um Geduld bemüht, holte Oliver eine Flasche aus seinem Rucksack und drückte sie seiner Freundin in die Hand. „Nimm es, oder lass es!“
    Melanie schraubte den Deckel ab, schnupperte und schnitt eine Grimasse. Widerwillig tröpfelte sie die Lotion auf ihre Haut und rieb sich damit ein.
    Das Gelände stieg an. Hitze und Luftfeuchtigkeit machten ihnen allen zu schaffen. Auch Tlacaelel ging nun langsamer. Unvermittelt hielt er an und deutete nach vorne. „Dort! Das muss es sein!“
    Vor ihnen ragte ein komplett von Bäumen und Schlingpflanzen bedeckter Hügel auf. Zielsicher überwand der Chiclero den Rest der Strecke bis hin zu einer Stelle, an der Teile der Vegetation entfernt worden waren. Tlacaelel zog die noch verbliebenen Ranken wie einen Vorhang zur Seite. Geröllbrocken und Reste alten Mauerwerks lagen vor dem Eingang herum. Dahinter führte ein Tunnel weiter in den Hügel hinein. „Und nun?“
    Oliver öffnete seinen Rucksack erneut und holte Taschenlampen heraus. „Sehen wir uns das Ganze doch mal von innen an! Wer ist dabei?“
    Robert schaltete seine Lampe ein und äugte in den Durchgang. Die herumliegenden Steine wurden eindeutig von Menschenhand bearbeitet. Das hier war kein natürlich gewachsener Erdhügel. „Nach einer normalen Touristenattraktion sieht das tatsächlich nicht aus. Sind wir die Ersten hier?“
    „Zumindest mein Vater war schon da!“
    „Sie wollen tatsächlich hinein? Ich kenne diesen Ort nicht. Es könnte gefährlich sein!“, gab Tlacaelel zu bedenken. „Ihr Vater würde das nicht gutheißen!“
    „Er ist nicht hier!“, schnitt Oliver ihm das Wort ab. „Kommen Sie mit oder nicht?“ Seine Stimme klang energischer, als beabsichtigt. Mit seinem Verhalten riskierte er, dass der Chiclero ihn für einen Idioten hielt. Aber nach den ganzen Strapazen einfach nur das Päckchen zu deponieren und wieder zu verschwinden, kam nicht in Frage! Wie stand er dann vor den anderen da?
    Robert nickte anerkennend. „Ich muss sagen, du gefällst mir immer besser!“ Mit eingezogenem Kopf betrat er die Ruine als Erster. Die anderen folgten. Oliver blickte noch einmal über seine Schulter zurück. Tlacaelel stand mit verschränkten Armen im Licht des nachmittäglichen Dschungels und sah ihnen nach.

 
     
    Kapitel 25
     
    Xaman legte die Utensilien für das Ritual zurecht und erinnerte sich daran, wie er einst als Priester zur Elite des stolzen Volkes der Maya gehört hatte. Wie lächerlich einfach war es damals für ihn gewesen, den Körper seines Gottkönigs gegen den eines Doppelgängers auszutauschen und durch einen Geheimgang fortzuschaffen. Im Stillen einen Mann suchen zu lassen, der Ek Balam fast aufs Haar glich und dessen Leiche unbemerkt in den Palast zu schleusen, war der schwierigste Teil in Xamans Plan

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