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Ort der Angst (German Edition)

Ort der Angst (German Edition)

Titel: Ort der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mala Wintar
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Oliver Paul Sandners Sohn war, sagte er sofort zu und weigerte sich strikt, Geld für seine Mühen anzunehmen.
    Ihr wollt ein Abenteuer? Das könnt ihr haben, dachte Oliver und sprang auf die Ladefläche des Gefährts. Sogar Robert zeigte sich beeindruckt, als sie ihre Plätze einnahmen.
    Der Tag versprach, fabelhaft zu werden. Nach ein paar kräftigen Regenschauern in den frühen Morgenstunden erstrahlte der Himmel in azurnem Blau. Oliver verschränkte die Hände hinter dem Nacken und genoss die Fahrt. Sobald er an seinen Vater denken musste, beschwichtigte er seine Sorge mit dem Gedanken, dass der Arzt ihm versichert hatte, es werde dem Patienten schon sehr bald bessergehen.
    Es dauerte nicht lange und der Pickup tauschte die befestigte Straße gegen einen schlammlöchrigen Dschungelpfad. Bei einem besonders tiefen Loch machte der Wagen einen derartigen Hüpfer, das Olivers Zähne aufeinanderschlugen, blieb aber kein einziges Mal stecken. Anna sagte kein Wort. Ihr Gesicht nahm allmählich wieder dieselbe Färbung an, wie schon bei ihrer Anreise mit dem Bus am Vortag.
    Vom Zirpen der Insekten untermalt, erfüllten die Rufe von tropischen Vögeln und Affen die schwülwarme Luft. Ständig schlugen Zweige klackernd gegen die Seiten, streiften herabhängende Lianen das Fahrzeugdach und erzeugten kreischende Geräusche auf dem Metall. Plötzlich stoppten sie. Tlacaelel stieg aus und schlug die Wagentür zu.
    „Wir haben Glück, dass keine Bäume im Weg lagen. Endlich ein gutes Omen! Ich bin froh, aus der Stadt raus zu sein!“
    „Ist etwas passiert?“, wollte Anna wissen.
    Der Chiclero nahm seinen Hut ab und blickte ernst zu Boden. „Haben Sie nichts von den Vorkommnissen der letzten Nacht mitbekommen? Schon den ganzen Morgen spricht man im Ort von nichts anderem!“
    „Sie meinen den Día de los Muertos?“
    „Nein! Menschen verloren ihr Leben! Eine Frau und ihr Kind wurden ermordet! Und im Museum hat ein Verrückter einen Wachmann getötet. Eine Sicherheitskamera hat alles aufgezeichnet! Vielleicht war es beide Male sogar derselbe Mann. Die Polizei will nichts Genaues sagen.“ Die jungen Leute lauschten gebannt. „Das war aber noch nicht alles. Die Mumie des Gottkönigs, er hat sie verbrannt. Die Polizei fand nur noch ein Häuflein Asche vor.“
    Angewidert verzog Melanie das Gesicht. „Das ist abartig!“
    Tlacaelel lächelte freudlos. „Abartig ist das richtige Wort dafür. So wie das, was er dem Wachmann angetan hat. Es heißt, er habe ihm die Gesichtshaut abgezogen!“

 
     
    Kapitel 23
     
    Schweiß floss in Strömen über Miguels Brust, als sich die Muskeln seiner Arme unter Schmerzen spannten, um den Vorschlaghammer ein weiteres Mal gegen die Steinplatte in der Wand zu schmettern und Schutt auf die zerbrochenen Siegel am Boden regnen zu lassen.
    Staubpartikel wirbelten durch die ohnehin stickige Luft und erschwerten das Atmen noch mehr. Auch die Leuchtkraft der Petroleumlampe ließ nach. Miguel bemerkte von alledem nichts. Seit der Stein seine Augenhöhle ausfüllte, existierte sein Wille nur noch als leises Wimmern in einer dunklen Ecke seines Bewusstseins. Bald würde auch das verstummen. Dieser Körper mitsamt seinen Erinnerungen gehörte nun einem anderen.
    Xaman betastete das Gewebe, das den Stein umgab. Das wunde Fleisch war geschwollen und nässte. Doch das spielte keine Rolle. Diese sterbliche Hülle musste ihren Zweck erfüllen. Alles andere war unbedeutend. Auf gewisse Weise hieß er den Schmerz sogar willkommen. Immer noch besser, als jahrhundertelang im Nichts ausharren zu müssen.
    Miguel hatte versucht, gegen Xamans Willen anzukämpfen. So wie der Mann, der ihn zuerst fand. Aber Miguel war ein Teil dieses Landes, durch seine Vorfahren mit ihm verwurzelt. Zugleich erleichterte die Tatsache, dass er Mayathan verstand für Xaman den Zugang zu seinem Geist. Dass dieser Körper jünger war und über mehr Kraft verfügte, erwies sich als weiterer Vorteil. Sein jetziger „Gastgeber“ war eindeutig die passendere Wahl.
    Erschöpft ließ er den Hammer fallen und starrte auf das Loch. Dann hob er die Petroleumlampe an die Öffnung und sah hinein.
    Endlich!

 
     
    Kapitel 24
     
    „Wir sind gleich da“, antwortete Tlacaelel nun schon zum zigsten Mal auf ihre Fragen, kontrollierte ihre Position per GPS erneut und ging weiter.
    Olivers Hemd klebte auf seinem Rücken. Dieses Klima war eindeutig nicht sein Fall. Entlang ihres Pfades fielen ihm wiederholt geknickte Blätter und abgehacktes

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