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Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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sich von dem Krach nicht im mindesten stören, und die anderen am Boden ließ das Klirren und Scheppern des zerberstenden Porzellans völlig kalt.
    Jetzt endlich drehte Violet den Kopf, legte ihn in den Nacken und schaute zu Candy auf.
    Gleichzeitig mit ihrer Herrin drehten auch die Katzen auf dem Tisch die Köpfe und blickten ihn hochmütig an, als wollten sie ihn darauf hinweisen, welche einzigartige Ehre sie ihm allein dadurch erwiesen, daß sie ihm überhaupt Aufmerksamkeit schenkten.
    Die gleiche Einstellung konnte er auch in Violets Augen lesen, die Geringschätzung ausdrückten, und in dem leichten überheblichen Grinsen, das um ihre vollen Lippen spielte. Es war nicht das erste Mal, daß er ihren Blick vernichtend fand. Bisher hatte er sich allerdings immer nervös und verwirrt abgewandt. Dabei war er sich stets sicher gewesen, ihr in jeder Beziehung überlegen zu sein, so daß er ganz perplex gewesen war, daß sie in der Lage war, ihn mit einem einzigen Blick zu schlagen oder ihn wenigstens zu einem hastigen Rückzug zu zwingen.
    Dieses Mal aber sollte es anders sein. Er war noch nie wütender gewesen als jetzt, in diesem Moment. Nicht mal damals vor sieben Jahren, als er den blutigen, durch Axthiebe gespaltenen Körper seiner Mutter gefunden und erfahren hatte, daß es Frank gewesen war, der die Axt geschwungen hatte.
    Er war jetzt wütender, weil sich diese alte Wut nie ganz gelegt hatte. Sie war in all diesen Jahren genährt worden, und dazu kam noch die Demütigung, weil ihm wiederholt mißlungen war, Hand an Frank zu legen, selbst wenn er Gelegenheit dazu gehabt hätte.
    Jetzt kreiste nachtschwarze Gallenflüssigkeit in seinen Venen, jetzt regierte Gereiztheit, und sie umspülte die Muskeln seines Herzens und nährte die Zellen seines Hirns, wo sich Visionen der Rache wie Kaninchen vermehrten.
    Er ließ sich nicht von ihrem Blick einschüchtern, packte ihren dünnen Arm und riß sie gewaltsam hoch.
    Verbina entwich im Augenblick der Trennung von ihrer Schwester ein leiser Klagelaut, so als seien die beiden siamesische Zwillinge, als seien Körpergewebe zerrissen und Knochen gebrochen worden.
    Er näherte sein Gesicht Violets und besprühte sie mit Spucke, als er fauchte: »Unsere Mutter hatte eine Katze, nur eine einzige, aber sie hielt alles sauber und ordentlich, sie wäre nicht einverstanden mit dieser Unordnung und diesem Dreck mit eurer stinkenden Brut.«
    »Wen stört's schon«, sagte Violet in einem Ton, der sowohl desinteressiert als auch spöttisch klang. »Sie ist tot.«
    Jetzt packte er sie an beiden Armen, hob sie hoch. Der Stuhl unter ihr kippte um, als er sie herumschwang. Er knallte sie mit dem Rücken so hart gegen die Tür zur Speisekammer, daß es klang, als sei etwas explodiert. Die schiefhängenden Küchenfenster klapperten ebenso wie das verdreckte Silber, das auf der Spüle lag.
    Er hatte die Befriedigung zu sehen, wie sich ihr Gesicht vor Qual und Pein verzog und ihre Augen in ihrem Kopf zurückrollten, da sie von dem Schlag fast ohnmächtig geworden war. Hätte er sie auch nur ein wenig härter gegen die Tür geworfen, wäre ihr möglicherweise das Rückgrat gebrochen.
    Er krallte die Finger in das weiße Fleisch ihrer Oberarme, zog sie von der Tür weg und rammte sie nochmal dagegen, warn auch nicht mit solcher Wucht wie beim erstenmal. Er wollte sie nur darauf hinweisen, daß er beim nächsten Mal ebenso hart zuschlagen würde, wenn sie ihn wütend machte. Ihr Kopf war schlaff nach vorn gefallen, denn sie war am Rande der Bewußtlosigkeit. Mühelos hielt er sie fest. Ihre Füße schwebten zehn Zentimeter über dem Boden. Es war, als wöge sie überhaupt nichts. Er wollte sie zwingen, seine  unglaubliche Stärke zur Kenntnis zu nehmen. Er wartete darauf, daß sie zu Bewußtsein kam.
    Sie hatte Schwierigkeiten, Luft zu kriegen, und als sie schließlich aufhörte zu keuchen und den Kopf hob, um ihn anzuschauen, erwartete er, eine andere Violet zu sehen. Er hatte sie niemals vorher geschlagen. Eine schicksalhafte Grenze war überschritten worden, eine, von der er nie angenommen hatte, daß er sie verletzen könnte.
    Da er sich immer an das Versprechen erinnerte, das er seiner Mutter gegeben hatte, waren seine Schwestern stets von ihm vor den Gefahren der Welt da draußen beschützt worden. Er hatte sie mit Essen versorgt, mit Wärme, wenn es draußen kalt war, und mit Kühle, wenn es heiß war. Doch mit jedem Jahr, das vergangen war, hatte er seine brüderlichen Pflichten

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