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Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Sachen. Er legte seine Hand auf Julies Schreibtisch und hatte das Gefühl, nichts auf der Welt sei so wundervoll wie eine schnöde Kunststoffschicht -all diese Moleküle der von Menschenhand hergestellten Chemikalien, die perfekt und ordentlich hinter-und nebeneinander aufgereiht waren. Die gerahmten Drucke der Walt-Disney-Charaktere, das preisgünstige Mobiliar, die halbleere Flasche Scotch, der gedeihende Aronstab in dem Topf auf dem Ständer zwischen den Fenstern – alle diese Dinge erschienen ihm plötzlich kostbar.
    Er war nur neununddreißig Minuten unterwegs gewesen. Und es kostete ihn fast ebensoviel Zeit, ihnen eine verkürzte Version der Geschehnisse zu geben. Um 4.47 Uhr war er aus dem Büro verschwunden, zurückgekehrt war er um 5.26 Uhr, aber damit war er für den Rest seines Lebens genug gereist - ob nun per Teleporting oder sonstwie.
    Er setzte sich aufs Sofa. Julie und Clint und Lee versammelten sich um ihn. »Ich möchte hier in Kalifornien bleiben«, sagte er. »Ich will weder London sehen noch Paris. Jetzt nicht mehr. Ich möchte bleiben, wo mein Lieblingsstuhl steht, und jede Nacht in einem Bett schlafen, das mir vertraut ist...«
    »Verdammt noch mal, das wirst du auch«, unterbrach ihn Julie.
    »... meinen kleinen gelben Samurai fahren, einen Medizinschrank öffnen, in dem Kopfwehtabletten und Zahncreme und Mundwasser und der Alaunstift und die Heftpflaster genau da sind, wo sie sein sollen.«
    Um 6.15 Uhr war Frank noch nicht wieder aufgetaucht. Während Bobby über seine Abenteuer berichtete, erwähnte niemand Franks zweites Verschwinden oder fragte sich auch nur laut, wann er wohl zurückkehren würde. Doch sie alle schauten immer wieder zu dem Stuhl hinüber, von dem er beim erstenmal verschwunden war. Und sie schauten auch in die Ecke des Zimmers, in der er sich beim zweiten Mal dematerialisiert hatte.
    »Wie lange wollen wir auf ihn warten?« fragte Julie schließlich.
    »Ich weiß nicht« erwiderte Bobby. »Aber ich habe da so ein Gefühl, ein wirklich böses Gefühl, daß Frank diesmal die Kontrolle möglicherweise nicht wiedererlangt, daß er einfach nur von Ort zu Ort hüpft, immer schneller und schneller, bis er früher oder später nicht mehr fähig ist, sich selbst wieder zusammenzusetzen.

48
    Als er direkt aus Japan in die Küche des Hauses seiner Mutter zurückkehrte, kochte Candy vor Wut, und als er dann sah, daß die Katzen auf dem Tisch saßen, an dem er seine Mahlzeiten einnahm, überfiel ihn ein regelrechter Wutanfall.
    Violet saß auf einem Stuhl am Tisch, ihre ewig schweigende Zwillingsschwester saß auf dem Stuhl daneben, hing aber an ihr wie eine Klette. Unter ihren Stühlen und um ihre Füße herum saßen Katzen, und fünf der größten waren auf dem Tisch und fraßen Schinkenstückchen, mit denen Violet sie fütterte.
    »Was tust du da?« verlangte er zu wissen.
    Violet nahm ihn nicht zur Kenntnis -gönnte ihm weder ein Wort noch einen Blic k. Sie starrte in die Augen einer dunkelgrauen Hauskatze, die so aufrecht wie die Statue einer ägyptischen Tempelkatze vor ihr saß und brav ein paar kleine Fleischbrocken fraß, die ihr auf einer fast weißen Handfläche dargeboten wurden.
    »Ich spreche mit dir«, sagte er in scharfem Ton, doch sie reagierte nicht.
    Ihr Schweigen machte ihn krank, und er war ihrer Eigenarten überdrüssig. Wenn da nicht das Versprechen gewesen wäre, das er seiner Mutter gegeben hatte, hätte er Violets Kehle gleich hier und jetzt aufgerissen und sich an ihrem Blut gelabt. Es waren zu viele Jahre vergangen, seit er die Ambrosia aus den Venen seiner Mutter gekostet hatte, und er hatte sich schon häufig gesagt, daß das Blut, das in Violet und Verbina floß, in gewisser Art das gleiche sein mußte, das in Roselle geflossen war. Er fragte sich - und er träumte auch manchmal davon -, wie sich das Blut seiner Schwestern auf der Zunge anfühlen, wie es schmecken würde.
    Groß und drohend stand er vor ihr, starrte auf sie hinunter, während sie fortfuhr, mit der grauen Katze zu kommunizieren.
    »Das ist der Platz, an dem ich esse!« schrie er sie an. »Der Teufel soll dich holen!«
    Violet sagte noch immer nichts, und Candy schlug ihr auf die Hand. Die noch verbliebenen Schinkenstückchen flogen in einem wilden Durcheinander über den Tisch. Er fegte auch die Platte mit dem Schinken hinunter, und die Tatsache, daß sie mit einem gewaltigen Krach auf dem Boden landete, erfüllte ihn mit enormer Befriedigung.
    Die fünf Katzen auf dem Tisch ließen

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