Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
war er fünf Jahre alt gewesen. Frank, damals sieben Jahre alt, hatte in dem Zimmer am Ende des Ganges geschlafen, und die Zwillinge, die gerade ein Jahr alt waren, hatten in einer Wiege in dem Raum geschlafen, der dem seiner Mutter gegenüberlag.
    Mit ihr allein zu sein, wenn all die anderen schliefen - oh, wie einzigartig und behütet und geschätzt er sich da gefühlt hatte, besonders weil er es war, mit dem sie die kostbare Flüssigkeit ihrer Arterien und Venen teilte, die sie seinen Geschwistern niemals anbot. Es war eine Heilige Kommunion, gegeben und empfangen, die ihr Geheimnis geblieben war.
    Er erinnerte sich, in jener Nacht in einer Art Verzückung gewesen zu sein, nicht nur wegen des süßen Geschmacks ihres köstlichen Blutes und der grenzenlosen Liebe, die die Tatsache bewies, daß sie es ihm als Geschenk darbot, sondern auch wegen des monotonen Schaukelns des Stuhles und des einlullenden Rhythmus' ihrer Stimme. Während er nuckelte, hatte sie ihm das Haar aus der Stirn gestrichen und zu ihm gesprochen über Gottes verschlungenen Plan für die Welt. Sie hatte ihm, wie sie es schon viele Male getan hatte, erklärt, Gott würde die Anwendung von Gewalt vergeben, wenn sie zur Verteidigung jener angewendet würde, die gut und rechtschaffen wären.
    Sie hatte ihm erzählt, Gott habe Menschen erschaffen, die sich an Blut labten, um sie als irdische Instrumente für Gottes Rache zugunsten der Rechtschaffenden einsetzen zu können. Ihre Familie sei eine rechtschaffene Familie, hatte sie gesagt, und Gott habe Candy geschickt, um sie zu beschützen. Nichts von all dem war ihm neu gewesen. Obwohl seine Mutter während ihrer heimlichen Kommunionen wieder und wieder von diesen Dingen gesprochen hatte, wurde Candy ihrer doch niemals müde.
    Kinder mögen es meist, wenn man ihnen ihre Lieblingsgeschichte wieder und wieder erzählt. Und wie es bei gewissen besonders magischen Märchen der Fall ist, war ihm diese Geschichte durch die Wiederholungen keineswegs vertrauter geworden, sondern war ihm merkwürdigerweise immer geheimnisvoller und faszinierender erschienen.
    In dieser Nacht, in seinem sechsten Lebensjahr, hatte die Geschichte jedoch eine neue Wendung genommen. Für ihn sei die Zeit gekommen, hatte seine Mutter gesagt, die wahrhaft verblüffenden Talente anzuwenden, die man ihm mitgegeben hatte, und mit der Mission zu beginnen, für die Gott ihn erschaffen hatte. Er hatte angefangen, seine phänomenalen Talente anzuwenden, als er drei war -das gleiche Alter, in dem sich auch Franks wesentlich kärglichere Gaben gezeigt hatten.
    Seine telekinetischen Fähigkeiten -in erster Linie Talent für den telekinetischen Transport seines eigenen Körpers hatten Roselle ganz besonders entzückt, und sie hatte die Möglichkeiten, die darin lagen, schnell erkannt.
    Solange er zum Teleporting fähig und in der Lage war, nachts an Orte zu gelangen, wo Geld und Wertgegenstände eingeschlossen waren -in Banktresoren oder begehbaren Safes voller Juwelen in den noblen Villen in Beverly Hills -,würde bei ihnen niemals Geldmangel herrschen. Und wenn er sich in den Häusern der Feinde der Familie Pollard materialisieren konnte, während sie schliefen, konnte er Rache nehmen, ohne daß man Angst vor Entdeckung und Vergeltung haben mußte.
    »Da gibt es einen Mann namens Salfont«, hatte seine Mutter gesäuselt, während er sich an ihrer verwundeten Brust nährte. »Er ist Anwalt und einer dieser Schakale, die ihre Beute unter den Ehrlichen und Tüchtigen suchen. An ihm gibt es nichts Gutes, überhaupt nichts. Er hat das Erbe meines Vaters verwaltet -das war dein lieber Opa, kleiner Candy -, das Testament eröffnet und zuviel berechnet, viel zuviel. Er war gierig. Sie sind alle gierig, diese Anwälte.«
    Ihr leiser, sanfter Ton hatte so gar nicht zu der Wut gepaßt, die sie ausdrückte, doch dieser Widerspruch hatte noch dazu beigetragen, ihn ihre Botschaft als besonders süß und hypnotisch empfinden zu lassen.
    »Ich habe jahrelang versucht, einen Teil der Rechnung, die er stellte, zurückzuerhalten, wie es mir zusteht. Ich bin zu anderen Anwälten gegangen, doch alle sagten, die Höhe seiner Rechnung sei angemessen. Sie halten alle zusammen, sie sind alle gleich, Erbsen in einer Schote, verrottete kleine Erbsen in verrotteten kleinen Schoten. Ich hab' ihn vor Gericht gezerrt, aber Richter sind nichts anderes als Anwälte in schwarzen Roben, sie machten mich krank, diese gierigen Hunde. Seit Jahren hat mir das Sorgen gemacht, kleiner

Weitere Kostenlose Bücher