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Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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zog ihn von der Wand weg, dann knallte es ihn an die Wand, genauso, wie es Derek an die Wand geknallt hatte, und, oh, es tat mehr weh, als Thomas jemals zuvor in seinem Leben wehgetan worden war.
    Die Innentür der Garage hatte einen Sicherheitsriegel, doch keine Kette. Clint steckte die Autoschlüssel in die Tasche, betrat um zehn nach acht die Küche und sah Feiina am Tisch sitzen. Sie hatte eine Zeitschrift gelesen, während sie auf ihn wartete.
    Sie blickte auf und lächelte, und sein Herz schlug schneller bei ihrem Anblick, genauso wie es in diesen schmalzigen Liebesromanen stand. Er fragte sich, wie ihm das jemals hatte geschehen können. Er war so unabhängig gewesen – vor Feiina. Er war so stolz gewesen auf die Tatsache, daß er weder jemanden gebraucht hatte, der seinen Intellekt stimulierte, noch jemanden, der ihn moralisch stützte, und daß er aus diesem Grund auch gegen die Qualen und Enttäuschungen zwischenmenschlicher Beziehungen gefeit war. Dann war er ihr begegnet. Und als er wieder Luft bekommen hatte, war er genausowenig gegen Qualen gefeit wie jedermann sonstund er war froh darüber.
    Sie sah phantastisch aus, trug ein schlichtes blaues Kleid mit einem roten Gürtel und dazu passende rote Schuhe. Sie war so stark und doch so zart, so zäh und doch so zerbrechlich.
    Er ging zu ihr hin, und eine ganze Weile standen sie neben dem Kühlschrank, gleich neben der Spüle, umarmten und küßten einander. Und keiner von ihnen sprach. In keiner der Arten, die sie kannten. Clint sagte sich, daß sie eben jetzt auch dann glücklich wären, wenn sie beide taub und stumm wären, weder imstande, Lippen zu lesen, noch sich mit Zeichensprache zu verständigen.
    Denn in diesem Moment stimmte sie allein die Tatsache glücklich, zusammen zu sein. Eine Tatsache, die man mit Worten gar nicht richtig beschreiben konnte.
    Schließlich sagte er: »Was für ein Tag! Ich kann es gar nicht erwarten, dir alles darüber zu erzählen. Ich erfrische mich nur rasch und ziehe mich um. Um halb neun sind wir raus hier, gehen rüber zu Caprabello, nehmen uns einen Tisch in einer Nische, trinken Wein, esse Pasta, ein wenig Knoblauchbrot...«
    Ein wenig Sodbrennen.
    Er lachte, weil das stimmte. Sie beide liebten Caprabello, doch das Essen war stark gewürzt. Sie mußten anschließend immer büßen für den Genuß.
    Er küßte sie noch einmal, und sie setzte sich wieder hin, las ihre Zeitschrift weiter. Und er ging durch das Eßzimmer und den Flur ins Bad. Während er das Wasser laufen ließ, damit es sich aufwärmte, begann er sich mit dem Elektrorasierer zu rasieren und grinste sich selbst im Spiegel an, weil er so ein verdammter Glückspilz war.
    Das Böse Ding war genau vor seinem Gesicht. Es fauchte ihn an, fletschte die Zähne und stellte Fragen, zu viele Fragen für Thomas. Zu viele, als daß er hätte darüber nachdenken und sie beantworten können, sogar dann, wenn er zufrieden und glücklich in einem Sessel gesessen hätte, statt mit den Füßen in der Luft hängend mit dem Rücken gegen eine Wand gequetscht zu sein. Mit einem Rücken der so sehr sdimerzte, daß er weinen mußte.

    Er sagte immer wieder: »Ich bin bis obenhin voll, ich bin bis obenhin voll.«
    Immer wenn er das sagte, hörten die Leute auf, ihn Dinge zu fragen oder ihm Dinge zu erzählen, und sie ließen ihm Zeit, seinen Kopf wieder zu klären. Aber das Böse Ding war nicht wie die anderen Leute. Ihm war es gleichgültig, ob Thomas' Kopf klar war oder nicht, es wollte nur Antworten. Wer war Thomas? Wer war seine Mutter? Wer war sein Vater? Woher kam er? Wer war Julie? Wer war Bobby? Wo war Julie? Wo war Bobby?
    Dann sagte das Böse Ding: »Du bist nur ein Dummkopf. Du weißt die Antworten nicht, nicht wahr? Du bist genauso blöd, wie du aussiehst.«
    Es zog Thomas von der Wand weg, packte ihn mit einer Hand am Schlafittchen und ließ ihn in der Luft hängen, so daß Thomas kaum noch atmen konnte. Es schlug Thomas ins Gesicht, ganz hart, und Thomas wollte nicht mehr weinen, doch er konnte nicht aufhören. Er hatte Schmerzen und schreckliche Angst.
    »Warum lassen sie Idioten wie dich leben?« fragte das Böse Ding.
    Es ließ Thomas los, und Thomas plumpste zu Boden. Das Böse Ding schaute auf eine so gemeine Art und Weise auf ihn hinunter, daß Thomas sich fast so sehr ärgerte, wie er sich fürchtete. Was komisch-gruselig war, weil er so gut wie nie ärgerlich war. Und dies war das erste Mal, daß er jemals gleichzeitig ärgerlich war und sich fürchtete.

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