Ort des Grauens
Vermittlung an, die dieselbe Nummer probierte -mit dem gleichen Ergebnis. »Tut mir leid, Sir«, sagte sie.
»Bitte rufen Sie den Teilnehmer später noch einmal an.«
»Was für Probleme könnte es denn da geben?«
»Das weiß ich nicht, Sir, aber ich bin sicher, die Leitung wird bald wieder frei sein.« Er hatte den Hörer etwas von seinem Ohr weggehalten, damit Julie mithören konnte. Nachdem er aufgehängt hatte, schaute er sie an. »Laß uns zurückfahren. Ich habe da so eine Ahnung, daß Thomas uns brauchen könnte.«
»Zurückfahren? Wir sind nur etwas mehr als eine halbe Stunde von Santa Barbara entfernt. Nach Hause ist es viel weiter.«
»Er könnte uns brauchen. Es ist kein sehr starkes Gefühl, das gebe ich zu, aber es ist hartnäckig und - unheimlich.«
»Wenn er schnell Hilfe braucht«, erwiderte sie, »kämen wir ohnehin nicht rechtzeitig hin. Und wenn es nicht so dringend ist, reichte es, wenn wir nach Santa Barbara fahren und vom Motel aus noch einmal anrufen. Wenn er krank ist oder verletzt oder sonstwas, brauchen wir von Santa Barbara zurück nur etwa eine Stunde länger.«
»Nun ...«
»Er ist mein Bruder, Bobby. Ich liebe ihn genausosehr wie du, und ich sage dir, es ist in Ordnung. Ich liebe dich, aber du hast niemals soviel Talent als Wahrsager bewiesen, daß ich wegen deiner Vorahnungen gleich hysterisch werden müßte.«
Er nickte. »Du hast recht. Ich bin einfach - nervös. Meine Nerven haben sich wohl noch nicht beruhigt, seit ich mit Frank unterwegs war.«
Wieder auf dem Highway sahen sie ein paar dünne Nebelranken von der See herüberwabern. Ein leichter Sprühregen fiel, hörte aber nach weniger als einer Minute wieder auf. Die Luft unter dem dunklen Nachthimmel war spürbar schwer und schwül. Das waren klare Vorboten eines größeren Unwetters.
Nachdem sie ein paar Meilen gefahren waren, sagte Bobby: »Ich hätte Hal im Büro anrufen sollen. Während er da rumsitzt und auf Frank wartet, könnte er genausogut unsere Kontakte nutzen, um herauszufinden, ob in Cielo Vista alles in Ordnung ist.«
»Falls die Telefone dort immer noch nicht funktionieren, wenn du vom Motel aus anrufst«, erwiderte Julie, »kannst du Hal immer noch damit belästigen.«
Aus der Schwachen psychischen Spur an dem Trinkglas empfing Candy ein Bild von Julie Dakota, in dem er dasselbe Gesicht wiedererkannte, das bereits aus Thomas' Gedanken gesickert war - auch wenn er es nicht so idealisiert sah, wie es in Thomas' Gedächtnis gewesen war. Sein sechster Sinn sagte ihm, daß sie vom Büro aus nach Hause gegangen war, zu der Adresse, die er dem Telefonverzeichnis der Empfangsdame entnommen hatte. Sie war für kurze Zeit dort gewesen und dann mit einem Auto sowie einer anderen Person irgendwohin gefahren. Höchstwahrscheinlich war der Mann bei ihr, der Bobby hieß. Mehr konnte er nicht sehen, und er wünschte sich, die Spuren, die sie hinterließ, wären auch nur annähernd so stark wie die von Jaxx.
Er stellte das Glas wieder ab und beschloß, in ihr Haus zu gehen. Auch wenn sie und Bobby jetzt nicht da waren, würde er möglicherweise einen Gegenstand finden, der ihm - so wie das Glas - ein oder zwei Schritte weiter führen würde. Wenn er nichts fand, konnte er immer noch hierher zurückkehren und seine Suche fortsetzen, sofern die Polizei nicht inzwischen aufgetaucht war und niemanden den toten Mann da draußen gefunden hatte.
Lee schaltete den Computer aus, dann auch den CD-Player - Huey Lewis and The News waren eben mitten in »Walking On a Thin Line« - und nahm die Kopfhörer ab.
Glücklich nach einer langen, aber produktiven Session im Land der Silikon- und Gallium-Arsenverbindungen, stand er auf, streckte sich, gähnte und schaute auf die Uhr.
Kurz nach neun. Er hatte zwölf Stunden gearbeitet.
Im Grunde hätte er sich nur noch wünschen sollen, ins Bett zu fallen und einen halben Tag durchzuschlafen. Doch er wollte lieber kurz in seiner Eigentumswohnung vorbeizischen, die zehn Minuten vom Büro entfernt war, sich umziehen und ins Nachtleben stürzen. Letzte Woche hatte er einen neuen Club entdeckt, Nuclear Grin, wo die Musik laut und schrill war, die Drinks unverwässert waren, die Meute aus Individualisten zu bestehen schien und die Frauen heiß waren. Er wollte ein wenig tanzen, ein wenig trinken und eine Mieze finden, die Lust hatte, bis zum Umfallen zu bumsen.
In diesem Zeitalter neuer Geschlechtskrankheiten war Sex riskant. Manchmal schien es fast so, als sei man schon ein
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