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Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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nicht geschafft haben sollten, die anderen rechtzeitig aus dem Gebäude zu holen.«
    Der Computer, mit dem Lee geboren worden war, funktionierte nicht so reibungslos wie die in seinem Büro, die IBM hergestellt hatte, und er brauchte einen Moment, um die Folgerung der Informationen zu verarbeiten, die er mit Ostov ausgetauscht hatte. »Sie müssen miteinander in Verbindung stehen, was meinen Sie?«
    »Ich würde nicht darauf wetten. Oder wissen Sie von jemanden, der etwas gegen Julie und Bobby hat?«
    Lee blickte sich in der Empfangshalle um, dachte an die anderen leeren Räume bei Dakota & Dakota, an die anderen verlassenen Büros hier im sechsten Stock und an die menschenleeren Stockwerke darunter. Er dachte auch an Candy, an all diese zerbissenen und zerrissenen Menschen. Er dachte an den Riesen, den Bobby am Strand von Punaluu gesehen hatte, und daran, wie der Kerl von Ort zu Ort zischen konnte. Und er begann sich sehr einsam zu fühlen. »Detective Ostov, könnten Sie ganz schnell ein paar Leute herschikken?«
    »Ich hab' das bereits in den Computer eingegeben, während wir sprachen«, erwiderte Ostov. »Ein paar Einheiten sind schon unterwegs.«
    Mit den Fingerspitzen zog Candy langsam Kreise auf der Oberfläche der Kommode, dann erforschte er die Konturen jedes einzelnen Messinghandgriffs an den Schubladen. Er berührte den Lichtschalter an der Wand und die Schalter beider Nachttischlampen. Er ließ seine Hände sogar über Türrahmen gleiten, immerhin war es ja möglich, daß sich eines seiner künftigen Opfer im Gespräch dort angelehnt hatte. Er untersuchte die Griffe der verspiegelten Schranktüren und liebkoste jede Zahl auf der Fernbedienung des TV-Ge-räts, hoffte, sie könnten den Fernseher eingeschaltet haben, obwohl sie nur so kurz zu Hause waren.
    Nichts.
    Da er bei seiner Suche ruhig und methodisch vorgehen mußte, wollte er Erfolg haben, mußte Candy seine Wut und Frustration unterdrücken. Doch sein Zorn wuchs, obwohl er sich bemühte, ihn im Zaun zu halten. Und bei ihm war der Rachedurst auch immer der Durst nach Blut, diesem Wein der Vergeltung. Nur Blut konnte seinen Durst löschen, seine Wut ersticken und ihm eine Zeitspanne relativen Friedens verschaffen.
    Zu dem Zeitpunkt, da er das Schlafzimmer der Dakotas verließ und ins danebenliegende Bad ging, war Candy von einem Verlangen nach Blut erfüllt, das fast so lebensnotwenig war wie sein Verlangen nach Luft. Als er in den Spiegel schaute, konnte er sich für einen Augenblick nicht sehen. Es war, als habe er kein Spiegelbild. Er sah nur rotes Blut, so als sei der Spiegel ein Bullauge in einem der unteren Decks eines Schiffs der Hölle, das in einem Ozean aus geronnenem Blut kreuzte. Nachdem diese Illusion vergangen war und er sein eigenes Gesicht sehen konnte, blickte er schnell weg.
    Er preßte die Kiefer aufeinander, bemühte sich sogar noch mehr, sich unter Kontrolle zu halten, und berührte den Heißwasserhahn, suchend, suchend ...
    Das Motelzimmer in Santa Barbara war geräumig, ruhig, sauber und ohne die sich beißende Farbenpracht und die wilden Muster ausgestattet, die bei der Einrichtung der meisten amerikanischen Motels unerläßlich schienen -aber es war dennoch kein Ort, an dem Julie die schrecklichen Neuigkeiten hätte erfahren mögen. Der Schlag schien härter, schlimmer, der Schmerz in ihrem Herzen stechender, weil er sie an einem fremden und unpersönlichen Platz traf.
    Sie hatte wirklich geglaubt, mit Bobby ginge wieder einmal seine Phantasie durch, hatte geglaubt, mit Thomas sei alles absolut in Ordnung. Weil das Telefon auf dem Nachttisch stand, setzte er sich auf die Bettkante, um anzurufen, und Julie setzte sich nur einen halben Meter entfernt auf einen Stuhl, beobachtete ihn und hörte ihm zu. Als wieder die Tonbandstimme ertönte, die ihm erklärte, die Nummer in Cielo Vista sei derzeit wegen irgendwelcher technischer Probleme außer Betrieb, beunruhigte sie das zwar für einen Augenblick, doch sie war immer noch sicher, ihrem Bruder gehe es gut.
    Als er jedoch das Büro in Newport anrief, um mit Hal zu reden, statt dessen aber mit Lee sprach und die erste Minute dieses Gesprächs in schockiertem Schweigen verbrachte, nur mal ein, zwei mysteriöse Wörter einwarf, wußte sie, daß dies eine Nacht war, die ihr Leben brutal zerspalten würde, und daß die nächsten Jahre dunkler sein würden als die Jahre, in denen sie auf der anderen Seite des Spalts gelebt hatte.
    Als er anfing, Lee Fragen zu stellen, mied Bobby Julies

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