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Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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seine Stimme fest geblieben war, liefen ihm Tränen über die Wangen. Sie war viel zu sehr mit ihrem eigenen Kummer und Leid beschäftigt gewesen und hatte dabei ganz vergessen, daß die Freunde, die sie verloren hatte, genauso seine gewesen waren und daß er Thomas fast so sehr lieben gelernt hatte wie sie selbst. Wieder mußte sie wegschauen.
    »Bist du in Ordnung?« fragte er.
    »Im Augenblick bleibt mir nichts anders übrig. Später möchte ich dann über Thomas sprechen, wie tapfer er es ertragen hat, anders zu sein, daß er sich niemals beklagte. Du und ich, wir werden über das alles sprechen, und ich möchte nicht, daß wir ihn jemals vergessen. Niemand wird Thomas jemals ein Denkmal setzen, er war nicht berühmt, er war nur ein kleiner Kerl, der niemals etwas Großartiges vollbracht hat, außer daß er der beste Mensch war, der er sein konnte, und das einzige Denkmal, das er je haben wird, ist unsere Erinnerung an ihn. Deshalb werden wir ihn lebendig erhalten, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Wir werden ihn lebendig erhalten -bis wir nicht mehr sind. Aber das ist Zukunftsmusik, darum werden wir uns kümmern, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Jetzt müssen wir erstmal uns selbst am Leben erhalten, weil dieser Hundesohn auch hinter uns her ist, nicht wahr?«
    »Das glaube ich auch«, erwiderte Bobby.
    Er stand auf und zog sie von dem Stuhl hoch.
    Er trug seinen dunkelbraunen Wildlederblazer und hatte ein Schulterhalfter darunter. Sie hatte ihre Cordjacke und das Halfter abgelegt. Jetzt legte sie das Halfter an und zog die Jacke wieder an. Das Gewicht des Revolvers an ihrer linken Seite fühlte sich gut an. Sie hoffte, sie würde eine Chance haben, die Waffe zu benutzen.
    Ihre Sicht war wieder klar, ihre Augen waren trocken. »Eins ist sicher«, sagte sie, »ich träume keine Träume mehr.
    Was soll's, wenn sie sich doch nie verwirklichen?«
    »Manchmal werden sie wahr.«
    »Nein. Für meine Mami und meinen Dad wurden sie niemals wahr. Für Thomas wurden sie niemals wahr, oder? Frag Clint und Feiina, ob ihre Träume wahr geworden sind, mal sehen, was die sagen. Frag die Familie von George Farris, ob sie der Meinung sind, daß die Tatsache, von einem Wahnsinnigen abgeschlachtet worden zu sein, die Erfüllung ihrer Träume war.«
    »Frag die Phans«, entgegnete Bobby leise. »Sie gehörten zu den Boatpeople und der südchinesischen See, hatten kaum etwas zu essen und noch weniger Geld, und jetzt besitzen sie zwei Reinigungen und renovierte Häuser, die zweihunderttausend Dollar kosten, um sie dann wieder zu verkaufen, und sie haben diese phantastischen Kinder.«
    »Früher oder später bekommen sie auch eins aufs Dach«, erwiderte sie, ganz aus der Fassung gebracht von der Bitterkeit in ihrer Stimme und der unendlichen Verzweiflung, die wie ein Wasserwirbel in ihr brodelte und drohte, sie zu verschlingen. Aber sie konnte diesen Wirbel nicht stoppen. »Frag Park Hampstead, da unten in El Toro, ob er und seine Frau begeistert waren, als bei ihr Krebs im Endstadium entdeckt wurde, und frag ihn, was aus seinen Traum von ihm und Maralee Roman wurde, nachdem er den Tod seiner Frau schließlich verwunden hatte. Ein gemeiner Schuft namens Candy hat ihn durchkreuzt. Frag all die armen Schweine, die mit Gehirnblutung oder Krebs in den Krankenhäusern liegen. Frag die, die mit fünfzig an der Alzheimerschen Krankheit erkranken, gerade dann, wenn eigentlich ihre besten Jahre beginnen sollten. Frag die kleinen Kinder in ihren Rollstühlen, die Kinderlähmung haben, und frag die Eltern all dieser Kinder in Cielo Vista, inwieweit das Down Syndrom in ihre Träume paßt. Frag ...«
    Sie beendete ihre Tirade abrupt. Sie verlor die Kontrolle, und das konnte sie sich heute nicht leisten.
    »Los, laß uns gehen«, sagte sie.
    »Wohin?«
    »Zuerst suchen wir das Haus, in dem diese Hexe ihn aufgezogen hat. Fahren vorbei, schauen uns die Umgebung an.
    Vielleicht fällt uns schon dadurch was ein, daß wir es sehen.«
    »Ich habe es gesehen.«
    »Ich nicht.«
    »Okay.« Er nahm das Telefonbuch von Santa Barbara, Montecito, Goleta, Hope Ranch, El Encanto Heights und den umliegenden Gemeinden vom Nachttisch und brachte es mit zur Tür.
    »Wofür brauchst du das?« fragte sie. »Wir werden es später brauchen. Ich werd's dir im Auto erklären.«
    Draußen fiel ein leichter Sprühregen. Der Motor des Toyota war noch immer so heiß von der Fahrt nach Norden, daß trotz der kühlen Nachtluft von seiner Haube Dampf aufstieg. Die Regentropfen

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