Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
bösen Buben gibt, auf den du deine Wut konzentrieren kannst, müßte ich eigentlich derjenige sein, der dich Schritt für Schritt in diesen Fall hineinzuziehen sucht. Und das habe ich auch bislang getan, doch jetzt bist du plötzlich diejenige, die diesen Part übernommen hat, und das beunruhigt mich. So sollte es nicht sein.«
    Sie ließ ihn weitermeckern, während sie sich beide im Spiegel in die Augen sahen, und als er schließlich fertig war, sagte sie: »Nein, das ist nicht das, worum es dir geht.«
    »Wie meinst du das?« »Ich meine, daß alles, was du gesagt hast, nur Rauch ist. Was bedrückt dich wirklich, Robert?« Mit festem Blick schaute er ihrem Spiegelbild in die Augen, als könne er sie so zum Schweigen bringen. Sie lächelte. »Nun mal los. Erzähl's mir. Wir hatten niemals Geheimnisse voreinander.«
    Der Bobby-im-Spiegel sah aus wie eine schlechte Imitation des echten Bobby Dakota. Der wirkliche Bobby, ihr Bobby, war voller Lebensfreude und Energie. Der Bobby-im-Spiegel hatte graue Haut, einen fast verbissenen Gesichtsausdruck. Seine Vitalität war von Sorgen weggeschwemmt worden.
    »Robert?« half sie ihm energisch auf die Sprünge.
    »Erinnerst du dich an den letzten Donnerstag? Als wir aufwachten?« fragte er. »Die Santa Anas wehten. Wir liebten uns.«
    »Ich erinnere mich.«
    »Und unmittelbar nachdem wir uns geliebt hatten ... Da hatte ich dieses eigenartige, dieses entsetzliche Gefühl, daß ich dich verlieren würde, daß da draußen im Sturm irgend etwas sei ... etwas, das dich von mir wegholen würde.«
    »Das hast du mir später erzählt, bei Ozzie's, als wir uns über Musikboxen unterhielten. Doch der Sturm ist vorüber, und nichts und niemand hat mich geholt. Ich bin hier.«
    »In derselben Nacht, Donnerstagnacht also, hatte ich einen Alptraum, er war so verdammt lebensecht, wie du ihn dir nur vorstellen kannst.« Er erzählte ihr von dem kleinen Haus am Strand, von der Jukebox, die im Sand stand, der donnernden inneren Stimme -DAS BÖSE DING KOMMT, DAS BÖSEDING, DAS BÖSE DING! - und von der ätzenden See, die sie beide verschlungen, ihr Fleisch zerfressen und die blanken Knochen in dunkle Tiefen hinuntergezogen hatte.
    »Das hat mich erschüttert. Du kannst dir nicht vorstellen, wie lebensecht es war. Hört sich verrückt an, aber ... Dieser Traum war fast realer als das wirkliche Leben. Als ich aufwachte, war ich so verängstigt wie noch nie in meinem Leben. Du hast geschlafen, und ich habe dich nicht geweckt. Ich habe dir auch später nichts davon erzählt, weil ich keinen Grund sah, dich zu beunruhigen und weil... Nun, weil ich's kindisch finde, einem Traum so viel Gewicht beizumessen. Der Alptraum hat sich nicht wiederholt. Aber seit damals -Freitag, Samstag, gestern -gab es Momente, in denen mich eine seltsame Furcht schüttelte, und dann denke ich jedesmal, daß da irgendein böses Ding, irgendeine schlimme Sache passieren wird, die dich wegholt. Und gerade eben, draußen im Büro, sagte Frank, er sei in eine schlimme Sache verstrickt, ein wirklich böses Ding, so hat er sich ausgedrückt, und für mich ergab sich da prompt die Verbindung. Julie, möglicherweise ist dieser Fall ja die schlimme Sache, von der ich geträumt habe. Vielleicht sollten wir ihn lieber nicht übernehmen.«
    Sie starrte den Bobby-im-Spiegel einen Moment an und fragte sich, wie sie ihn wohl beruhigen könne. Schließlich entschloß sie sich, mit ihm so umzugehen, wie Bobby im umgekehrten Fall mit ihr umgehen würde. Da sie die Rollen nun mal getauscht hatten, war das nur recht und billig. Bobby würde nicht versuchen, sie mit Logik und Vernunft   zu   ködern -das waren ihre Waffen -, sondern mit Charme und Humor versuchen, ihr die Angst zu nehmen.
    Statt direkt auf seine Sorgen einzugehen, sagte sie: »Da wir nun mal dabei sind, uns alles von der Seele zu reden weißt du eigentlich, was mich stört? Die Art, in der du manchmal, wenn wir mit zukünftigen Klienten verhandeln, auf meinem Schreibtisch hockst. Bei einigen Klienten könnte es durchaus sinnvoll sein, wenn   ich   auf dem Schreibtisch säße, einen kurzen Rock trüge und etwas Bein zeigte, denn ich habe schöne Beine, auch wenn ich das selbst sagen muß. Doch du trägst niemals Röcke, weder kurz noch sonstwie, und außerdem sind deine Beine nicht gerade wohlgeformt.«
    »Wer spricht hier über Schreibtische?«
    »Ich«, entgegnete sie, wandte sich von dem Spiegel ab und schaute ihn direkt an. »Wir haben sieben Zimmer gemietet statt acht,

Weitere Kostenlose Bücher