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Oryx und Crake

Oryx und Crake

Titel: Oryx und Crake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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Erscheinung, er sei zweifellos hungrig, und boten ihm Essen an – ein paar Hände voll ausgewählter Blätter, Wurzeln und Gräser sowie etliche Coecotrophen, die sie eigens für ihn aufbewahrt hatten –, und er musste ihnen behutsam erklären, dass ihre Nahrung nicht seine Nahrung sei.
    Er findet die Coecotrophen widerwärtig: Sie bestehen aus halb verdauten Gräsern und Kräutern, durch den Anus ausgeschieden und zwei bis drei Mal in der Woche noch einmal verzehrt. Das war wieder so ein Klugerjungenstreich von Crake. Ausgehend von der Überlegung, dass der Blinddarm in einem früheren Stadium der Evolution, als die Nahrung der stammesgeschichtlichen Vorfahren noch reich an Rohkost und Ballaststoffen gewesen war, eine ähnliche Funktion erfüllt haben musste, hatte er den Wurmfortsatz als Grundlage benutzt, um daraus das erforderliche Organ zu entwickeln. Die Idee als solche war allerdings nicht neu, er hatte sie den Leporidae entwendet, den Hasen und Kaninchen, die das Problem der optimalen Verdauung nicht mit mehreren Mägen lösen wie die Wiederkäuer, sondern mit der Erzeugung von Coecotrophen. Vielleicht ist das der Grund, weshalb Luxkatzen seit neuestem auf Crakerjunge Jagd machen, denkt Schneemensch: Unter der Zitrustünche wittern sie das Kaninchenaroma der Coecotrophen.
    Jimmy hatte mit Crake über diese Eigenschaft gestritten. Egal, wie du’s siehst, hatte er gesagt, es läuft darauf hinaus, dass man die eigene Scheiße frisst. Aber Crake hatte bloß gelächelt. Bei Tieren, deren Nahrung im Wesentlichen aus unverarbeitetem Pflanzenmaterial besteht, hatte er eingewandt, sei dieser Mechanismus unabdingbar für die Aufspaltung der Zellulose; andernfalls würden die Leute sterben.
    Und wie bei den Leporidae enthielten auch bei ihnen die Coecotrophe mehr Vitamin B1 und andere Vitamine und Minerale, vier bis fünf Mal so viel wie normale Ausscheidungen. Coecotrophe seien einfach ein Bestandteil der Ernährung und Verdauung und sorgten für die optimale Auswertung der verfügbaren Nährstoffe. Alle Vorbehalte gegen den Prozess seien rein ästhetischer Natur.

    Das ist eben der Punkt, hatte Jimmy gesagt.
    Dann ist es ein schlechter, hatte Crake darauf geantwortet.

    Schneemensch ist nun von einem aufmerksamen Kreis umringt. »Seid gegrüßt, Crakes Kinder«, sagt er. »Ich bin gekommen, um euch zu sagen, dass ich auf eine Reise gehe.« Das haben die Erwachsenen wahrscheinlich bereits aus seinem Wanderstock und der Art, wie er sein Laken trägt, geschlossen: Er war schon öfter auf Reisen, wie er seine Beutezüge in die Wohnwagenparks und das angrenzende Plebsland zu nennen pflegt.
    »Wirst du Crake besuchen?«, fragt eines der Kinder.
    »Ja«, sagt Schneemensch, »ich werde versuchen, ihn zu treffen. Wenn er da ist, werde ich ihn besuchen.«
    »Warum?«, sagt eines der älteren Kinder.
    »Es gibt ein paar Dinge, die ich ihn fragen muss«, sagt Schneemensch vorsichtig.
    »Du musst ihm von der Luxkatze erzählen«, sagt Kaiserin Josephine.
    »Der bissigen.«
    »Das ist eine Angelegenheit für Oryx«, sagt Madame Curie. »Nicht für Crake.« Die anderen Frauen nicken.
    »Wir wollen Crake auch besuchen«, fangen die Kinder an. »Wir auch, wir auch! Wir wollen ihn auch besuchen!« Crake zu besuchen ist eine ihrer Lieblingsideen. Das hat sich Schneemensch allerdings selbst zuzuschreiben: Er hätte ihnen am Anfang nicht so aufregende Lügen erzählen dürfen, in denen er Crake dargestellt hat wie den Weihnachtsmann.
    »Lasst Schneemensch in Ruhe«, sagt Eleanor Roosevelt sanft. »Er geht sicher auf seine Reise, um uns zu helfen. Wir müssen ihm danken.«
    »Crake ist nichts für Kinder«, sagt Schneemensch und blickt sie mit seiner strengsten Miene an.
    »Lass uns mitkommen! Wir wollen Crake sehen!«
    »Nur Schneemensch kann Crake sehen«, sagt Abraham Lincoln mild.
    Damit scheint das Thema erledigt.
    »Es wird eine längere Reise«, sagt Schneemensch. »Länger als meine früheren Reisen. Vielleicht bleibe ich zwei Tage fort.« Er hält zwei Finger hoch. »Oder drei«, fügt er hinzu. »Macht euch also keine Sorgen.
    Ihr aber bleibt schön zu Hause, solange ich weg bin, und macht alles genau so, wie Crake und Oryx es euch gelehrt haben.«

    Ein Chor der Zustimmung, allgemeines Nicken der Köpfe. Von einer möglichen Gefahr für ihn selbst sagt Schneemensch nichts. Vielleicht kommt ihnen der Gedanke gar nicht, und er selbst erwähnt das Thema nie – je unverwundbarer er ihnen erscheint, desto besser ist es.
    »Wir

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