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Osama (German Edition)

Osama (German Edition)

Titel: Osama (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lavie Tidhar
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durch Wasser hindurch drangen Stimmen an sein Ohr:
    »… steht für die sich erneuernde Vitalität der barbarischen Horde bei ihrer Erstürmung der römischen Stadtmauern –«
    »Klar, das ist die Neubelebung der Gesellschaft – Zerstörung vor der Wiedergeburt –«
    »Eine Reaktion auf die vorherrschende angelsächsische Philosophie –das Scheitern des Neoimperialismus –«
    »… aber ist es ein Verbrechen oder ein kriegerischer Akt?«
    »Kommt drauf an, wer die Geschichte erzählt …« Gelächter, eine Kellnerin, die Biergläser an einen Tisch bringt, Namensschild anders als die der Convention-Teilnehmer, Hi, ich bin June.
    »Danke, äh, June «, zwei Männer mit Bärten und Outdoorwesten, klirrende Gläser – die Kellnerin zuckte die Schultern, stellte die Gläser auf den Tisch, ging zum Tresen zurück.
    Schatten in den Ecken des Raums, sich bewegend. Stimmen:
    »Sie behaupten, er lebt in einem Flugzeughangar und lässt sich Essen bringen, der ganze riesige Raum ist leer bis auf einen Schreibtisch und eine Schreibmaschine mittendrin –«
    »Schreibt wie Hemingway, im Stehen –«
    »Von Carl – erinnerst du dich an Carl – hab ich gehört, dass er in Oregon in einer Buchhandlung war und ein paar Vergelter –Taschenbücher gefunden hat und die waren signiert –«
    » Blödsinn .«
    »Signiert, und er hat mit dem Mann in der Buchhandlung gesprochen, und der hat ihm erzählt, er hat ihm erzählt , dass einmal im Monat ein Mann kommt, der nie etwas kauft, aber wenn er weg ist, sind alle Osama-Bücher signiert. Er soll angezogen sein wie ein Jäger, einen Pick-up fahren, eine Hütte im Wald haben und –«
    » Ich hab gehört …«, eine neue Stimme, ein großer dünner Mann mit Buckel, der sich, eine Kaffeetasse wacklig in einer Hand, in die Unterhaltung einmischte, »ich hab gehört, er würde im Fernen Osten leben, irgendwo in Siam, in einem alten buddhistischen Tempel im Dschungel, ganz allein bis auf einen alten Mönch, der ihm Kung-Fu beibringt, und wenn er nicht schreibt, dann meditiert er –«
    Ein Mann an einem benachbarten Tisch, der seinen Oberkörper verdrehte und dicke Arme auf den Tisch stützte, sagte: »Ich hab gehört, er lebt auf einer Yacht, die nie irgendwo anlegt, und er hat ein Heer von Mädchen an Bord, die jeden seiner Befehle ausführen –«
    »Das ist lächerlich …«, von dem gebückten Mann –
    »Ein Mädchen folgt ihm auf Schritt und Tritt mit einem Aschenbecher, und jedes Mal, wenn er seine Zigarette abklopft, fängt sie die Asche auf, ehe sie den Boden berührt –«
    »Habt ihr gelesen, was Bolan letzten Monat in der Osama-Gazette geschrieben hat?«
    Die vier Männer lachten. »Eine Frau!«
    »Na ja, Mike Longshott ist offensichtlich ein Pseudonym –«
    »Es kann keine Frau sein! Die Schreibe ist eindeutig männlich –«
    Ein rotgesichtiger Mann am anderen Ende des Raums stand abrupt auf. » He! Zu eurer Information –«
    »O, hallo Bolan, hab dich gar nicht gesehen –«
    »Ich hab gesagt , Longshott ist eine Frau, und dazu stehe ich«, sagte der rotgesichtige Mann.
    »Das würde dir gefallen, Bolan …«
    Noch mehr Gelächter. Joe dachte: Die Osama-Gazette ?
    Er schob seinen Stuhl zurück, stand auf. »Entschuldigung«, sagte er. Vier Männergesichter wandten sich zu ihm um – widerwillig, wie es Joe schien. »Was ist diese Osama-Gazette ?«
    Die Männer wechselten Blicke. Offensichtlich war das ein Fremder, ein Außenseiter unter ihnen. »Das ist ein Fanzine «, sagte einer der Männer mit den Outdoorwesten.
    »Ein was?«
    »Eine kleine Schrift, die dem akademischen Diskurs über die Osamadichtung gewidmet ist.«
    »Der w…?« Er beschloss, die Frage nicht zu stellen.
    Der Mann seufzte. »Im Verkaufsraum findest du Exemplare davon«, sagte er. »Er ist schon geöffnet.«
    »Wo ist der Verkaufsraum?«
    »Hier raus, durch den Korridor am Aufzug vorbei und dann die zweite Tür links.« Mit zugekniffenen Augen sah er sich Joes Namensschild an. » Joe. Hab dich hier noch nie gesehen.«
    Joe starrte ihn an, und der bärtige Mann starrte zurück. »
    Oh, ich bin nur ein Fan«, sagte Joe.

Ich Herz Osama
    Als er den Korridor entlangging, hallte der Boden unter seinen Füßen wider. Er versuchte, den stummen Gestalten, die an den Wänden standen und ihn aus leeren Augen ansahen, keine Beachtung zu schenken. Sie waren bloß Licht, das auf Staub fiel, heraufbeschworen durch Müdigkeit und Koffein, Phantome, die bei Tag hätten begraben sein müssen.
    Auf einem Zettel an

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