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Osiris Ritual

Osiris Ritual

Titel: Osiris Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Mann
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Er konnte es nicht leugnen, er mochte den Mann.
    Schließlich stellte Alfonso den Hocker wieder vor die Kiste und half
der jungen Frau beim Herausklettern, dann führte er sie sogar zu ihrem Platz in
der zweiten Reihe zurück. Die Assistentin kam heraus, sammelte die Schwerter
ein und steckte sie in das Holzregal. Als sie fertig war, wandte Alfonso sich
nickend und lächelnd an das Publikum und kehrte zu dem offenen Kasten zurück.
Er legte den Deckel wieder auf und gab dem Sarg einen Stoß, damit er auf dem
Fahrgestell zur Seite rollen konnte.
    Dann wandte er sich abermals an das Publikum. »Noch einen?« Wieder
brüllten sie. Alfonso winkte ihnen, sich zu beruhigen. »Ich muss Sie allerdings
warnen. Dies ist keine alltägliche kleine Illusion.«
Er flüsterte laut genug, dass alle ihn hören konnten. »Ich biete Ihnen jetzt die
Möglichkeit, einen Blick auf echte Magie zu erhaschen.«
Wieder ertönten Jubelrufe. Alfonso kam auf der Bühne bis ganz nach vorn und
breitete die Arme weit aus. »Ich brauche dafür eine weitere Freiwillige.«
    Dieses Mal schossen überall im Theater die Hände nach oben. Newbury
drehte sich zu Veronica um und stellte entsetzt fest, dass auch sie sich zur
Verfügung stellen wollte, denn sie hatte die Hand hoch über den Kopf gehoben. »Miss
Hobbes! Ich bin eindeutig der Meinung, dass Sie gerade einen höchst
gefährlichen Kurs einschlagen. Immerhin sind wir hergekommen, um einen Schurken
zur Strecke zu bringen.«
    Veronica erwiderte seinen Blick, ließ die Hand aber oben, um von der
Bühne aus bemerkt zu werden. »Genau das habe ich auch vor, Sir Maurice. Wir
müssen nahe genug herankommen, um zu erkennen, wie seine Illusionen
funktionieren.« Ihr Flüstern klang ein wenig
angespannt, offenbar wollte sie nicht länger behelligt werden. Newbury dagegen
hatte das Gefühl, dass ihm nichts anderes übrig blieb.
    Â»Wirklich, Miss Hobbes. Ich muss darauf bestehen, dass Sie die Hand
herunternehmen. Ich kann nicht neben Ihnen sitzen und zulassen, dass Sie sich
auf ein so gefährliches Unterfangen einlassen, zumal Sie doch selbst gegen
diesen Mann in Zusammenhang mit dem Verschwinden mehrerer Frauen ermitteln. Es
wäre dumm, so etwas zu erlauben. Ihren Wunsch, die Angelegenheit abzuschließen,
kann ich verstehen, aber ich werde nicht zulassen, dass Sie sich in die Schar
der Opfer Ihres Verdächtigen einreihen. Würden Sie also bitte davon Abstand
nehmen?«
    Veronica atmete scharf ein und ließ die Hand sinken. »Na gut.« Ihre
Stimme zitterte vor kaum verhohlenem Zorn. Sie wich seinem Blick aus und
richtete die Aufmerksamkeit wieder auf Alfonso, der inzwischen, während
Newburys und Veronicas Auseinandersetzung, eine Freiwillige aus dem Publikum
erwählt hatte und ihr auf die Bühne half. Newbury warf Veronica noch einen
Blick zu, da er nicht wusste, was ihre Reaktion zu bedeuten hatte. Sie hatte
die Hände zu Fäusten geballt und war sicherlich wütend auf ihn. Da ihm nichts
einfiel, um die Angelegenheit zu bereinigen, beugte er sich vor und beobachtete
die Vorgänge auf der Bühne.
    Auch diese Freiwillige war jung. Sie hatte schwarze Haare und trug
ein violettes Kleid, wirkte mutiger als ihre Vorgängerin und war, soweit
Newbury es aus ihrem Verhalten schließen konnte, durchaus froh über die
Aufmerksamkeit. Alfonso führte sie mitten auf die Bühne und bat sie, dort
stehen zu bleiben. Er umrundete sie und betrachtete sie von allen Seiten, als
müsste er sie zunächst genau mustern und einschätzen. Dann winkte er seine
Assistentin zu sich, die am Rand der Bühne wartete. Sie eilte zu ihm, gab ihm
ein rotes Seidentuch und zog sich lächelnd wieder zurück.
    Alfonso wandte sich an das Publikum. »Passen Sie genau auf.« Er entfaltete das große rote Tuch und legte es über die
Frau. Die Säume breitete er ordentlich aus, bis sie ringsherum auf dem Boden
lagen. Als die Frau von Kopf bis Fuß vollständig verhüllt war, hielt er einen
Augenblick inne, dann machte er eine rasche Handbewegung, riss das Tuch wieder
weg und warf es mit einer dramatischen Geste hoch in die Luft.
    Die Frau war verschwunden.
    Es dauerte einen Moment, bis das Publikum reagierte. Die Frau war
wie vom Erdboden verschluckt, nirgends war eine Spur von ihr zu entdecken. Sie
hatte dort gestanden und sich ganz offensichtlich unter dem Seidentuch
befunden, und dann war sie

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