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Osiris Ritual

Osiris Ritual

Titel: Osiris Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Mann
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Abgeschiedenheit seines Heims hinzugeben.
Die einzige Lösung bestand darin, eines dieser Rauchgeräte zu kaufen und es in
seinen Gemächern zu benutzen.
    Newbury verstand, dass die anderen seine Sehnsucht nach den Opiaten
nicht gutheißen konnten. Charles und Veronica hielten es für eine Schwäche, die
es zu überwinden galt. Für Newbury war es aber mehr als das. Es ging um mehr
als nur um den körperlichen Rausch. Das Mittel half ihm beim Nachdenken und
erlaubte es ihm, die Welt aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Im Opiumrausch
fand er häufig die Lösung eines Falls oder stellte Verbindungen her, die ihm
zuvor entgangen waren. Die Droge erlaubte es ihm, in die hintersten Winkel
seines eigenen Geistes zu blicken, und was er dort fand, war oft sehr
aufschlussreich. Sie zog die Schleier der Täuschung fort und öffnete ihm die
Augen für Dinge, die andere für unmöglich hielten. Sie half ihm, seinem Instinkt
zu vertrauen. Er fürchtete, kein guter Detektiv mehr zu sein, wenn er auf die
Droge verzichtete, und das ängstigte ihn so sehr, dass er auf sein körperliches
Wohlbefinden keine Rücksicht nahm. Also gab er sich weiter dem Rausch hin,
verheimlichte es aber vor allen anderen. Das Mittel stürzte ihn in einen
Zwiespalt aus Zwang und Begehren, es war Brennstoff für den Geist und Gift für
den Körper.
    Newbury dachte daran, gleich wieder ins Bett zu gehen. Einige
Minuten lang spielte er mit dieser Vorstellung und wusste doch, dass es nicht
infrage kam. Er musste sich mit Veronica treffen und rechnete außerdem mit
einem Ruf in den Palast, um die Frage des vermissten Agenten »Caspian« zu
erörtern und zu erfahren, ob Ihre Majestät die Absicht hatte, die Angelegenheit
weiterzuverfolgen.
    Weiterhin beschäftigte ihn nach wie vor das Geheimnis der
thebanischen Mumie. Am vergangenen Abend hatte er in seiner Bibliothek einige Wälzer
zur Hand genommen und Hinweise auf außergewöhnliche Mumifizierungspraktiken im
alten Ägypten gesucht, dabei jedoch nichts gefunden, was ihm dabei helfen
konnte, Winthrops Fundstück zu identifizieren. Zusätzlich hatte er eine
Nachricht an Aldous Renwick geschickt, einen Fachmann für okkulte Literatur,
mit dem er schon lange in Kontakt stand. Er hatte die näheren Umstände
geschildert und den Freund gebeten, in seiner eigenen Bibliothek nachzusehen,
ob sich dort noch etwas finden ließe.
    Einstweilen hatte die Suche nach einer Lösung für die beiden
Geheimnisse, die Newbury beschäftigten, ein Ende gefunden. Er musste auf
Antworten warten und konnte unterdessen Veronica dabei helfen, ihren eigenen
Fall abzuschließen. Newbury trank den Tee aus, stand schwerfällig auf und
zuckte zusammen, als die Bewegung eine kurze, schmerzhafte Explosion in den
Schläfen auslöste. Er fluchte verhalten. Dann nahm er ein weiteres Stück Toast
aus dem Ständer und ging auf wackligen Beinen ins Bad, um sich, soweit
überhaupt möglich, einigermaßen ansehnlich herzurichten.
    Eine kleine Weile später, nachdem er sich gewaschen und rasiert
hatte, kleidete Newbury sich an und war fast wieder der Alte. Er hatte sich für
einen schwarzen Anzug, ein weißes Hemd und eine rote Krawatte entschieden. Ein
kurzer Blick in den Standspiegel zeigte ihm jedoch die Ringe unter den Augen,
die bewiesen, wie müde er war, auch wenn sie den Grund nicht verrieten. Er
hoffte, es vor Veronica verbergen zu können. Den Gedanken, sie könnte ihn für
schwach halten, ertrug er nicht.
    Um kurz nach neun Uhr hatte Mrs. Bradshaw die Reste des Frühstücks
abgeräumt und ein kleines Silbertablett mit der Post bereitgestellt. Den
schweren Pergamentumschlag, der ganz oben lag, erkannte er bereits, als er den
Raum betrat. Er hatte also richtig vermutet, was den Ruf in den Palast anging.
Den kleinen Stapel der anderen Briefe nahm er mit in den Salon, der neben dem
Esszimmer lag. In einer Ecke des Raums stand auf einem kleinen Holzständer eine
Eule aus Messing, die er von Lord Carruthers geerbt hatte. Das mechanische Tier
zwitscherte laut und flatterte mit den Metallflügeln.
    Newbury warf die übrige Post auf den Kaffeetisch, suchte den
Brieföffner und schlitzte den versiegelten Umschlag aus dem Palast auf. Das
Papier gab sofort nach, drinnen befand sich nur eine kleine Karte, die mit der
sauberen Handschrift eines Beamten der Königin beschriftet war. Er zog sie

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