Osiris Ritual
sich seiner Assistentin zur Verfügung
stellen, ihre Gesellschaft genieÃen und sich auf ihren Fall konzentrieren. Nach
einem Drink konnten sie eine andere Droschke nehmen und die kurze Strecke zu
seinem Haus in Chelsea fahren, wo er sich waschen und die Abendgarderobe
anlegen konnte, und dann würden sie in einem Restaurant am The
Strand ein schönes Abendessen zu sich nehmen. Genau das brauchte er
jetzt.
Newburys Gedanken kreisten immer noch wie ein Wirbelwind, sobald er
über das ägyptische Rätsel nachdachte. Purefoy schied seiner Meinung nach
gewiss als Täter aus, und er war jetzt stärker entschlossen denn je, den jungen
Mann unter seine Fittiche zu nehmen. Er hatte sich bereits vorgenommen, am
folgenden Morgen zusammen mit Miss Hobbes den Reporter zu besuchen. Inzwischen
hoffte Newbury, dass Charles nicht zu hart mit ihm ins Gericht ging.
Anscheinend war er hinten in der Droschke eingenickt, denn ihm kam
es so vor, als wären nur wenige Augenblicke verstrichen, als der Fahrer ihn mit
einem kräftigen Klopfen auf das Dach der Kabine weckte. Er rieb sich benommen
die Augen und beugte sich vor, um aus dem Fenster zu blicken. Die Droschke
stand direkt vor Miss Hobbesâ Haus. Newbury stieg aus, entlohnte den Kutscher
und erkannte, dass er irgendwann während des aufregenden Nachmittags seinen Hut
verloren hatte. Achselzuckend ging er über den Weg zur Vordertür und klopfte
dreimal laut an. Gleich darauf hörte er im Flur ein loses Dielenbrett knarren.
Die Tür ging auf, ein schmaler Spalt Licht fiel heraus, und Mrs. Grant,
Veronicas Haushälterin, erschien auf der anderen Seite. Sie brauchte einen
Moment, ehe sie Newbury in diesem zerzausten Zustand erkannte, doch dann riss
sie die Tür weit auf, bugsierte ihn ins Haus und deckte ihn mit allerhand
Geplauder ein.
»Oh, mein armer, guter Mann, kommen Sie doch herein. Sie sehen aus,
als könnten Sie eine Tasse von dem Earl Grey brauchen, um den Sie immer bitten.
Ich halte immer ein wenig zurück, falls Sie mal vorbeikommen.«
Newbury lächelte. Mrs. Grant war normalerweise eine äuÃerst stoische
Dame, die nur selten lächelte oder den Blick hob, um Miss Hobbesâ Besucher
näher in Augenschein zu nehmen. Anscheinend hatte sie seine derzeitige
Verfassung jedoch berührt. Er lächelte freundlich. »Mrs. Grant, ich fürchte,
dazu bleibt mir leider keine Zeit. Es geht mir eigentlich sogar recht gut, aber
ich komme zu spät zu meiner Verabredung mit Miss Hobbes. Wir wollten uns heute
Abend hier treffen. Ist sie im Wohnzimmer?«
Mrs. Grant stemmte mit gerunzelter Stirn die Hände in die Hüften
und schüttelte heftig den Kopf. »Leider nein, Sir Maurice, nein. Miss Hobbes
ist noch nicht vom Museum zurückgekehrt. Als ich Sie sah, hatte ich sogar
gehofft, sie könnten mich beruhigen, was ihr Wohlergehen betrifft.« Sie betrachtete ihn von oben bis unten. »Ich habe sie
schon vor zwei Stunden erwartet, aber die ganze Zeit nichts von ihr gehört.«
Newbury nickte nachdenklich. »Hm. Man sollte nicht vorschnell
ängstlich werden, Mrs. Grant. Zwei Stunden sind im Grunde keine lange
Zeitspanne. Vielleicht wurde sie in diesem grässlichen Wetter einfach
aufgehalten.«
Mrs. Grant nickte, schien jedoch durch seine Bemerkung nicht
besänftigt. »Ich nehme doch an, Sie möchten dann hier auf Miss Hobbes warten,
Sir Maurice?«, fragte sie hoffnungsvoll. Er nickte
abwesend und folgte ihr ins Wohnzimmer, wo sie ihm einen Platz anbot. »Ich
setze nur rasch den Kessel auf.« Sie zog sich durch
eine Nebentür in die Küche zurück.
Newbury setzte sich nicht, sondern schritt unruhig im Zimmer hin und
her. Was hatte Veronica aufgehalten? Er erinnerte sich an ihr letztes Gespräch.
Sie hatte die Absicht gehabt, die Angehörigen der zuletzt als vermisst gemeldeten
Frau aufzusuchen. Das war jedoch schon Stunden her. Nach dem Gespräch war sie
doch sicherlich ins Büro zurückgekehrt. Er runzelte die Stirn. Er fürchtete,
ganz genau zu wissen, was aus seiner Assistentin geworden war. Er hatte zwar an
ihr Pï¬ichtgefühl appelliert und sie darauf eingeschworen, keinesfalls ins
Archibald Theatre zu fahren und Alfonso allein zur Rede zu stellen, doch es war
anzunehmen, dass sie genau das getan hatte. Während er Ashford über die Dächer
von Regentâs Park verfolgt hatte, hatte Veronica die Ermittlungen vermutlich
auf eigene
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