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Osiris Ritual

Osiris Ritual

Titel: Osiris Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Mann
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die Zuschauer
zur Schau gestellt worden.
    Im grellen Licht des elektrischen Scheinwerfers blickte Newbury sich
um. Der umgestürzte Tisch ließ tatsächlich vermuten, dass ein Handgemenge
stattgefunden hatte, doch allzu lange hatte der Kampf vermutlich nicht
gedauert. Mit Interesse bemerkte Newbury, dass direkt neben dem Tisch eine
kleine Luke im Boden geöffnet war. Er ging näher heran.
    Zwei mit Scharnieren versehene Bretter waren zur Seite geklappt,
darunter ging es ein ganzes Stück hinab. Er sah sich nach dem Auslöser um, der
die Falltür geöffnet hatte. Vielleicht lag der tote Alfonso darauf. Der Agent
spähte in die Öffnung und lächelte humorlos, als ihm bewusst wurde, dass der
Magier seine Versuchspersonen auf diese Weise verschwinden ließ. Wie seltsam, dass
Alfonso im Tod nun doch noch sein Geheimnis preisgegeben hatte. Wenn Veronica
diesen Mechanismus bemerkt hatte, dann war sie vermutlich bis nach unten
vorgedrungen. Er konnte ebenso gut dort wie anderswo beginnen.
    Neugierig und recht beunruhigt, nachdem er schon wieder eine Leiche
gefunden hatte, setzte Newbury die Suche nach seiner eigensinnigen Assistentin
fort.

19
    Als Veronica zu sich kam, war ihr schwindlig und übel. Ihr
Hinterkopf fühlte sich an, als hätte jemand eine glühende Lanze hineingestoßen.
Stöhnend wollte sie sich bewegen, erkannte jedoch entsetzt, dass ihre Füße und
die Handgelenke gefesselt waren. Sie öffnete die Augen und blinzelte, während
sie sich abermals an das schwache Licht gewöhnte. Sie hockte mit dem Rücken zur
Wand und blickte zur Tür und zu dem Leichenhaufen auf der anderen Seite des
Raums. Jemand stand am Tisch in der Mitte, sammelte eilig die verstreuten
Objekte ein, die darauf lagen, und warf sie ganz unzeremoniell in eine Arzttasche.
Der schmale Mann war etwas weniger als einen Meter achtzig groß und kehrte ihr
den Rücken zu. Er trug einen makellosen grauen Anzug mit gestärktem weißem
Kragen. Die ordentlich gekämmten Haare waren von einem auffälligen Silbergrau,
in dem es noch einige hellbraune Flecken gab.
    Als er hörte, wie sie sich rührte, drehte sich der Mann zu ihr
herum. Er sah gut aus und hatte eine Adlernase, wurde jedoch von einer tiefen,
runzligen Narbe verunziert, die direkt unter der linken Augenbraue begann und
bis zur linken Wange verlief. Die Verletzung hatte auch das Auge in Mitleidenschaft
gezogen, denn es war milchig und blind und hatte die Farbe des Londoner Nebels.
Allerdings verrieten einige winzige rote Lichter rings um die Pupille das Werk
eines Meisters. Wahrscheinlich war Dr. Fabian oder einer seiner Schützlinge dafür
verantwortlich. Ansonsten war die Haut hell und unversehrt, als trüge der Mann
eine weiße Maske. Die Finger waren lang und knochig. Erschrocken stellte
Veronica fest, dass sie ihn kannte.
    Â»Aubrey Knox«, krächzte sie.
    Der Mann lächelte fast unmerklich. »Für Sie heißt es Doktor Aubrey Knox, Miss Hobbes.«
Die Stimme war wie Seide, geschmeidig und warm und voller Anmut. Seine
Aussprache war makellos, jedes Wort perfekt formuliert. Sie wusste, dass er in
Eton erzogen worden und einst ein äußert charmanter Gentleman gewesen war. Die
Manieren hatte er offenbar beibehalten.
    Veronica wollte sich aufrichten, doch die Fesseln hinderten sie
daran, auf den Fliesen einen festen Stand zu finden. So konnte sie den
Schurken, der sie auf diese Weise verpackt hatte, nur hilflos anfunkeln. »Also
waren Sie es. Die ganze Zeit haben Sie dahintergesteckt.«
Knox nickte leicht und verzog die Lippen zu einem kleinen Lächeln. Veronica
betrachtete den Leichenhaufen in der Ecke. Eiskalt musste der Mann sein,
innerlich ganz und gar abgestorben, da er in diesem Raum arbeiten und sogar
lächeln konnte, obwohl er doch für den Tod all dieser Frauen verantwortlich
war. Sie empfand kein Mitgefühl für ihn und konnte nicht verstehen, was ihn zu
diesen grausigen Taten getrieben hatte.
    Als sie seinen Blick suchte, beobachtete er sie amüsiert. »Wozu
brauchen Sie die Frauen?«, fragte sie schließlich. »Was
wollen Sie damit erreichen?«
    Knox’ Miene veränderte sich, seine Stimmung wurde düster. Er
durchquerte den Raum, trat zu seiner gefesselten Gefangenen und hob den Arm, um
ihr mit dem Handrücken eine kräftige Ohrfeige zu versetzen. Obwohl sie darauf
gefasst gewesen war, stieß Veronica einen Schrei aus. Die Tränen quollen

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