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Osiris Ritual

Osiris Ritual

Titel: Osiris Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Mann
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auf oder erschlaffte, die Augen
verfaulten in den Höhlen. Die verstörten, blutigen Gesichter bildeten einen
erschreckenden Gegensatz zu den farbenfrohen Abendkleidern. Traurig betrachtete
Veronica die jungen Frauen, deren Leben so drastisch, viel zu früh und auf so
üble Art und Weise, ein Ende gefunden hatte. Sie wurde wütend und sann auf
Vergeltung, sie musste diese Verderbtheit unterbinden, und zwar schnell, ehe
diesem schrecklichen Zauberkünstler noch mehr Opfer in die Hände fielen. Schon
jetzt war ihr klar, dass sich ihr das Bild dieser toten Frauen, die noch im Tod
stumm um Hilfe schrien, für immer ins Gedächtnis einbrennen würde. Zugleich
verkannte sie nicht, in welch schwieriger Lage sie sich selbst befand. Sie war immer
noch benommen vom Chloroform und schwebte in großer Gefahr. Dennoch, sie musste
herausfinden, was es mit dem schrecklichen Tod dieser Frauen auf sich hatte.
    Veronica untersuchte ein weiteres Loch im Schädel einer brünetten
Frau. Welchem Zweck hatte die Operation gedient? Sexuelle Motive schieden hier
wohl aus. Schon die Art und Weise, wie Alfonso die Frauen achtlos weggeworfen
hatte, sprach dagegen. Es schien so, als wären sie ihm tot wie lebendig nicht
sehr wichtig. Nein, er behandelte sie wie Nutztiere, die er im Labor seinen
Experimenten unterwarf. Die Körper waren nichts als unbedeutende Hüllen. Sobald
er aus den Schädeln extrahiert hatte, was er brauchte, ließ er sie verwesen und
kümmerte sich um andere Dinge.
    Veronica schritt zu dem bizarren Apparat an der Wand hinüber, der an
einen Stuhl erinnerte. Sie musste sich ablenken und den grässlichen Anblick der
toten Frauen verdrängen. Tapfer kämpfte sie gegen den Schwindel an und hielt
sich an der Werkbank fest. Der Stuhl. Sie musste sich
konzentrieren.
    Es war eine seltsame Vorrichtung. Der Sitz bestand aus unebenem, nur
grob bearbeitetem Holz und war mit Eisenbändern ausgestattet, um die
Handgelenke und Füße der Opfer zu fixieren. Ein ähnliches, verstellbares Band
war an der Lehne befestigt und diente dazu, den Kopf zu arretieren. Mitten in
diesem Band befand sich ein kleines Loch. Schaudernd erkannte Veronica, dass
dies die Führung war, durch welche die Bohrung in den Schädel des jeweiligen
Opfers vorgetrieben wurde. Rostrote Flecken an den Rändern bestätigten, dass
das Metall mit Blut in Berührung gekommen war.
    Hinter dem Stuhl war ein großer, mit vielen Gelenken versehener
Metallausleger befestigt, der wie der Schwanz eines Skorpions über den Sitz gebogen
werden konnte. Er lief in einem dünnen Bohrer aus, der im schwachen Licht der
Gaslampen schimmerte. Der Mechanismus besaß zwei mit Gummi überzogene Stäbe,
die als Handgriffe dienten. Mit deren Hilfe konnte jemand, der vor dem Stuhl
stand, den Bohrer vor und zurück bewegen und die Höhe und die Ausrichtung
verändern. Der Bohrer selbst wurde anscheinend pneumatisch angetrieben, denn
von seinem Gehäuse aus liefen Schläuche am ganzen Messingausleger entlang und
verschwanden hinter der Maschine, um in einen großen grauen Zylinder zu münden,
der komprimierte Luft enthielt. Daneben war eine gläserne Glocke über einer
Kammer angebracht, die zwei Kolben aus Messing enthielt. Im Moment standen sie
still. Oben auf der Glaskuppel waren Schläuche befestigt, die zwei kleinere
mechanische Arme versorgten. Einer endete in einem Skalpell mit langer Klinge,
der zweite in einer Art Saugvorrichtung.
    Es war eine schreckliche Maschine. Veronica kam sie vor wie ein
Folterinstrument, doch dabei wusste sie, dass der Apparat noch weitaus übleren
Zwecken diente.
    Neben dem Stuhl stand ein hölzerner Laborwagen mit einer Reihe von
Metalltabletts bereit. Auf einem lagen mehrere gläserne Spritzen, auf einem
anderen zahlreiche kleine Ampullen, die offenbar mit der gleichen braunen
Flüssigkeit gefüllt waren, die sie vorher schon in den Fläschchen auf der
Werkbank bemerkt hatte. Es musste eine Chemikalie oder Substanz sein, die aus
den Schädeln der toten Frauen stammte. Bei dieser Flüssigkeit, was sie auch
war, konnte es sich nur um das Endprodukt des schrecklichen Prozesses handeln,
dem Alfonso sich unter dem Theater widmete. Dies war der Grund der ganzen
Anordnung. Ihr wurde übel, und es fiel ihr schwer, Alfonsos Charakter, soweit
sie ihn einzuschätzen wagte, mit diesem ungeheuerlichen Labor in Einklang zu
bringen. Er mochte ein Strolch und ein

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