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Osiris Ritual

Osiris Ritual

Titel: Osiris Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Mann
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leicht in die geballte Faust. »Ich muss
zugeben, dass ich letzten Endes aber doch enttäuscht bin. Ich habe großartige
Geschichten über Ihre Tollkühnheit und Ihr leidenschaftliches Temperament
gehört. Dies hat mich zu dem Glauben verleitet, Sie könnten vielleicht sogar
eine würdige Gegnerin sein. Bedauerlicherweise sehe ich nun nichts als
selbstgerechte Empörung. Sie sind wohl doch bloß eine fade junge Frau, ein
affektiertes, adrettes Mädchen der feinen Gesellschaft, das nun vor Angst
völlig außer sich ist. Was ist aus der jungen Frau geworden, die geholfen hat,
den persischen Diamanten in Mailand zu bergen? Wer hat den Morden der Hexe von
Liverpool ein Ende gesetzt? Und wer sortiert jetzt in einem Museum Papiere? Was
wohl Ihre Schwester Amelia zu Ihrem Niedergang sagen würde?«
Er schüttelte den Kopf. »Victoria hat früher ein besseres Urteilsvermögen
gezeigt.«
    Veronica hätte sich am liebsten auf ihn gestürzt, doch der Ruck
hatte lediglich zur Folge, dass sie zur Seite kippte und flach auf dem Boden
liegen blieb. »Lassen Sie meine Schwester aus dem Spiel«, fauchte sie.
    Wieder lachte Knox. »Ach, diese ohnmächtige Wut, Miss Hobbes, diese
ohnmächtige Wut! Freilich überrascht es mich, dass Amelia es versäumt hat, Sie
vor dieser kleinen Begegnung zu warnen. Spricht sie denn nicht mehr mit Ihnen
über die Zukunft?«
    Veronica riss die Augen weit auf. Woher wusste dieser Mann, dieser
schreckliche Mann, so viel über sie und ihre Schwester? Sie sah ihm zu, als er
den Raum durchquerte und die langen Lederhandschuhe von der Werkbank nahm.
Seine Augen blitzten, und Veronica erkannte, dass ihr letztes Stündlein
geschlagen hatte. Mit ganzer Kraft kämpfte sie gegen die Fesseln an und wusste
doch schon, dass es sinnlos war. Knox hatte sie in seiner Gewalt, und bald
würde sie bei den anderen toten Frauen auf dem traurigen Haufen in der Ecke
liegen. Sie fragte sich, ob er auch ihr ein kleines Loch in die Stirn bohren
würde, und schauderte, als sie es sich ausmalte. Sie war der Panik nahe und
öffnete die Lippen zu einem stummen Schrei.
    Knox zog sich einen Handschuh über das Handgelenk und wackelte
dramatisch mit allen Fingern. Als er den zweiten anlegen wollte, ertönte irgendwo
über ihnen ein lautes Krachen. Veronica nahm an, dass Alfonso – der vermutlich
Knox’ Komplize war – oben auf der Bühne auf knarrende Bretter getreten war.
Knox jedoch wirkte auf einmal verunsichert. Frustriert zog er den Handschuh
wieder aus und warf ihn auf den Tisch. Wieder gab es einen Knall, dann ertönte
ein gedämpfter Ruf. Die Worte konnte Veronica nicht verstehen, auch die Stimme
erkannte sie nicht. Jedenfalls schien diese Entwicklung Knox zu erschrecken. Er
musste seine Pläne ändern.
    Eilig nahm Knox aus seinen Habseligkeiten einen schmutzigen Lappen
heraus und kam mit starrem Gesicht zu Veronica. Anscheinend wollte er sie
knebeln. Veronica presste die Lippen zusammen und wandte den Kopf ab, doch
Knox, der in solchen Dingen offenbar geübt war, hatte keine Mühe, ihr die
Finger in die Wange zu drücken und ihr damit zwangsweise den Mund zu öffnen, um
den Lappen hineinzustopfen. Sie versuchte, ihn mit der Zunge herauszustoßen,
doch es nützte nichts. Würgend schmeckte sie den
öligen, schmutzigen Stoff.
    Knox warf ihr mit dem milchig grauen Auge noch einen letzten
höhnischen Blick zu, drehte sich um und ging zur Tür, um draußen im Flur zu
verschwinden.

20
    Newbury hockte sich auf ein Knie und tastete die Ränder
der offenen Luke auf der Bühne ab. Unten war es dunkel, und in der Nähe gab es
keine Lampen, mit deren Hilfe er die Falltür hätte genauer untersuchen können.
Immerhin konnte er erkennen, dass es mehr als eine Mannshöhe hinabging. Unten
waren zwei Metallschienen zu erkennen, die nach rechts bergab verliefen.
Offensichtlich bugsierte Alfonso die Frauen über die Luke, betätigte mit dem
Fuß den Auslöser und ließ sie rasch in das Loch stürzen. Vermutlich landete das
Opfer auf einem gepolsterten Karren oder in einer Kiste, die dann auf den
Schienen wegrollte und die Frau in einen anderen Raum des Gebäudes beförderte.
    Es war genial – ein Meisterwerk der Ingenieurskunst –, und nachdem
er die Illusion selbst gesehen hatte, wusste Newbury, wie überzeugend der Trick
war. Nachdenklich knetete er sich das Kinn. Seltsam war

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