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Osiris Ritual

Osiris Ritual

Titel: Osiris Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Mann
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zusammen. Es dauerte etwas,
bis sie sich an das elektrische Licht gewöhnte, nachdem sie stundenlang im
düsteren Keller gehockt hatte. Sie drehte sich zur Bühne herum und beobachtete
Newbury, der nach ihr herausstieg. Jemand hatte einen großen roten Teppich zur
Seite gerollt, um die verborgene Falltür freizulegen. Der Keller, in dem sich
Knox’ provisorische Werkstatt befunden hatte, war früher anscheinend ein Lager
für Bühnendekorationen gewesen, vielleicht auch ein Aufenthaltsraum für die
Schauspieler, wo sie sich rasch umziehen konnten. Nachdem sie die Bühne auf der
rechten Seite verlassen hatten, konnten sie den Tunnel benutzen und kurz darauf
von links wieder erscheinen. Sie schauderte, als sie daran dachte, wie Aubrey
Knox die Räume zweckentfremdet hatte.
    Newbury schritt auf der Bühne nach vorn und nahm ein weiteres
Schwert aus Alfonsos Ständer, denn die Entschlossenheit des abtrünnigen Doktors
war nicht zu unterschätzen. Ein Stück weiter, neben der Luke, durch die
Veronica ein paar Stunden zuvor gestürzt war, lag der tote Zauberkünstler. Die
Arme und Beine waren ausgestreckt, sodass er an einen eigenartigen Stern
erinnerte, auf der Brust hatte sich ein dunkelroter Fleck ausgebreitet. Der
Mund stand offen, und die Augen starrten die Deckenbalken an.
    Â»O Gott«, murmelte sie nur, nachdem sie an diesem Tag schon so viele
Tote gesehen hatte. Trotz Alfonsos schrecklicher Rolle in Knox’ Plan, trotz
allem, was er ihr angetan hatte, empfand sie keine Erleichterung, als sie die
steife Leiche betrachtete. Es war zu viel. Sie wandte den Blick ab.
    Â»Veronica, hierher!« Newbury warf frustriert das Schwert auf die
Bühne.
    Sie eilte zu ihm. »Was ist denn?«
    Â»Knox. Er ist fort.« Er deutete auf die
Sitze links vor der Bühne. »Dort habe ich ihn zurückgelassen, ich hatte ihm
eine Klinge durch die Hand getrieben und ihn an der Stuhllehne festgenagelt und
die andere Hand mit meinem Schlips gefesselt. Wie konnte er nur entkommen?«
    Veronica sah sich nach Hinweisen um, ob sich der Mann wohl noch im
Theater befand.
    Â»Er ist schon lange weg und hat zweifellos die Arzttasche
mitgenommen.« Mit Augen, in denen der Zorn loderte,
wandte er sich an Veronica. »Sie hatten recht, er bricht seine Zelte ab. Er hat
bekommen, was er haben wollte, und jetzt verschwindet er, genau wie er es schon
einmal vor Jahren getan hat. Ich habe ihn unterschätzt. Was bin ich doch für
ein verdammter Narr!«
    Veronica seufzte. Sie ertrug es nicht, wenn Newbury sich so quälte.
»Sie haben mir das Leben gerettet, das ist doch auch etwas.«
    Seine Miene entspannte sich. »Miss Hobbes, das ist das Wichtigste
überhaupt. Aber es ändert nichts an der Tatsache, dass ich ihn habe entwischen
lassen.«
    Veronica legte ihm die Hand auf den Arm. »Lassen Sie es uns am
Hinterausgang versuchen.«
    Newbury nickte, obwohl ihm längst klar war, dass sie dort nichts
finden würden. Aufmerksam folgte er Veronica über die Bühne und stieg, immer
zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinunter. Als sie an der Stelle
vorbeikamen, wo Knox gehockt hatte, konnte Veronica erkennen, dass die Klinge
die Rücklehne durchstochen hatte. Dort hingen noch Stoffreste, und sie bemerkte
Blutflecken. Jetzt waren der Mann und das Schwert verschwunden. Newburys Schlips
lag, immer noch verknotet, auf dem Boden. Er ließ ihn liegen.
    Zusammen eilten sie um die Bühne herum und stürzten durch die
Doppeltür, die zu den Künstlergarderoben führte. Dort waren sie bei ihrem
ersten Besuch auf Alfonso gestoßen, der sich in seiner Garderobe entspannt
hatte. Am Ende des langen Flurs stellten sie fest, dass der Nebenausgang offen
stand und die Tür im Wind immer wieder laut gegen die Wand knallte. Bei jeder
Bewegung quietschten und knarrten die Scharniere unter der Belastung. Draußen
war es dunkel, der wallende Nebel gab allem ein verschwommenes, dunstiges Aussehen.
Veronica lief bis zur Türschwelle und spähte in die Nacht hinaus. Keine Spur
von Knox und der Arzttasche.
    Newbury hatte recht. Irgendwie war es dem Doktor gelungen zu fliehen.

22
    Newbury erwachte und wusste im ersten Moment nicht, wo er
war. Nur langsam klärte sich die Umgebung. Ein Bücherregal, ein Schreibtisch.
Ein Kamin, auf dessen Rost ein kleines Feuer flackerte. So benommen er war,
immerhin erkannte er jetzt sein Wohnzimmer.
    Erst nach einem

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