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Osiris Ritual

Osiris Ritual

Titel: Osiris Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Mann
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hinaufzublicken.
Immer noch nichts. Kein Ruf von drinnen, keine Bewegung hinter den Fenstern.
Mit zunehmendem Unbehagen ergriff Newbury den Türknauf und stellte fest, dass
die Tür nicht abgeschlossen war. Sie schwang auf und gab den Blick auf eine
steile, mit Teppichen ausgelegte Treppe frei, die zur Wohnung über dem Laden
führte.
    Newbury ging zur Treppe. »Purefoy? Sind Sie da?«
    Dann bemerkte er voller Entsetzen etwas auf der untersten Stufe. Er
hockte sich hin und betrachtete es genauer. »O nein …«
    Veronica kam näher und versuchte, es zu erkennen. »Was ist es denn?«
    Â»Blut. Ein Fußabdruck.« Newbury flüsterte nur noch. Mit einem üblen
Gefühl im Bauch sprach er ein stummes Gebet, dass sich seine Befürchtungen als
unwahr erweisen mochten. Er sprang die Treppe hinauf. Weiter oben waren weitere
Fußabdrücke zu entdecken, die ein mit Blut benetzter Männerschuh nur wenige
Stunden vorher hinterlassen hatte. Die Abdrücke auf dem hellgrünen Teppich
waren sogar noch feucht und klebrig.
    Oben fand Newbury drei weiß lackierte Türen. Er entschied sich für
die rechte, weil er annahm, sie führte in Purefoys Wohnzimmer, drehte den Knauf
herum und trat ein. Der Anblick, der dort auf ihn wartete, ließ ihn einen
gequälten Schrei ausstoßen und auf die Knie sinken. Er ließ den Kopf hängen. Zu
spät.
    Purefoys Leichnam war mit abgespreizten Gliedmaßen auf dem Boden des
Wohnzimmers ausgelegt. Rings um ihn hatte sein Schlächter eine Reihe großer
konzentrischer Kreise gemalt, die in gleichmäßige Abschnitte unterteilt waren.
In diese Abschnitte wiederum hatte er äußerst komplizierte Inschriften
gezeichnet, es waren Diagramme und Runen von dunkler, esoterischer Bedeutung.
    Purefoy war völlig nackt. Der Mörder hatte ihm den Bauch mit einem
langen, tiefen Schnitt geöffnet und die Eingeweide daraus entfernt. Die Gedärme
waren ringsherum ausgebreitet und innerhalb der Kreise festgesteckt. So war ein
schreckliches Spinnennetz aus Fleisch entstanden, in dem Purefoy selbst
gefangen schien. Er lag im Zentrum wie eine Fliege, die auf ihr unausweichliches
Schicksal wartet. In die geleerte Bauchhöhle hatte der Mörder einige kleine
Opfergaben gelegt: ein Stechpalmenblatt, die zerbrochenen Überreste einer
Uschebti-Figur, ein kleines, zusammengerolltes Stück Leinen, auf dem etwas in
einer alten Schrift geschrieben stand, eine einzelne Tarotkarte mit einem
überfließenden Gefäß: das Ass der Kelche.
    Der junge Mann machte ein erstauntes Gesicht, als hätte er noch gar
nicht begriffen, wie ihm geschah, als hätte der Instinkt des Reporters bis zuletzt
die Oberhand behalten, als hätte die Neugierde irgendwie die Furcht bezwungen.
    Newbury begriff sofort, was geschehen war. Aubrey Knox hatte
versucht, aus den Gedärmen des Reporters die Zukunft zu lesen.
    Als Veronica hinter ihm den Treppenabsatz erreichte, drehte er sich
um und wollte sie aufhalten, damit ihr der grässliche Anblick erspart bliebe,
doch es war zu spät. Sie hatte es bereits gesehen und wandte sich würgend ab.
    Natürlich war alles voller dickem, klebrigem Blut. Der Geruch stieg
Newbury in die Nase und überlagerte alles andere. Flüchtig nahm der Agent
jedoch noch einen weiteren Geruch wahr – den vertrauten Gestank von verwesendem
Fleisch. Auch Ashford war hier gewesen.
    Tief in seinem Bauch fühlte Newbury eine brennende Wut aufsteigen.
Dafür musste Knox büßen, er sollte teuer dafür bezahlen. Es gab eines, was Knox
wichtiger war als alles andere, eine Sache, die ihn unerbittlich antrieb: sein
eigenes Leben. Newbury würde es ihm nehmen. Das schwor er sich selbst, als er
auf der Schwelle von Purefoys Wohnzimmer hockte und die grässliche Szene
betrachtete. Der junge Mann war tot, abgeschlachtet einfach nur deshalb, weil
er zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen war, weil er am Rande mit einer
Sache zu tun gehabt hatte, die er nicht einmal völlig begriff. All seine
Möglichkeiten, seine Begeisterung, alles war dahin, gestohlen einzig und
allein, weil der Mörder einen Vorteil daraus schlagen konnte.
    Finstere Gedanken brodelten in Newburys Kopf. Er wollte dafür
sorgen, dass Gerechtigkeit geübt wurde. Selbst wenn dies bedeutete, dass er so
werden musste wie Knox, um es zu erreichen. Er würde den Mann finden und
Purefoy rächen.
    Er richtete sich auf und wandte

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