Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Osterfeuer (German Edition)

Osterfeuer (German Edition)

Titel: Osterfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Danz
Vom Netzwerk:
beschmutzten Kleid mit dem hoch gerutschten Rock, wehrlos
den indiskreten Blicken Fremder ausgeliefert, im Schlamm liegen sah, fühlte er sich
ausgesprochen unwohl. Es war der Moment, in dem er in ein fremdes Leben eindringen
musste, ohne Rücksicht auf die intimsten, persönlichen Details, nur um letztendlich
zu erfahren, warum dieses Leben so ein Ende finden musste. Viel weniger Skrupel
hatte er gegenüber Tatverdächtigen, wenn er im Verhör immer tiefere Schichten ihrer
Existenz freilegte. Die konnten sich ja wehren, wenn sein Verdacht falsch war und
wenn nicht, umso besser.
    »Also, in dieser unbequemen Lage
haben wir die Dame gefunden. Ihr seid bestimmt neugierig, aber wir können nicht
feststellen, was letztendlich zu ihrem Tode geführt hat. Die Leiche hat eine Wunde
am Hinterkopf, Strangulationsmerkmale am Hals und liegt mit dem Gesicht im Wasser.
Sie könnte theoretisch also auch ertrunken sein. Dein adeliger Doktorfreund Steffen
ist schon auf dem Weg hierher, er wird uns mehr erzählen können. Da hinten …«, der
grauhaarige Friedemann deutete in Richtung eines Weidezauns, der etwa zehn, zwölf
Meter entfernt war, »… haben wir ihre Schuhe gefunden. Außerdem hängt da ein loses
Stück Draht herunter, das gut für die Würgespuren am Hals zuständig sein kann. Müssen
wir im Labor klären. Wir nehmen an, die Frau ist über den Zaun geklettert und dabei
gestürzt oder gestürzt worden. An der Stelle ist eine große, matschige Pfütze und
prägnante Fußspuren sind schwer auszumachen, vor allem, weil so viel hin- und hergetrampelt
wurde. – Auch von den lieben Kollegen von der Streife mal wieder!«, setzte Friedemann
mit Ingrimm hinzu und fuhr fort:
    »Man scheint viel unterwegs gewesen
zu sein heut Nacht, der Anzahl dieser Fußspuren nach zu urteilen. Na ja, war Vollmond.«
    »War’s das scho?«
    »So gut wie. Nur noch ein pikantes
Detail, die Dame hat kein Höschen mehr an …«
    Genau das war die Art von Indiskretionen,
die Hauptkommissar Angermüller diesen Job so vermieste. Friedemann war im Grunde
ein angenehmer Kollege, konnte aber nie einen gewissen Unterton bei der Schilderung
intimer Einzelheiten unterdrücken, besonders wenn es sich um weibliche Personen
handelte. Angermüller schob seine Vorbehalte beiseite. Für solche Empfindlichkeiten
war jetzt nicht die Zeit und der Ort und das fehlende Kleidungsstück war vielleicht
ein wichtiger Hinweis.
    »Friedemann! Kommst du mal! – Tach,
die Herren!«
    Der Kollege Meise von der Kriminaltechnik,
ebenfalls im Schutzanzug, nickte Angermüller und Jansen zu und dirigierte sie und
Friedemann zu der großen Scheune, die aus der Nähe gesehen einen recht baufälligen
Eindruck machte. Vor dem Tor stand ein junges Mädchen von kräftigem Körperbau, in
Jeans und Lederjacke gekleidet, ihr blondes Haar war zu einem dicken Zopf gebunden
und sie hatte ein offenes, freundliches Gesicht.
    »Ach so, unsere neue Kriminalobermeisterin
muss ich euch ja auch noch vorstellen: Fräulein Anja-Lena Kruse. Will als Frau unbedingt
was leisten in unserem Job – na ja, wird schon sehen, was sie davon hat. Gib’s Pfötchen
…«
    Die anderen Männer gaben Anja-Lena
Kruse die Hand und stellten sich vor. Angermüller bedauerte, dass die junge Frau
ausgerechnet von Meise, der seine geringe Körpergröße mit besonders starken Sprüchen
und einem cholerischen Temperament zu kompensieren suchte, in den Kollegenkreis
eingeführt wurde. Doch sie schien sich davon nicht beeindrucken zu lassen, zog eine
Grimasse zu seinen Worten und drückte kräftig die dargebotenen Hände.
    »So, Schluss mit dem Betatschen.«
    Meise winkte sie in die Scheune.
    »Wir haben hier drinnen einiges
gefunden, das nicht uninteressant ist …«
    Im ersten Moment konnte Angermüller
im Halbdunkel des kathedralenartigen, riesigen Raumes fast nichts erkennen, denn
nur spärlich fielen ein paar Lichtstrahlen durch vereinzelte Spalte zwischen den
schiefen Fachwerkwänden. Der Kriminaltechniker, der im übrigen Ameise genannt wurde,
wegen seines Namens Andreas Meise, seiner Größe und weil er den Ruf eines Spezialisten
im Erforschen des Bodens genoss, führte sie durch Berge von Gerümpel in eine Ecke
ganz am anderen Ende der Scheune, wo er einen mitgebrachten Scheinwerfer anknipste.
Das helle Licht fiel auf Stapel zerschlissener, alter Strandkörbe, rostige landwirtschaftliche
Geräte, ein paar alte Möbel und eine Menge anderer Gegenstände, die von einer dicken
Staubschicht bedeckt wurden und von denen die

Weitere Kostenlose Bücher