Osterfeuer (German Edition)
»Herein« der Kommissar den Kopf durch die Tür steckte.
»Frau Kampmann, darf ich eintreten?«
Was wollte er von ihr? Trude musste
sofort an ihre ziemlich unvollständigen, wenn nicht gar falschen Angaben zu Franz’
Verbleib in der letzten Nacht denken. Sie schrapte weiter ihre Möhren und sagte
so freundlich wie möglich:
»Natürlich«, und bot dem Kommissar
einen Platz bei sich am Küchentisch an. Umständlich schälte er sich aus seinem grünen
Lodenmantel, setzte sich und sah interessiert auf ihre Hände, die flink und geschickt
mit den zarten Gemüsen umgingen.
»Sie sind schon wieder fleißig für
Morgen? Was gibt’s denn?«, fragte er und hob dabei neugierig schnuppernd seine Nase
in die Luft. Mit dieser Frage hatte Trude eigentlich nicht gerechnet, doch sie antwortete
gerne:
»Ich bin sehr traditionell in solchen
Dingen: An Ostern gibt es natürlich Lamm, nach einem alten englischen Rezept mit
Kapernsauce und dazu Frühlingsgemüse und Röstkartoffeln.«
»Ach ja, bestimmt nach einem Rezept
aus ihrem Buch – toll!«
»Sie kochen auch viel selbst?«,
fragte ihn Trude.
»Viel zu selten! Mein Beruf, wissen
Sie, die Überstunden … Ich will aber nicht jammern – ja, Kochen ist eine meiner
Lieblingsbeschäftigungen, wenn ich mal die Zeit habe …«
Seltsam dieser Kriminalbeamte, dieser
Kommissar– wie hieß er noch, dachte Trude? Ach ja, Angermüller. Mit seinen dichten,
braunen Locken und dem Vollbart hätte sie sich ihn als Kneipenwirt oder Ökobauer
vorstellen können, dazu noch die Jeans und der Lodenmantel – er passte jedenfalls
nicht in das übliche Klischee. Außerdem prangte auf seinem weißen Hemd ein ziemlich
auffälliger Fleck, aber so etwas bemerkte er wahrscheinlich gar nicht. Vielleicht
schätze ich ihn aber auch vollkommen falsch ein und er will mit seiner seltsamen
Art die Leute verunsichern, indem er erst mal vom Thema ablenkt und ist ein ganz
Hinterlistiger, überlegte Trude und fragte munter:
»Na, konnten Sie Ihre noch offenen
Fragen mit meinem Mann klären?«
»Im Prinzip, ja. Ich muss nur noch
auf meinen Kollegen warten und dann sind wir erst mal fertig für heute. Aber, was
ich noch gerne von Ihnen wissen würde…«
Angermüller sah sie aufmerksam an,
»warum haben Sie uns nicht gesagt, dass Ihr Mann das Fest auch früher verlassen
hat?«
Obwohl sie sich gegen diese Frage
gewappnet hatte, war Trude nun doch davon überrascht.
»Hab ich das nicht? Oh, das tut
mir leid … dann hatte ich es wohl vergessen …«
Unter dem forschenden Blick aus
seinen durchaus freundlich blickenden, braunen Augen fühlte sie sich ausgesprochen
unwohl und kam fast ins Stottern.
»Na ja, es ist jetzt auch nicht
mehr wichtig. Wann war Ihr Mann wieder zu Hause?«
Trude hatte beschlossen, so nah
wie möglich an der Wahrheit zu bleiben, denn anderes hatte Franz ja nicht erwartet
und so gab sie zu:
»Ich kann das so genau gar nicht
sagen. Ich weiß nur, ich war so um fünf Uhr im Bett und Franz kam dann später, ich
habe es leider nur im Halbschlaf mitbekommen …«
»Ah so …«, brummte Kommissar Angermüller
und sah in seine Notizen. Ihre Antwort schien ihn kaum noch zu interessieren. Es
klingelte an der Tür.
»Das wird mein Kollege sein!«
Angermüller stand auf und griff
nach seinem Mantel.
»Schade, ich hätt gerne noch ein
bissl mit Ihnen geplaudert. Vielleicht ein andermal!«
Trude brachte ihn zur Tür, wo sein
Kollege ihn erwartete. Was hat er nun eigentlich von mir gewollt, überlegte sie,
als sie hinter ihm abschloss. Das Klingeln des Telefons holte sie aus ihren Gedanken.
»Hallo Babs! Wie gut dass du anrufst!
Ich brauche jetzt wirklich jemanden zum Ausheulen! Du kannst dir nicht vorstellen,
was ich heute schon alles mitgemacht habe …«
»Trude, ich wollte eigentlich mit
Franz sprechen …«
»Ach so.«
Trude nahm das Telefon vom Ohr und
warf einen verwirrten Blick darauf.
»Moment, ich gebe ihn dir.«
Sie brachte Franz, der schon den
Kopf aus der Tür des Herrenzimmers steckte, als ob er darauf gewartet hätte, das
Telefon.
»Für dich – Babs.«
»Danke.«
Franz nahm den Apparat entgegen,
ging zurück uns Herrenzimmer und schloss die Tür hinter sich.
»Rot oder weiß, was darf ich dir anbieten Georg? Ich habe hier einen
Gewürztraminer aus dem Elsass in ordentlicher Qualität und einen ganz ausgezeichneten
Barbera d’Asti.«
Steffen von Schmidt-Elm tat alles
mit Stil, auch wenn er seinen Freund in der armseligen Teeküche des
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