Osterfeuer (German Edition)
Oliver sandte, drückte fast so etwas wie Bewunderung aus. Der Junge
wusste nicht, wo er hinsehen sollte vor Peinlichkeit.
Das Klingeln von Angermüllers Handy
war zu hören und er zog sich in den winzigen Flur zurück, um den Anruf entgegenzunehmen.
Niemann, der sich immer noch in der Warstedter Dienststelle befand, war am Apparat.
»Na, kommt ihr vorwärts?«
»Das kann ich nicht sagen. Gerade
eben haben sich zwei Alibis, von dem jungen Kampmann und dem Kubaner, unerwarteterweise
gegenseitig bestätigt – schön für die Zeugen, schlecht für uns. Vorerst jedenfalls
sieht es so aus, als seien die beiden raus aus dem Spiel. Was gibt’s?«
»Mir ist bei den Vernehmungsprotokollen
aufgefallen, es gibt da einen gewissen Krischan Lage, den auch viele der Gäste erwähnenswert
fanden. Er stammt aus Warstedt und ist so was wie ein Penner, gefallener Sohn aus
gutem Hause. Er war zwar bei Kampmanns nicht eingeladen, aber wenn es irgendwo umsonst
was zu saufen gibt, ist er da.«
»Und warum findest du das auch bemerkenswert?«,
wollte Angermüller wissen.
»Erstens war dieser Lage wohl auch
bis ganz zum Schluss auf dem Fest und hat sich ordentlich volllaufen lassen und
zweitens weiß keiner, wo er seitdem abgeblieben ist. An den Orten, an denen er sich
gewöhnlich aufhält, war er bis heute Abend nicht anzutreffen.«
»Stimmt, das ist nicht uninteressant,
das sollten wir im Hinterkopf behalten. Ihr gebt mir Bescheid, sobald ihr diesen
Krischan Lage aufgestöbert habt.«
»Ja, klar. Und nun noch das Thema
neue Besen kehren gut: Also, unsere Frau Kruse hat bei der Durchsicht der Aussagen
was festgestellt, aber das will sie dir gleich selbst sagen. Im Übrigen machen wir
dann hier Schluss für heute, wenn du einverstanden bist …«
»Eins könnt ihr noch tun: Den jungen
Kampmann nach Hause fahren – wir müssen noch mal zu der Osterholzschen Villa, ein
letztes Mal hoffentlich, um da Unklarheiten zu beseitigen!«
»Na, wart’s erst mal ab, wo du jetzt
hinfahren musst … Aber klar, machen wir! Wo ist der junge Mann?«
»In dieser so genannten neuen Siedlung, Drosselweg 5.«
»O.k. – dann übergebe ich an die
neue Kollegin!«
»Ja, mach’s gut!«
»N’Abend, Herr Hauptkommissar!«
Der Stimme von Anja-Lena Kruse war
eifrige Ungeduld anzuhören.
»Guten Abend, Frau Kruse – was haben
Sie herausgefunden?«
»Wir haben die Zeiten von den Alibis
noch einmal verglichen, vor allem von denen, wo mehrere Leute zusammen waren und
dabei ist mir was aufgefallen: Der Kampmann …«
»Welcher Kampmann?«
»Also, der Franz Kampmann hatte
angegeben, dass er bis halb fünf in dieser Kneipe war. Aber seine Freunde haben
übereinstimmend ausgesagt, dass er kurz nach drei dort schon wieder gegangen ist
und laut seiner Frau ist er frühestens gegen fünf zu Hause gewesen. Da klafft eine
Riesenlücke, der man vielleicht einmal auf den Grund gehen müsste.«
»Stimmt! Das haben Sie sehr gut
beobachtet, Frau Kruse! Ein guter Anfang – weiter so! Dann sehen wir uns gleich.
Und wenn Sie uns zum Mühlenhof gefahren haben, machen Sie erst mal Feierabend für
heute, das haben Sie sich verdient!«
Dann musste Jansen eben allein zu
Ben Osterholz fahren, aber das war auch kein Problem und er würde sich um Kampmann
senior kümmern. Zwei Ansätze waren im Sande verlaufen, da ergab sich fast wie von
selbst ein neuer Anfang, wo sie den Faden wieder aufnehmen konnten. Manchmal glich
Ermittlungsarbeit eben der des alten Sysiphos … Angermüller ging ins Zimmer zurück,
wo Jansen die Vernehmung beendet hatte und gerade den kleinen Recorder abschaltete.
Während Felipe schuldbewusst bei Oliver Kampmann um gut Wetter buhlte, unterrichtete
Angermüller seinen Kollegen leise über die neueste Entwicklung.
»Ja, Kumpel – alles klar?«, fragte
der Kubaner immer wieder fast ängstlich besorgt den jungen Kampmann, der erst zögerte,
sich dann aber von diesem Drängen geschlagen geben musste und seufzte:
»O.k.!«
Ein glückliches Strahlen breitete
sich in Felipes Gesicht aus und er wiederholte ununterbrochen:
»O.k. Kumpel, alles klar, Kumpel,
o.k.«
Mehr gab sein deutscher Wortschatz
nicht her, um die große Erleichterung zu beschreiben, dass er Oliver so eine Art
Absolution abgerungen hatte.
Obwohl es dafür keinen Grund gab
– schließlich hatte der Kubaner bei seiner ersten Befragung nicht die Wahrheit gesagt
und deshalb hatten sie ihn hier in seinen vier Wänden aufsuchen müssen – hatte Angermüller
das Gefühl, ihm eine
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