Ostfriesengrab
Informationen wertlos waren? Wir bewegen uns hier beide am Rande der Legalität. Also?«
Der Mann hüstelte und machte mit dem Zeigefinger eine kleine Bewegung in Richtung Weller. Weller schob ihm den Briefumschlag rüber. »Wollen Sie nachzählen?«
»Natürlich.« Er schob seinen Ringfinger in den Briefumschlag und zerfetzte ihn.
»Fünfundzwanzig Hunderter, fünfzig Fünfziger.«
Weller wippte nervös mit der Fußspitze auf und ab. Er dachte an die Rinderfilets hinten in seinem warmen Kofferraum, die er eigentlich medium gebraten haben wollte, um sie dann zusammen mit Ann Kathrin und einem guten Glas Weißwein zu genießen.
»Ich brauche eine Unterschrift von Ihnen.« Weller legte eine Quittung vor. Sie war zweimal gefaltet, und Weller bügelte das Papier mit der Handfläche.
»Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ich Ihnen eine Quittung unterschreibe?!«
»Und wie soll ich das dann bitte abrechnen? Ich könnte das
doch genauso gut eingesteckt haben. Der Steuerzahler hat ein Recht darauf, das wir … «
»Erzählen Sie keinen Scheiß, Herr Kommissar.«
Weller stand auf. »Okay. Vergessen wir es. Geben Sie mir das Geld zurück. Die Sache ist gelaufen. Ohne Quittung keine Zahlung. Ich brauche auch nicht nur Ihre Unterschrift, ich brauche eine ladungsfähige Adresse.«
Der angebliche Privatdetektiv schreckte zurück. Seine Lippen wurden schmal und er war blass um die Mundwinkel. Sein Lächeln war sehr bemüht. Dann sagte er: »Okay. Sie haben den Tisch im De Parelvisser in der Gelkingestraat reserviert. Entweder sie sind schon da oder sie kommen jetzt jeden Augenblick dahin.«
Sofort wurden die fünftausend Euro für Weller unwichtig. Man muss im Leben Prioritäten setzen, dachte er, und ein Menschenleben ging vor. Keine noch so sinnvolle bürokratische Tätigkeit sollte ihn daran hindern, das nächste Opfer vor Meuling zu beschützen.
Weller stürmte aus dem Café. Sein Informant rief hinter ihm her: »Ich zahle schon für Sie! Wir wollen doch nicht, dass Sie noch wegen Zechprellerei verhaftet werden, nicht wahr, Herr Kommissar?«
Zwei Schritte hinter der Tür wurde Weller aufgehalten. Ein Herr um die sechzig mit einem pockennarbigen, runden Gesicht, der aussah, als hätte er als Kind die Beulenpest überlebt, hielt ihn am Ärmel fest. »Einen Moment, Herr Weller. Ich bin Hoofdinspecteur Piet Heyker. Ich habe alles mitgehört. Herr Meuling kennt Sie. Sie können hier keine Verhaftung vornehmen. Sie befinden sich nicht auf Ihrem Hoheitsgebiet.«
»Ich weiß, aber … «
»Ich habe ein Team von Spezialisten hier. Wir werden jetzt in das Restaurant gehen. Ich kenne sogar den Besitzer recht gut. Wir werden vom Nachbartisch aus mithören können. Unsere
Richtmikrophone sind klein, aber sehr effektiv. Falls sie noch nicht drin sind, können wir sogar eines unter ihrem Tisch anbringen und dann … «
»Ich will kein Hörspiel hören. Ich will ihn verhaften.«
Piet Heyker ließ keinen Widerspruch zu. Er zog Weller ein paar Meter mit sich und übergab ihn dann an zwei niederländische Kollegen. Hoofdinspecteur Heyker ging zunächst alleine ins De Parelvisser, redete kurz mit dem Kellner und verschwand dann in der Küche. Von dort aus konnte man ins Restaurant sehen. Meuling und sein neues Opfer waren noch nicht vor Ort. Der Kellner konnte dem Kommissar aber den reservierten Tisch zeigen.
Minuten später klebte unter der Tischkante ein fingernagelgroßes Funkmikrophon. Weller erhielt einen Ohrstöpsel, genauso wie Piet Heyker und die beiden anderen Kollegen.
Meuling durfte Weller auf keinen Fall sehen, deswegen wurde Weller in die Küche des Restaurants gebracht, wo er zusammen mit einem der beiden schweigsamen niederländischen Kollegen zwischen Töpfen, Löffeln und zauberhaften Gerüchen wartete. Da die Küche vom Restaurant aus gut einsehbar war, hockte ein Kollege auf dem Boden vor einem Abfalleimer, während Weller sich an die Wand neben der Essensausgabe presste, um nicht von Meuling gesehen zu werden.
Direkt neben Weller standen sechs Sahnedesserts. Er hatte Mühe, sich zu beherrschen. Am liebsten wäre er mit dem Finger in die weiße Mousse au Chocolat gefahren und hätte sie samt Kirschen aufgegessen. Es war eine unbequeme Stellung und sie waren ständig im Weg, denn in der Küche herrschte Hektik. Inzwischen waren Meuling und die junge Frau eingetroffen und fast alle Tische im Lokal besetzt.
Weller tröstete sich mit dem Gedanken, dass er ja nicht zur Entspannung gekommen war und bald schon
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