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Ostfriesengrab

Ostfriesengrab

Titel: Ostfriesengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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und auch sie nahm Ann Kathrin wahr, wie sie wirklich war. Sie lächelten komplizenhaft. Sie brauchten keine Worte.
    Sie frühstückte nicht. Schließlich hatte sie sich ein gutes Frühstück bestellt. Sie trank nur ein Glas Mineralwasser und verbrachte gut anderthalb Stunden im Bad, um sich zurechtzumachen. Sie, die sonst in Minuten fertig war, wenn sie zum Dienst musste, konnte plötzlich gar nicht aufhören, ihre Haut
einzucremen, neues, anderes, besseres Make-up aufzulegen und die Haare zu föhnen und zu frisieren.
    Die Veränderung beginnt schon jetzt, dachte sie, und es war ihr ein bisschen unheimlich zumute.
    Weller hatte ihr drei SMS geschickt.
     
    0 . 11 Uhr:
    Ich liebe dich, Ann. Ruh dich aus. Lass dich ein bisschen gehen. Die letzte Zeit war hart für uns alle. Kuss. Frank.
    1 . 22 Uhr:
    Dieses Schwein hält uns die ganze Zeit auf Trab. Wir haben gerade einen Spinner hoppgenommen, der behauptet, Meuling zu sein. Er will eine gespaltene Persönlichkeit sein. Manchmal Sozialarbeiter und dann wieder plötzlich …
    Dann, um 3 . 15 Uhr:
    Ich wäre jetzt so gerne bei dir. Es lohnt sich nicht mehr. Ich penne in meiner Bude in Aurich. Gute Nacht, du Wundervolle.
    Sie schrieb zurück:
    Ich hab mich gestern voll laufenlassen und jetzt einen kleinen Kater.
    Viel Erfolg bei der Jagd!
    Sie wunderte sich zwar darüber, aber in Wirklichkeit hatte sie gar keinen Kater. Im Gegenteil, sie fühlte sich merkwürdig klar, ausgeruht und frisch. Etwas an dem Abend und der Nacht hatte ihr sehr gutgetan.
    Es war kurz vor zehn. Am Himmel war keine Wolke zu sehen, nur ein Flugzeug zog einen weißen Kondensstreifen am Himmel entlang. Witzigerweise sah es so aus, als wollte der Flieger ihr den direkten Weg weisen. Von ihrem Haus zu dem von Heiner Zimmermann.
    Ann Kathrin ging zunächst zur Backstube und holte dort ihr Fahrrad ab.
     
    Unter den vielen Fotos aus dem Schlosspark Lütetsburg, die nach dem Aufruf im Kurier von Lesern geschickt worden waren, fanden sich auch ein paar besonders schöne, fast künstlerische Aufnahmen von Herma Heyken. Sie hatte Rhododendronblüten mit höchstens zwanzig oder dreißig Zentimetern Abstand aufgenommen. Das Sonnenlicht schien durch die zarten Blüten hindurchzuscheinen.
    Rupert überlegte sogar, sich eines dieser Bilder als Bildschirmschoner hochzuladen, aber da waren noch drei, die ihn besonders interessierten. Es waren Bilder von Heiner Zimmermann. Sein Name stand sogar darunter. Frau Heyken hatte ihn fotografiert, während er in der schönsten Blütenpracht im Schlosspark stand und seine Staffelei aufbaute.
    Das zweite Foto zeigte ihn, wie er bereits die Grundierung schuf.
    Auf dem dritten Foto konnte Rupert kaum noch erkennen, wo das Bild aufhörte und die Natur begann. Zimmermann stand mit seiner Staffelei vor dem Rhododendronstrauch, den er malte, und das Abbild schien eins zu werden mit dem Original.
    Frau Heyken hatte eine Mail dazu geschrieben:
    Ich habe unseren ostfriesischen Maler Heiner Zimmermann im Schlosspark fotografiert. Er ist ein sehr angenehmer Mensch. Ich konnte ihn dort ansprechen, und er war bereit, uns für unsere Aktion »Keine Kirche ohne Pastor« ein Bild zu stiften. Es ist genau das Bild, das er hier gerade malt. Mit der Aktion will unsere Gemeinde Geld für die Besetzung von Pastorenstellen einwerben. Als Auftaktveranstaltung soll es eine große Versteigerung geben, für die einige der örtlichen Künstler Werke zur Verfügung stellen.
    Nicht weit von Heiner Zimmermann entfernt stand ein dicker, stiernackiger Mann und sah ihm aufmerksam zu. Der kleine Dicke kam Rupert so vor, als hätte er ihn schon einmal gesehen. Er verglich ihn mit dem Foto von Sebastian Köhler.
    »Schau dir das mal an«, pfiff Rupert mit aufeinandergebissenen Zähnen. Weller war sofort bei ihm.
    »Das Bild hier hat Sebastian Köhler mit seinem Handy auf der Fähre geschossen. Der kleine Lümmel hat sich natürlich mehr für die Beine und den Arsch von Verena Glück interessiert, aber dieses Schweinchen hier hat er mit draufbekommen. Und ich verwette meinen Jahresurlaub, wenn das nicht genau der Typ hier ist, der unserem Maler zuschaut.«
    »Er guckt, als würde er sie ausziehen«, stellte Weller trocken fest.
    »Vielleicht haben wir gleich zwei Fotos von unserem Täter«, orakelte Rupert. »Hier sehen wir, wie er den Tatort besichtigt und sich noch von dem Maler inspirieren lässt, und hier schaut er sich sein nächstes Opfer an.«
    Das war wieder typisch für Rupert, dachte Weller. Erst findet

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