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Ostfriesengrab

Ostfriesengrab

Titel: Ostfriesengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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er die Aktion mit den Fotos idiotisch, jetzt hängt er sich dran und versucht, seinen Honig daraus zu saugen.
    »Du glaubst nicht mehr daran, dass Meuling unser Mann ist?«
    Rupert wog den Kopf hin und her. »Im Grunde schon. Aber … «
    »Aber was?«
    »Ich will nur keine Möglichkeit außer Acht lassen. Ich hätte zu gerne seinen Namen und seine Adresse. Nach einer Hausdurchsuchung wären wir weiter.«
    »Ja, aber die Sachlage ist ziemlich dünn. Wir können schlecht ein Fahndungsfoto herausgeben, weil … «
    »Kein Fahndungsfoto. Aber wir könnten ihn als Zeugen suchen.«
    »Wie denn? Wieder die Presse? Zeitung, Fernsehen? Sind die Medien nicht schon verrückt genug? Die sind doch bei dem, bevor wir überhaupt wissen, wo er wohnt. Dann kannst du ihn in der nächsten Talkshow sehen. Statt uns hier in Nebenkriegsschauplätze zu verirren, sollten wir uns auf Meuling konzentrieren.«
    »Ich denke, der war es nicht?«
    Weller sah Rupert mitleidig an. »Der hat nur eine gute Anwältin und verdammt viel Glück. Aber der zweite Mord bricht ihm den Hals. Hat es ja nicht lange ausgehalten, ohne die nächste zu ermorden.«
    Rupert hatte geglaubt, wieder fit zu sein. Der neue Mord war wie eine Energiespritze für ihn. Aber jetzt merkte er, dass er sich übernommen hatte. Er musste dringend zur Toilette, das Darmkneifen wurde unerträglich.
     
    Heiner Zimmermann hatte sich Mühe gegeben. Das Frühstück war ganz nach Ann Kathrins Wünschen gerichtet und dazu gab es noch einen frisch gepressten Obstsaft, Birnen aus dem eigenen Garten mit einem Schuss Grapefruit- und Orangensaft.
    Sie sprachen wenig beim Essen. Er sah sie dafür umso intensiver an. Es gefiel ihr, dass er keine Erklärungen verlangte. Sie musste sich nicht rechtfertigen. Alles war gut so, wie es war.
    »Du schaust mich so suchend an.«
    »Suchend ist das richtige Wort. Ich bin auf der Suche nach einer Vision. Ich brauche zuerst eine Vision von dir, bevor ich dich dann richtig malen kann.«
    Er stützte seine Ellbogen auf dem Tisch auf und legte den Kopf in seine Hände. Ihr war, als würde er tief in ihre Seele schauen.
    Wenn das hier nur Show ist, dachte sie, dann ist die Show ziemlich überzeugend.
    Sie konnte sich vorstellen, warum viele Frauen das genossen
hatten. Man konnte süchtig werden nach diesem Blick. Nach so viel Zuwendung und Aufmerksamkeit.
    »Vielleicht«, sagte er, »sollte ich gar kein Bild malen, sondern eine Skulptur schaffen.«
    Er stand auf und begann mit den Händen in der Luft ihren Körper zu modellieren. Er war gut zwei Meter von ihr entfernt und zwischen ihnen stand der Frühstückstisch, aber ihr war, als würde sie seine Hände auf ihrem Körper spüren.
    »Nein«, sagte sie. »Lieber ein Bild. Bilder finde ich lebendiger. Skulpturen haben so etwas … «
    »Totes?«, fragte er. »Dann hast du sie nur noch nicht richtig angeschaut. Viele Menschen scheuen sich, eine Skulptur wirklich anzusehen. Wahrscheinlich ist etwas in unserer Erziehung schiefgegangen. Für manche Menschen ist es fast so, als würden sie durch ein Schlüsselloch in anderer Leute Badezimmer gucken.«
    Er ging zu einer seiner Skulpturen. Sie hatte schmale Schultern und ausladende Hüften. Sie stand in der Ecke mit dem Gesicht zur Wand und erinnerte Ann Kathrin so an einen Klassenkameraden, der zur Strafe für eine freche Antwort in die Ecke gestellt worden war. Sie hatte diese Art der Bestrafung nur einmal erlebt: bei einem alten Pädagogen, der dann bald danach pensioniert wurde.
    Heiner Zimmermann legte einen Arm um die Figur, als ob es sich um einen lebenden Menschen handeln würde. Er flüsterte ihr sogar etwas ins Ohr und drehte sie dann vorsichtig um. Das Gesicht passte nicht wirklich zum Körper, es war mädchenhaft. Das Gesicht einer Dreizehn-, Vierzehnjährigen mit dem Körper einer Frau zwischen vierzig und fünfzig.
    Je länger Ann Kathrin hinsah, umso unheimlicher wurde ihr diese Skulptur. Es war nicht einfach das Gesicht eines jungen Mädchens. Die Haut war über dem Gesicht gestrafft, die Augen verkleinert. Die birnenförmige linke Brust hing schwer herab, die rechte war wesentlich kleiner und geformt wie ein kleiner
Apfel, der noch nicht voll ausgewachsen war. Es wirkte, als würde die Brust zu einer anderen Frau gehören.
    Ann Kathrin wollte gerade sagen: »Das ist wohl eher eines deiner misslungenen Werke«, da erklärte er: »Sie hat Abstand genommen, als sie meine Vision sah.«
    »Abstand wovon?«
    »Von der geplanten Schönheitsoperation. Sie

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