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Ostfriesengrab

Ostfriesengrab

Titel: Ostfriesengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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auch nur, irgendwie über die Runden zu kommen, verstehen Sie das denn nicht? Wenn die beiden Mädels da ihre Arbeitsplätze verlieren, wem ist damit geholfen?«
    »Genau«, zischte Weller zynisch, »und Ihre Steuern haben Sie ja schließlich immer ordentlich bezahlt. Ich nehme an, auch von den tausendzweihundert Euro.«
    »Selbstverständlich läuft das alles korrekt durch die Bücher.«
     
    Die neuen Nachbarn machten Rupert fertig. Sie setzten ihm mehr zu als der Magen-und-Darm-Virus. Sie sahen harmlos aus. Eine nette Familie. Sie grüßten auf der Straße, niemand von ihnen rauchte, und der Sohn fuhr auch kein knatterndes Motorrad. Aber dafür machten sie Hausmusik.
    Der Vater spielte Klarinette und manchmal Tenorsaxophon. Die Mutter Geige, der Sohn Kontrabass, die Tochter Blockflöte und Gitarre.
    Sie übten jetzt schon seit zwei Stunden ein selbstkomponiertes Lied. Für Rupert hörte es sich an, als ob sie sich noch nicht ganz auf die Tonart geeinigt hätten, geschweige denn auf den Rhythmus.
    Er lag im Bett und wollte sich eigentlich nur ausruhen. Obwohl ihm Stille lieber gewesen wäre, versuchte er, das Gejaule nebenan mit seiner Beatles-Sammlung zu übertönen. Helter Skelter. Eigentlich wollte er die gute Nachbarschaft nicht aufs Spiel setzen, aber dann entschied er sich doch anzurufen. Die Sache musste geklärt werden. Ein für alle Mal. So ging das nicht.
    Wenn die so gerne musizieren, dann müssen sie sich eben ein Musikzimmer zulegen, dachte er.
    Er schlug dem Vater und Bandleader vor, für schalldichte Wände zu sorgen wie in einem richtigen Studio. »Ich hab als Schüler auch in einer Band gespielt«, sagte Rupert, um Eindruck zu schinden. »Wir haben damals Eierkartons an die Wände geklebt, um den Lärm zu dämpfen … «
    Mein Gott, dachte Rupert, das ist es. Er unterbrach das Gespräch und wählte die Handynummer von Ubbo Heide. Als sein Chef sich meldete, legte Rupert sofort los.
    »Ein Musikzimmer. Wir müssen nach einem Musikzimmer suchen. Einem Proberaum für eine Band. Irgend so was. Er bringt die Opfer da hin und dort tötet er sie. Deshalb hört niemand die Schreie.«
    »Gute Arbeit, Rupert. Gute Arbeit. Wie bist du denn da drauf gekommen?«
    »Durch Nachdenken«, log Rupert, während nebenan die Hausmusik von neuem begann.
    »Ich weiß nicht, ob man Baugenehmigungen für so was braucht. Die Wände sind bestimmt nicht stümperhaft schallisoliert,
sondern ich wette, es hat bauliche Veränderungen gegeben.«
    Ubbo Heide triumphierte geradezu. Es gefiel ihm, dass diese Idee aus seinen Reihen kam und nicht durch die zusätzlichen Kräfte, die nach Aurich gekommen waren, um die Ermittlungen voranzutreiben. Es war eine Sache der Ehre für ihn, den Fall aus eigener Kraft zu lösen.
    Ubbo Heide rief in den Raum: »Fragt bei den Jungs vom Bauamt nach! Und wir brauchen eine Liste von allen Bands, Musikern und so weiter. Proberäume. Alles, was irgendwie schalldicht isoliert ist. Fragt in Baumärkten nach. Ich will, dass augenblicklich alle Architekten durchtelefoniert werden. Wer hat so was eingeplant oder nachträglich einbauen lassen?«
    Dann wendete er sich an Rupert. »Nochmals danke. Bist du eigentlich noch krankgeschrieben oder … «
    »Wenn ihr mich braucht, bin ich sofort da.«
    »Übernimm dich nicht. Besser, du kurierst dich ein, zwei Tage aus, als dass du uns noch länger ausfällst.«
    »Wenn ihr ihn hoppnehmt, will ich dabei sein«, gestand Rupert. Dafür hatte Ubbo Heide wahrlich Verständnis.
    Im Laufe der nächsten Stunden bekamen sechsundsiebzig Personen auf Norderney, in Aurich, Norden, Wittmund, Jever und Emden Besuch von der Polizei. Da die Beamten damit rechnen mussten, auf einen gewaltbereiten Schwerverbrecher zu treffen, sicherten sie sich dementsprechend ab und traten martialisch auf. Musikgeschäfte und Proberäume wurden gestürmt, ein Schulorchester aufgeschreckt, und für einen Musiklehrer aus Hage, der erst vor wenigen Wochen sein eigenes Tonstudio fertiggestellt hatte, war das alles zu viel. Er erlitt am Abend einen Schlaganfall.
    Weller sprach Ann Kathrin auf die Mailbox und berichtete ihr von der Aktion. Ihre Antwort kam per SMS :
    Der Friseur ist nicht der Typ, der sich eine Genehmigung einholt oder einen Architekten beauftragt. Der macht garantiert alles selber.
    Irgendetwas an dieser Nachricht entmutigte Weller, obwohl er gerade noch so euphorisch gewesen war.
     
    Bis jetzt war alles ganz einfach gewesen. Er konnte das Setting im Park Lütetsburg weitgehend

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