OstfriesenKiller
den Kopf. »Aber ich bitte Sie. Wir haben es mit zwei Leichen zu tun. Das zweite Opfer wurde nicht erschossen, sondern vermutlich mit einem Schwert oder einer Machete am Deich erschlagen.«
Staatsanwalt Scherer winkte ab. »Wir haben keine Hinweise darauf, dass die Fälle in einem direkten Zusammenhang stehen. Es kann sich um verschiedene Täter handeln.«
»Zwei Morde, an einem Abend, hier bei uns in Ostfriesland?«
»Nun, die Duplizität der Ereignisse ist sicherlich verwirrend, aber vergessen Sie nicht, Frau Kollegin, dass es sich um zwei völlig unterschiedliche Tötungsarten handelt.«
»Aber es gibt einen Zusammenhang zwischen beiden Opfern. Beide arbeiteten für den Verein Regenbogen.«
Staatsanwalt Scherer lockerte seine Krawatte. »Wir sollten die Kollegen aus den USA um Beistand bitten. Wir haben schließlich mit so etwas keinerlei Erfahrung.«
Ann Kathrin war enttäuscht. Sie zeigte es ihren Kollegen deutlich. »Na prima. Aber bis wir internationale Hilfe bekommen, ermitteln wir weiter in seinem Umfeld. Das kleine Einmaleins. Wer hatte ein Motiv? Wer einen Vorteil?«
Am Computer lief das Spiel weiter. Rupert stieß Weller an: »Es gibt noch mehr schöne Sachen. Möchtest du lieber als US -Marine Iraker erschießen oder Geiseln befreien?«
Ann Kathrin legte von hinten die Hand auf Ruperts Schulter. »Rupert. Es reicht.«
Sie bat die Herren wieder an den Tisch und berichtete, was sie über den Fall Kai Uphoff wusste. »Er war als Sprayer, der die Frisia V verunstaltet hat, verhaftet worden, und er muss etwa anderthalb Stunden vor dem Todesschuss auf Ulf Speicher an seiner Tür geklingelt haben. Auch bei ihm wurde nichts entwendet. Er muss ein Handy bei sich gehabt haben, aber das hat man bis jetzt nicht gefunden. Ich sehe sehr wohl Parallelen. Nicht nur, dass beide Männer kurz nacheinander ermordet wurden und beide im Regenbogen-Verein arbeiteten. Nein, beide Tötungsdelikte sehen beinahe wie Hinrichtungen aus. Fast rituell. Jeweils wurde das Opfer belauert, belauscht, beobachtet und dann angegriffen. In keinem Fall hatte das Opfer eine Chance, weder bei der Kugel noch bei dem Schwerthieb. Und da war noch etwas …« Der Zusammenhang fiel ihr erst jetzt auf. Sie musste an die Aktfotos denken und sah den toten Ulf Speicher nackt auf dem Küchenboden liegen.
Sie sagte es ungeschützt in den Raum: »Beide Opfer hatten offensichtlich ein erfülltes Liebesleben. Der eine wurde beim Sex erschossen, der andere kam direkt von seiner Freundin. Die haben wahrscheinlich auch nicht nur den Rosenkranz gebetet.«
Der Staatsanwalt schüttelte den Kopf und verzog spöttisch die Mundwinkel. »Aber ich bitte Sie! Wollen Sie uns jetzt weismachen, dass ein wahnsinniger Killer durch Ostfriesland läuft, der das Glück von Pärchen nicht ertragen kann und dann die Männer abschlachtet?«
»Nein, das will ich nicht. Ich suche nur einen Zusammenhang.«
Staatsanwalt Scherer lachte. »Nein, Sie konstruieren einen, Frau Klaasen. Das ist etwas anderes.«
Ann Kathrin registrierte die Blicke zwischen Ubbo Heide, Rupert und dem Staatsanwalt. War das hier ein abgekartetes Spiel? Versuchten die drei, sie aus dem Fall herauszukicken? Ging es darum?
Sie ging entschlossen zur Tür. »Ich habe jetzt einen Zeugen zu vernehmen.«
Rieke Gersema hob abwehrend die Hände: »Moment, Moment! Wir gehen gleich in die Pressekonferenz. Was sage ich denn da?«
Ann Kathrin sah Weller auffordernd an. Er sollte mit ihr kommen. Dann wandte sie sich schnippisch an Rupert und zeigte auf Rieke Gersema: »Das könnt ihr beiden doch bestimmt gut gemeinsam klären, oder nicht?«
Weller fuhr den Wagen. Ann Kathrin saß neben ihm und blätterte in einem der Aktenordner, die sie aus dem Regenbogen-Verein mitgenommen hatte. Weller wagte nicht, sie anzusprechen. Er spürte, dass sie immer noch vor Wut über Ruperts Verhalten kochte.
Ann Kathrin blätterte die Seiten so heftig um, dass eine aus dem Ordner herausriss.
Weller stöhnte. »Mein Gott, er hat das nicht so gemeint. Es ist nur eine Theorie. Er muss sie doch wohl äußern dürfen!«
Ann Kathrin antwortete nicht darauf. Ihr wurde plötzlich ein Zusammenhang klar. »Natürlich! Weißt du, warum wir das Handy nicht finden? Der Täter hat es mitgenommen.«
»Aber Ann. Niemand tötet einen Menschen, um sein Handy zu klauen.«
»Natürlich nicht. Aber der Täter hat nicht am Deich mit dem Schwert in der Hand auf ein zufälliges Opfer gewartet. Das glaubst du doch selber nicht. Er hat das
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