OstfriesenKiller
wieso sind Sie dann nicht mit dem Wohnwagen zurückgefahren und haben sie an die Luft gesetzt? Es ist doch Ihr Fahrzeug.«
»Herrje, ich war sie einfach leid. Ich hab sie im Wohnwagen sitzenlassen. Erst dachte ich, dass ich vielleicht wieder zurückgehe, wenn sie sich beruhigt hat. Aber dann hörte ich in den Nachrichten von der Demo in Aurich, und dann hab ich einfach den nächsten Zug genommen und bin zurück.«
»Zurück mit dem Zug, ja? Nach Aurich? Nach Aurich gibt’s schon seit den siebziger Jahren keine Bahnverbindung mehr.«
Kohlhammer stöhnte: »Ich bin nach Emden gefahren. Da haben wir eine Vertretung. Mein Betrieb verfügt über vierzehn Pkws. Ich selber besitze zwei. Einen schwarzen Mercedes T-Klasse für Geschäftstermine und einen Chrysler Grand Voyager.«
»Ihre Schwerter werden im Labor untersucht. Wieso habe ich das Gefühl, dass wir daran Blutspuren entdecken werden?«, fragte Rupert.
Kohlhammer lachte: »Das sind Dekorationsstücke, Herr Kommissar. Sammlerstücke. Damit schlagen wir uns nicht die Köpfe ein!«
Staatsanwalt Scherer sah Rupert an und nickte ihm zu. »Kochen Sie ihn gar.«
Zu gern hätte der Staatsanwalt noch vor Beginn der Demonstration die Pressemeldung herausgegeben:
Der Mörder ist gefasst und geständig.
Rupert war froh, dass sie Ann Kathrin Klaasen nicht dazugerufen hatten. Sie würde seine Verhörmethoden bestimmt nicht gutheißen. Aber er schaltete jetzt eine härtere Gangart ein. Sie spielten jetzt nicht mehr
Guter Bulle, böser Bulle
, o nein. Sie spielten
Böser Bulle, böser Bulle
.
Sie schlugen Kohlhammer nicht, und sie drohten ihm auch nicht. Aber sie schüchterten ihn so sehr ein, dass er schon zwanzig Minuten später wie ein Häufchen Elend zusammengesunken auf seinem Stuhl saß und um einen Anwalt bat und ein Glas Wasser.
Sonntag, 01.Mai, 14.00 Uhr
Es waren noch zwei Stunden bis zur Demonstration. Caro Schmidt saß entnervt an ihrem Computer. Ihr freiwilliges soziales Jahr im Regenbogen-Verein war fast beendet. Sie sollte einen Bericht über ihre Erfahrungen abliefern. Eigentlich hätte der schon am 20.April vorliegen müssen. Ulf Speicher wollte zum zehnjährigen Bestehen eine Jubiläumsschrift herausbringen, in der nicht das übliche Gejubele nachzulesen war, sondern Berichte aus der Praxis. Er nannte das Ganze »Berichte von der Front«. Jeder Ratsherr, jeder Landtagsabgeordnete, der zum Gratulieren kam, sollte so eine Schrift überreicht bekommen.
Sie hatte die Ehre, darin über die vergangenen Monate im Verein zu berichten. Sie sollte drei Seiten abliefern. Inzwischen waren es schon zwölf. Nach dem Tod von Ulf Speicher glaubte sowieso kaum noch einer daran, dass die Festschrift rechtzeitig zum Jubiläum fertig werden würde.
Am Montag, so hatte Jutta Breuer gesagt, solle alles in den Druck gehen. Also musste Caro morgen früh, bei der Mitarbeiterkonferenz, wenn die Demonstration ausgewertet werden würde, ihren Bericht abgeben. Spätestens dann. Gestern Nacht, als sie nur noch den Schlusssatz formulieren wollte, um dann alles auf die richtige Schriftform umzuformatieren, war der PC abgestürzt. Zunächst hatte sie versucht, das Problem selbst zu beheben. Sie kam sich als junge Frau dämlich dabei vor, wenn sie in Computerangelegenheiten Männer um Rat fragen musste. Aber jetzt sagte das Ding keinen Pieps mehr. Egal, welche Taste sie drückte, sie schaffte es nicht mal, dass der Bildschirmschoner erschien, auf dem ein Regenbogen zu sehen war. In der Mitte des Regenbogens stand Ulf Speicher, links daneben Rainer Kohlhammer und rechts von ihm Sylvia Kleine. Ulf Speicher sah nicht aus wie der Chef eines Vereins für Behindertenbetreuung mit seinen Klienten. Er sah mehr aus wie ein stolzer Vater mit seinen beiden Kindern.
Caro Schmidt wickelte ihren Laptop in eine Wolldecke, packte ihn auf ihr Fahrrad und strampelte los zu Josef de Vries. Der gemütliche Logopäde wusste alles über Computer. Ulf Speicher hatte oft über ihn gesagt: »Aus zwei alten Kassettenrekordern macht der Josef uns einen neuen Laptop.«
Er musste ihr helfen. Caro beschloss, ihn anzuzuckern. Er konnte hilflosen Frauen nicht widerstehen. Frauen wollten meistens nur dann was von ihm, wenn sie ein Computerproblem hatten oder ihre Kinder ein Sprachproblem.
Caro schob ihr Fahrrad an dem kleinen Rinnsal vorbei durch das Gartentor. Zunächst glaubte sie, dass Josef de Vries einen Rohrbruch in der Wohnung haben müsste. Das Holz der Tür war unten schon ganz aufgequollen.
Sie
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