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OstfriesenKiller

OstfriesenKiller

Titel: OstfriesenKiller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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klingelte, sie klopfte gegen die Fenster. Aber sie schöpfte noch keinen Verdacht. Warum auch? Wahrscheinlich befand er sich im Vereinsbüro und bereitete die Demonstration vor. Vielleicht gab es Probleme mit der Lautsprecheranlage. Es gab ja tausend Dinge zu tun. Und jetzt kam sie noch mit einem zusätzlichen Problem angelaufen. Caro fühlte sich ein bisschen schuldig.
    Dann klingelte sie bei den Nachbarn. Die entschieden sich rasch, die Polizei zu rufen. Aber alle Einsatzkräfte hatten Hochbetrieb. Um so etwas konnte man sich im Moment nicht kümmern. Alles, was nichts mit der Demonstration oder den Morden zu tun hatte, wurde zur Lappalie deklariert.
    Sie erhielten den freundlichen Hinweis, sich doch besser an die Feuerwehr zu wenden. Die kam dann auch sofort.
    Um 14.32 Uhr wurde die nackte Leiche von Josef de Vries im Badezimmer gefunden. Sieben Minuten später war Weller da. Noch vor dem Arzt. Ausnahmsweise sagte mal nicht der Pathologe dem Kriminalbeamten, was passiert war, sondern der Kriminalbeamte dem Pathologen: »Er ist ermordet worden. Stellen Sie nur fest, wie.«
    Weller tippte auf Gift. Er wusste nur nicht, wie man es de Vries verabreicht hatte. Aber dass in diesen Stunden ein Mitarbeiter des Regenbogen-Vereins eines natürlichen Todes starb, daran hätte nicht mal Staatsanwalt Scherer geglaubt.
    Der Pathologe suchte den Körper nach feinen Einstichen ab. Er vermutete genau wie Weller zunächst, dass das Gift möglicherweise mit einer Spritze injiziert worden sei.
    Weller stellte sich ein Blasrohr vor. Es erschien ihm überhaupt nicht lächerlich, sondern in der Logik der Ereignisse. Eine Kugel aus dem Ersten Weltkrieg, ein Schwerthieb, ein Pfeil – warum jetzt nicht die lautlose Waffe von Buschmännern? Ein kleiner Piekser beim Duschen und aus.
    Dann fand Heiko Reuters von der Spurensicherung die Pralinen im Wohnzimmer.

Sonntag, 01.Mai, 16.00 Uhr
    Seit mehr als einer Stunde war der Marktplatz überfüllt. Sämtliche Zufahrtsstraßen nach Aurich waren mit Bussen oder Pkws blockiert. Noch immer bewegten sich Fahrzeuglawinen auf Aurich zu.
    Die Polizei schätzte ungefähr siebentausend Demonstranten, die Veranstalter sprachen von weit mehr als zehntausend. Der Kanzler und der Ministerpräsident erschienen tatsächlich, jeder war bereit, sich an die Spitze einer Bewegung für ein anständiges, behindertengerechtes Deutschland zu stellen. Der Kanzler sollte zuletzt sprechen. Direkt nach Ludwig Bongart.
    Während die anderen ihre Konzepte noch einmal nervös überflogen, wusste Ludwig Bongart genau, was er sagen wollte. Er brauchte kein Papier. Er sprach aus dem Herzen.
    Pia Herrstein war bei ihm. Ganz wie erwartet. Sie trug den dicken Bauch stolz vor sich her.
    Ann Kathrin Klaasen stand in der Menge. Neben ihr Sylvia Kleine und Tamara Pawlow. Tamara konnte die Augen nicht von Rainer Kohlhammer lassen, der auf der Bühne neben dem Kanzler stand. Konnte es ein Behinderter weiter bringen? War er nicht ein Mann zum Verlieben? Sie konnte nicht hören, was er sagte, aber der Kanzler sprach tatsächlich mit ihm, und er brachte den Kanzler zum Lachen. Sie sah, dass der Kanzler Rainer auf die Schultern klopfte. Die beiden schienen Freunde zu werden.
    Sylvia hatte dagegen nur Augen für Ludwig. Es schmerzte sie, dass nicht sie da oben neben ihm auf der Bühne stand, sondern diese blöde schwangere Kuh Pia.
    »Die passt doch gar nicht zu ihm«, flüsterte sie in Ann Kathrins Ohr.
    Ann Kathrin schaute zu den umliegenden Fenstern. Stand der Mörder hinter einer Gardine? Oder war er hier unten, inmitten der Menge, dachte sie. Was musste das für ein Gefühl sein? War es der totale Triumph? Fühlte er sich etwa wirklich wichtig, mächtig? Und spürte er, wie sehr er allen Angst eingejagt hatte? Er dominierte die Schlagzeilen sämtlicher Tageszeitungen. Er war Top 1 jeder Nachrichtensendung. Und jetzt das hier.
    Sie sah in einzelne Gesichter. Sie suchte jemanden mit einem satten inneren Grinsen. Vielleicht, dachte sie, ist er mir ganz nah. Ich muss nur in der Lage sein, ihn zu erkennen. Er hat mich nackt im Garten gesehen. Er hat mich beobachtet. Wenn ich ihm jetzt zu nahe komme, wird er auf mich reagieren. Da war sich Ann Kathrin völlig sicher.
    Lioba Winter stand mit ihren Kindern vorn in der ersten Reihe, um ja nichts zu verpassen. Ihre Mutter war bei ihr und auch Pastor Rehm. Gleich daneben standen die Eltern von Kai Uphoff und Kira Sassmannshausen. Sie stützten sich gegenseitig in ihrem Schmerz.
    Jeder von ihnen

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