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Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)

Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)

Titel: Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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ungewaschen aussehen.
    Das Frühstück stand fast unangerührt vor ihm. Der Kaffee war im Plastikbecher kalt geworden. Auf dem Becher stand: Coffee to go . Ein Stück Fleischwurst wies deutliche Spuren seiner Zähne auf. Von dem Brötchen hatte er sich offensichtlich ein Stückchen abgerissen und es verspeist.
    Ubbos Kopf fiel nach vorn. Durch die Bewegung wurde er wach, zuckte zusammen, setzte sich anders hin und riss seine Augen weit auf. Er lächelte, um die Peinlichkeit seines Einschlafens zu überspielen.
    »Du hast die Nacht hier im Büro verbracht«, sagte Ann Kathrin, und es klang fürsorglich, wie eine Tochter mit ihrem Vater spricht, wenn sie merkt, dass er sich übernimmt.
    Er winkte ab. »In meinem Alter braucht man nicht mehr viel Schlaf. Man nennt das senile Bettflucht«, grinste er.
    Am liebsten hätte sie ihm geantwortet : Irrtum. In deinem Alter sollte man seine Pension genießen, die Füße irgendwo in der Sonne hochlegen und um diese Zeit die Tageszeitung lesen, mit einem entspannenden Glas Tee.
    Stattdessen sagte sie: »Ich konnte auch nicht schlafen, Ubbo. Ich habe alle unsere Systeme nach Vorfällen mit Zwillingen durchforscht. Es gibt kein Ordnungssystem dafür. Es ist nie einer auf die Idee gekommen, Straftaten gegen Zwillinge gesondert zu registrieren.«
    Ubbo wischte sich mit beiden Händen übers Gesicht und probierte einen Schluck von dem kalt gewordenen Kaffee. Er verzog das Gesicht. Er schüttelte angewidert den Kopf. »Ich bin mir nicht sicher, ob es legal ist, dieses Zeug zu verkaufen«, spottete er. Dann, als müsste er sich zusammenreißen, ballte er die rechte Faust und drückte sie gegen seinen Schreibtischstuhl. Er reckte sich, und Ann Kathrin hörte ein verdächtiges Knochenknacken. Sie hoffte, dass es nicht seine Wirbelsäule war.
    »Ein bisschen Sport täte dir auch ganz gut.«
    Er tat, als hätte sie das gar nicht gesagt und biss fast trotzig in die Fleischwurst.
    »In Oldenburg im Elisabeth-Kinderkrankenhaus hat vor zwei Jahren jemand versucht, ein Zwillingspärchen zu entführen.«
    Ubbo blickte jetzt hellwach auf. Sie kannte das an ihm. Eine winzige Information reichte manchmal aus, um einen Fall zu wenden. Er spürte das sofort. Und ab dann war er voll da.
    »Versucht …«, fragte er vorsichtig nach.
    »Ja, deswegen hat es kein großes Theater gegeben. Im Grunde ist ja nichts passiert. Wenn man allerdings bedenkt, was wir hier in den letzten Tagen erlebt haben, dann sieht die Geschichte ganz anders aus.«
    Ann Kathrin fasste die Fakten für Ubbo rasch zusammen: »Eine als Säuglingsschwester verkleidete Person hat die Babys aus den Betten geholt und zum Ausgang getragen. Der Großvater wollte seine Enkelkinder besuchen, und ihm fiel auf, dass die Krankenschwester die Babys bei eisiger Kälte – es war im Januar – auf ihrem Fahrrad transportieren wollte. Der Mann schöpfte Verdacht, hielt die Frau an. Sie ließ ihm die Kinder und floh mit dem Rad, nicht ohne ihm vorher in die Weichteile getreten zu haben.«
    Ubbo Heide pfiff leise durch die Lippen. Er stand auf. Mit einer Hand auf den Schreibtisch gestützt, machte er mehrere Kniebeugen, und es sah überhaupt nicht lächerlich aus, sondern er wirkte auf Ann Kathrin wie ein Mann, der seine letzten Kraftreserven mobilisieren will.
    »Wie ging das Ganze weiter?«, wollte er wissen.
    »Gar nicht. Ende der Geschichte. Den Zwillingen geht es prima, der Vorfall wiederholte sich nicht. Die Ermittlungen verliefen im Sande und wurden irgendwann eingestellt.«
    »Was folgerst du daraus?«, fragte Ubbo.
    Nun verfiel Ann Kathrin in ihren Verhörgang. Drei Schritte. Eine Kehrtwendung. Drei Schritte. Ein Blick auf Ubbo Heide.
    »Wir sind die ganze Zeit von einem männlichen Täter ausgegangen, weil wir ein totes Mädchen im Uplengener Moor gefunden haben. Man denkt natürlich gleich an Sexualstraftaten und …« Sie holte tief Luft. »Aber entweder haben wir es mit einer Frau zu tun oder mit einem Pärchen.«
    Ubbo Heide machte weiter Kniebeugen und zählte leise mit. Er war schon bei fünfundzwanzig. Dann blieb er auf halber Höhe stecken und fasste sich in den Rücken.
    Ann Kathrin war sofort bei ihm, doch er wollte sich nicht helfen lassen. Halb gebeugt arbeitete er sich zu seinem Bürosessel vor und ließ sich stöhnend hineinfallen. Bevor sie etwas sagen konnte, hob er die Hand und deutete ihr an, sie solle schweigen.
    »Bitte erspar mir jetzt irgendwelche Kommentare. Der Rücken leidet nicht nur unter der täglichen

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