Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)
Elisabeth-Kinderkrankenhaus gearbeitet hat?«
»Ich hasse Ratespiele, Ann Kathrin! Das hier ist nicht Wer wird Millionär? !«
Ann Kathrin drückte ihre Fingerspitzen zusammen und konzentrierte sich.
»Also?«, fragte er ungeduldig nach.
»Die Schwester von Frau Professor Dr. Hildegard. Die Zwillingsschwester.«
Ubbo Heide zuckte zusammen. »Sie ist ein Zwilling?«
»Ja, das steht nicht im Personalausweis, Ubbo. Ihre Schwester heißt auch anders, weil sie inzwischen geheiratet hat. Aber sie befindet sich genau hier.« Ann Kathrin tippte mit dem Finger auf die Schnittmenge beider Kreise.
»Seltsam«, sagte Ubbo Heide, »zwei Zwillingsschwestern. Beide studieren Medizin. Die eine wird Kinderärztin, und die andere wendet sich den Toten zu und geht in die Pathologie … Hört sich nach einer sehr explosiven Mischung an.«
»Was ist jetzt mit dem Sondereinsatzkommando? Nehmen wir die Bande hopp?«
Ubbo Heide verzog den Mund. »Bitte, Ann. Mach es mir nicht so schwer.«
»Du hast gesagt …«
»Ja, verdammt. Ich habe es gesagt. Und ich glaube, dass wir hier ein riesiges Stück vorwärts gekommen sind. Aber du solltest nicht alles auf die Goldwaage legen, was ich sage. Ich bin fertig, Ann. Ich kann nicht mehr. Meine Magenwände sind dünn wie Papier.« Er hob die Fleischwurst hoch und ließ sie auf den Schreibtisch klatschen. »Ich vertrage das alles nicht mehr. Ich brauche regelmäßiges Essen und …«
Er sprach nicht weiter, sondern zog die Schreibtischschublade auf, nahm einen Marzipanseehund heraus und verspeiste ihn mit drei Bissen.
Das war Ann Kathrin Klaasen noch nie im Leben passiert. Zunächst glaubte sie an einen dummen Scherz, dann an einen Irrtum, und schließlich musste sie erkennen, dass es schnöde Wirklichkeit war.
Sie wollte Ollenhauer dem Haftrichter vorführen, doch der Beschuldigte war bereits auf freiem Fuß und frühstückte mit seiner Anwältin, Frau Dr. Schmidt-Liechner, im Schlosscafé in Jever.
Ann Kathrin begab sich augenblicklich wieder in Ubbo Heides Büro. Er sah ihr an, wie geladen sie war, hob abwehrend beide Hände, und bevor sie auch nur eine Frage stellte, erklärte er: »Das wurde gestern Abend noch entschieden, Ann. Diese Anwältin hat einen Eilantrag gestellt …«
Er klang wie ein Magenkranker, kurz bevor sein Geschwür platzt und die Magenwand durchbricht.
»Die Freiheit eines Menschen ist ein hohes Gut, Ann Kathrin. Darin darf nach unserem Grundgesetz nur unter bestimmten Voraussetzungen eingegriffen werden. Freiheitsentzug über einen Tag hinaus musste durch den Richter angeordnet werden, sonst …«
»Er steht unter Mordverdacht!«, brüllte Ann Kathrin. »Wenn das kein Haftgrund ist!«
»Ja, ja, aber es besteht keine Wiederholungsgefahr und auch keine Flucht- oder Verdunklungsgefahr.«
»Komm mir nicht so, Ubbo. Das ist doch lächerlich!«
»Der Richter hatte irgendeine wichtige Familienangelegenheit, deshalb wurde der Termin vorgezogen …«
»Ja, aber heißt das, Ollenhauer ist jetzt frei, weil die Mutter des Richters heute Geburtstag hat oder was?«
Sie hatte das Gefühl, Ubbos Kopfschmerzen zu hören. Da war ein Dröhnen in seinem Kopf. Er massierte sich mit den Fingern die Schläfen, als hätte er Angst, bald könnten Risse in seinem Schädel entstehen und Luft würde entweichen.
»Nein, ich glaube, es ist kein Geburtstag, sondern eine Beerdigung.«
Sie atmete wie bei einem Dauerlauf am Deich und schimpfte: »Aber das ist doch auch alles völlig egal. Jedenfalls wusste ich nichts davon. Warum hat mich niemand informiert? Ich war gerade noch hier bei dir im Büro, und du hast mir nichts gesagt!«
Er guckte ratlos.
»Hier war die Hölle los. Das hast du doch mitbekommen. Nein, hier ist die Hölle los«, korrigierte er sich selbst, »und dieser Schwindelhausen raubt mir den letzten Nerv. Der ist so was von unentspannt …«
Ann Kathrin suchte im Speicher ihres Handys die Telefondurchwahl zum Gericht. Sie wollte sich mit dem Haftrichter verbinden lassen, aber Ubbo Heide legte eine Hand auf ihren Arm.
»Der entkommt uns nicht, Ann. Der läuft nicht weg. Der fühlt sich viel zu sicher. Wir tun jetzt hier ganz ruhig unsere Arbeit … Am Ende siegen doch meist die Wahrheit und die Gerechtigkeit.«
»Ja, Ubbo. Kann sein. Am Ende. Vielleicht. Aber ich fürchte, wir sind hier noch ganz am Anfang …«
Als Gundula Müller in die Augen von Thomas Schacht sah, wusste sie, dass ihr Exmann tot war.
Schacht war frisch geduscht. Er roch nach
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