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Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)

Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)

Titel: Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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zeigte auf die beiden. »Schau nur, wie sie da sitzen. Die sehen sich nicht zum ersten Mal. Ich wette ein Monatsgehalt darauf, dass sie gemeinsame Sache gemacht haben, um ihre Eltern zu erleichtern.«
    »Kann sein«, sagte Püppi mit einer Mischung aus Unterwürfigkeit und Überheblichkeit. »Aber wo sind die Babys?«

    Gundula Müller wusste nicht, wohin mit ihren Händen. Sie saß neben Frank Weller, und das schlechte Gewissen nagte an ihr wie eine Ratte an faulem Fleisch. Die Katastrophen der letzten Tage hatte sie emotional noch lange nicht verarbeitet, und schon sah sie die nächsten Horrorstunden auf sich zu kommen.
    Wie sollte das alles weitergehen?
    Sie kämpfte gegen den Impuls an, Frank Weller alles zu erzählen. Für einen Moment war der Gedanke, sich einfach auszusprechen, sehr verlockend für sie. Weller wirkte wie ein Frauenversteher, dem man sein Herz ausschütten konnte. Etwas an seiner Art stimmte sie weich, ja milde. So einen Mann hatte sie sich im Grunde immer gewünscht, doch nie bekommen. Einen grundanständigen Kerl.
    Aber vielleicht war das auch alles nur ein Trick. Lernten die so etwas auf der Polizeischule? Im Grunde stand doch längst fest, dass die Leiche aus dem Watt ihr Exmann Wolfgang war.
    Brachte er sie nur in die Pathologie, damit sie dort einen Zusammenbruch erlebte und dann alles erzählte, was sie wusste? Waren solche Tricks eigentlich erlaubt? Ging es hier überhaupt nicht um eine Identifizierung?
    Erst jetzt merkte sie, dass sie die Pobacken die ganze Zeit zusammenkniff. Langsam begann ihre Muskulatur zu verkrampfen. Ein Zittern durchlief ihre Beine.
    Sie legte die Hände auf die Knie und versuchte, sie still zu halten. Dann fragte sie mit brüchiger Stimme, aber doch merkwürdig frech, ja vorwurfsvoll: »Warum muss ich ihn identifizieren? Warum tut das nicht seine Freundin, diese …«
    »Wir haben Angela Riemann noch nicht gefunden.«
    »Was heißt das, noch nicht gefunden?«
    »Nun, wir wissen nicht, wo sie ist«, erläuterte Weller seinen Satz, der ja eigentlich nicht schwer zu verstehen war. Doch dann kapierte er und schüttelte den Kopf: »Oh nein, Sie meinen, dass sie vielleicht auch …«
    Weller sprach nicht weiter, sondern stellte sich gerade vor, dass die Leiche von Angela Riemann noch in der Nordsee schwamm.
    »Wir haben keine Anzeichen dafür, dass ihr etwas passiert ist«, sagte er. »Außer, dass sie eben nicht da ist.«
    Gundula Müller lachte gekünstelt.
    Er weiß genau, dass ich weiß, dass mein Ex dort im Leichenschauhaus liegt, dachte sie. Er will, dass ich Thomas verrate.
    Plötzlich begann sie laut zu schluchzen. Weller lenkte nur noch mit einer Hand und versuchte, die andere auf ihre Schulter zu legen, um sie zu trösten, doch sie stieß ihn zurück und verkroch sich dann fast zwischen Beifahrersitz und Tür. Der Sicherheitsgurt spannte.
    »Ich verliere alles«, schrie sie, »alles! Was wollen Sie noch von mir? Meine Babys sind gekidnappt worden, meine pubertierende Tochter hasst mich im Grunde, mein Ex wurde getötet, und Sie würden jetzt am liebsten meinen Ehemann verhaften, um mir den letzten Halt zu nehmen!«
    »Noch wissen wir gar nicht«, sagte Weller, »ob es sich bei dem Toten wirklich um Ihren Exmann handelt. Und wie kommen Sie darauf, dass Thomas Schacht etwas damit zu tun haben könnte? Verdächtigen Sie ihn?«
    Sie haderte mit Gott, mit sich und der Welt so sehr, dass sie jetzt nur noch brüllte.
    »Was habe ich verbrochen? Was?«, kreischte sie, »dass ich so hart bestraft werde? Alle um mich herum spielen Bullerbü, und ich befinde mich in einem Horrorfilm!«
    Weller fürchtete, die Frau könnte ihm ins Lenkrad greifen. Er steuerte den Wagen mit links und hielt den rechten Arm hoch, um sie abzuwehren und notfalls auf ihren Sitz zurückzudrücken, falls sie das versuchen würde.
    »Beruhigen Sie sich«, forderte er sie auf. »Beruhigen Sie sich.«
    Er sah zu ihr rüber. Sie fauchte. Ihre Augäpfel quollen hervor wie bei einem Morbus Basedow. Ihr Fauchen ging in eine Schnappatmung über.
    Weller fuhr rechts ran. Hinter ihm hupten Studenten in einem roten Bulli und zeigten ihm den ausgestreckten Mittelfinger.
    »Warum halten Sie an? Fahren Sie weiter. Sie sollen weiterfahren, verdammt! Fassen Sie mich nicht an!«
    »Ich fasse Sie nicht an.« Weller zeigte ihr seine erhobenen, offenen Handflächen. »Ich will nur, dass Sie sich beruhigen.«
    »Warum fahren Sie nicht weiter? Warum stehen wir jetzt hier?«
    Er versuchte es auf die witzige Tour.

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